Krefeld. . Wie die Krefelder Pinguine auch nach der 2:3-Niederlage im ersten Playoff-Halbfinale gegen Berlin versuchen, dem Favoriten ein Bein zu stellen. Das nächste Spiel steigt am Freitag in Berlin. „Wir brauchen jetzt einen Sieg“, sagt Trainer Rick Adduono.

Am Ende des Abends dringt der Lärm der 8029 Zuschauer aus dem ausverkauften Krefelder Eisstadion nur noch gedämpft in die Katakomben. Im Neonlicht umarmen sich zwei Männer, die sich Krawatten umgebunden haben. Rick Adduono, der Krefelder Coach, trägt eine mit gelb-schwarzen Streifen, der Schlips von Trainer Don Jackson ist blau, rot und weiß. Die Vereinsfarben der Eisbären Berlin. Jackson lächelt: Seine Eisbären haben das erste Playoff-Halbfinale der Best-of-Five-Serie gerade 3:2 gewonnen.

Vorteil Eisbären vor dem nächsten Spiel am Freitag in Berlin.

Die Eisbären haben auf dem Papier viele Vorteile. Der Klub, der aus dem früheren DDR-Meister EHC Dynamo hervorging, verfügt mit 7,4 Millionen Euro über den höchsten Saisonetat der Liga. Und er hat sich modernisiert und zählt zur milliardenschweren Anschutz-Entertainment-Group aus den USA. Dem Unternehmen gehört mit den Hamburg Freezers ein zweiter deutscher Eishockey-Klub, mit Galaxy Los Angeles ein US-Fußballteam und vieles mehr.

Kurz gesagt: Die Krefelder Pinguine spielen finanziell in einer anderen Liga. Der Klub hat mit 4,0 Millionen Euro den drittkleinsten Etat der 14 Teams, aber er macht aus dem Nachteil einen Vorteil: Die Pinguine sind eine Familie.

Krefeld-Fans wittern den großen Coup

Zum Beispiel Christian Ehrhoff. Im Winter hatte der Star aus der nordamerikanischen Profiliga NHL nicht gezögert und sprang für ein paar Wochen bei seinem Heimatklub ein. Ehrhoff ist längst wieder zurück in der US-Glitzerwelt, seine Eltern sitzen trotzdem weiter bei den Pinguinen auf der Tribüne.

Zum Beispiel Herbert Vasilijevs. Im Jahr 2005 kam der Lette in Krefeld an, seitdem spielt er bei den Pinguinen Rechtsaußen und ist mittlerweile Kapitän des Teams. Die 1:0-Führung gegen Berlin schießt er an diesem Abend in der vierten Spielminute selbst.

Die Fans wittern den großen Coup. 2003 hatten die Pinguine den Favoriten Köln im Finale besiegt und damit zuletzt den Titel gewonnen. Im Foyer der Halle gibt es daher den Playoff-Puck zu kaufen. Er kostet sieben Euro und trägt die Aufschrift: „Zehn Jahre danach!“

Die Bilder von der früheren Zeit flimmern über den Videowürfel unter dem Hallendach. Man sieht Robert Müller, den Torwart, der mit 29 Jahren an Krebs gestorben ist. Oder Günter Kaczmarek, einen der alten Helden der Bundesliga, der einmal ein Spiel mit der wunderbaren Begründung absagte: „Ich habe einen grippalen Defekt.“

Doch das Schwelgen in Nostalgie nutzt auf dem Eis wenig. Die Berliner liegen zurück und machen im Mitteldrittel ernst. Im Viertelfinale haben sie zuletzt ihre Anschutz-Kollegen aus Hamburg rausgeworfen. Die dortige Klub-Führung reagierte und feuerte sofort nach dem Aus sieben Spieler.

Rauswürfe und Geschäftsgebaren

Obwohl die Eisbären in Krefeld am Anfang lustlos wirken, haben sie auf ein ähnliches Geschäftsgebaren eines modernen Klubs offensichtlich keine Lust. Also ziehen sie das Tempo an. Verteidiger Constantin Braun, der mit seinem Playoff-Vollbart den Charme von Clint Eastwood im Revolverduell versprüht, geht kaum noch vom Eis und räumt in der Defensive im Stil einer Einmann-Zertrümmerungsmaschine alles ab. Vorne erledigen die Angreifer ihren Job, und in der 39. Spielminute steht es 3:1 für die Gäste. Die Vorentscheidung.

Krefeld kommt zwar durch Mitja Robar noch auf 2:3 heran, doch das war’s. Berlin spielt die Führung so trocken nach Hause, dass man vom Zusehen Durst bekommt.

Trainer Rick Adduono nimmt am Ende noch Torhüter Tomas Duba vom Eis und bringt einen sechsten Stürmer, vergeblich. Der Kanadier weiß, was Sache ist und sagt: „Wir brauchen jetzt am Freitag in Berlin einen Sieg.“ Kurze Pause. „Das ist offensichtlich.“ Stimmt.