Düsseldorf/Iserlohn. Eishockey ist auf Zuschauer-Einnahmen angewiesen, Vom Vorstoß des Fußballs in Sachen Fan-Rückkehr könnten Iserlohn Roosters und DEG profitieren.
Eishockey ist ein harter Sport und wer könnte es besser verstehen, in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren als die Profis der Deutschen Eishockey-Liga (DEL)? Aber gelassen kann momentan niemand mehr bleiben, auch nicht Stefan Adam, Geschäftsführer der Düsseldorfer EG: „Was wir unbedingt benötigen sind Ergebnisse, und das relativ schnell. Uns ist nicht damit geholfen, wenn wir Ende Oktober Antworten bekommen. Eine sportliche Saisonvorbereitung benötigt mindestens sechs bis acht Wochen“, sagt der Düsseldorf-Chef. Der 47-Jährige zieht einen Vergleich mit einem Restaurant: „Wir dürfen unter bestimmten Voraussetzungen ein Menü herstellen, aber das dann nicht an unsere Kunden verkaufen. Das ist die Situation, in der wir uns seit Monaten befinden.“
Knapp zur Hälfte gefüllt
Bund und Länder hatten Sportveranstaltungen vor Zuschauern bis November ausgeschlossen. Der Profifußball ist in der Debatte zur Fan-Rückkehr am Dienstag vorgeprescht und will, je nach Infektionsgeschehen, bereits im September vor Fans spielen. Von diesem neuen Schwung könnte nun auch die DEL profitieren, deren Saisonstart für den 13. November geplant ist. „Diese Dinge überraschen mich nicht. Wir sind mit unserem Spielplan immer noch im Zeitplan und werden uns die nächsten Wochen sehr genau anschauen, ob wir den Termin halten können“, sagt Wolfgang Brück, Chef der Iserlohn Roosters.
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Die Klubs sind auf Spiele vor Zuschauern angewiesen, Ticketverkäufe, Merchandising und Sponsoren-Gelder stellen den größten Teil der Einnahmen. Die TV-Gelder machen nur einen geringen Anteil aus. Spiele ohne Zuschauer sind keine Alternative. „Nach den heutigen Voraussetzungen sind Geisterspiele für über 90 Prozent der Klubs nicht darstellbar. Es gibt nun mal Spielbetriebskosten, die nicht weiter gesenkt werden können“, sagt Adam.
Die Arbeiten für Hygiene-Konzepte laufen auf Hochtouren. Die Düsseldorfer EG hat ihres bereits fertiggestellt: Im ISS Dome könnten etwa 6000 Zuschauer Platz nehmen. Normalerweise passen mehr als 13.000 Zuschauer hinein. Die Iserlohn Roosters sind gerade bei der Erstellung eines Hygienekonzepts für die Eissporthalle (rund 5000 Zuschauer).
Die Kölner Haie sind von der Umsetzbarkeit in Corona-Zeiten überzeugt: Es werde oft vom Schreckgespenst Großveranstaltungen gesprochen, sagte KEC-Geschäftsführer Philipp Walter jüngst in der Sportschau. „Es ist genau das Gegenteil von einer privaten Party oder einem Bierzeltszenario.“ Die Durchlüftung in der 18.000-Fans fassenden Lanxess-Arena sei optimal, die Nachverfolgung gewährleistet. „Wir erwarten, dass genau hingeschaut wird, wie so etwas funktionieren kann.“
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Die Verantwortlichen fordern die Politik zum Handeln auf. Adam sieht nicht nur die DEL bedroht: „Für mich greifen die aktuellen Diskussionen viel zu kurz. Es geht doch nicht darum, dass hochverdienende Sportler wieder spielen können. Es geht um Arbeitsplätze, um einen riesigen Apparat im gesamten Sport, der in seiner Existenz bedroht ist. Ohne Erlöse aus dem Profisport ist auch die Nachwuchsarbeit und der Breitensport vielerorts gefährdet. Das muss jedem klar werden.“
Konjunkturpaket bringt Vereine nicht weiter
Die Bundesregierung hat für notleidende Vereine Hilfsgelder aus dem Konjunkturpaket vorgesehen. 800.000 Euro kann ein Klub seit Dienstag abrufen. Die Summe werde jedoch nur mittelfristig helfen, sagt Adam: „Sollten die Hilfen für 2020 fließen, könnte uns das helfen Lücken zu schließen – vorausgesetzt, wir können wieder mit zumindest reduzierter Zuschauerzahl spielen. Denn ohne Spielbetrieb mit Zuschauern würde die Größenordnung der Gelder allenfalls dabei helfen, die nächsten Monate zu überleben, aber die grundsätzlichen Probleme würden dadurch nicht gelöst.“
Ein Ausweg könnte die Verlängerung der Kurzarbeit bedeuten. Sobald die Spieler und Trainer wieder ihre Arbeit aufnehmen, entfällt die staatliche Hilfe. Die Vereine müssen die Gehälter wieder bezahlen. Dafür brauchen sie die Einnahmen aus den Spieltagen. Sollte es keine Zuschauer geben, könnte das Kurzarbeiter-Geld helfen, die Ausfälle zu kompensieren, sagt Adam. „Allerdings müssten dafür die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Spieler und Staff trotz Kurzarbeit trainieren und spielen können.“
Brück ist zuversichtlich
Und wenn nicht? Wenn am Ende gar nicht angepfiffen werden kann? In Iserlohn gibt man sich kämpferisch: „Für den Fall, dass wir gar nicht spielen können, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir als Iserlohn Roosters auch diese Zeit überstehen. Das wäre natürlich absolut unschön, aber wir würden es überstehen. Die Frage ist, wie viele Vereine es quer durch viele Profiligen nicht überstehen werden“, sagt Roosters-Chef Brück. Die Zeit drängt. Nicht nur im Eishockey.