Essen.. Der legendäre Torhüter aus den glorreichen 70er-Jahren schwelgt als Gast der „Gläsernen Redaktion“ der WAZ-Mediengruppe beim IdeenPark in der Messe Essen auch in Erinnerungen. Und noch immer ist er für jeden Spaß zu haben.
Ausgerechnet an diesem Dienstagabend hat er keine Zeit für seinen Verein. Markus Lanz hat ihn in seine ZDF-Talkshow eingeladen, deshalb kann Wolfgang Kleff den Mönchengladbacher Borussen nur aus der Ferne die Daumen drücken – für eine Aufgabe von höchstem sportlichen und wirtschaftlichen Wert: Der Bundesligavierte trifft in der Qualifikation für die Champions League auf das ukrainische Schwergewicht Dynamo Kiew und will sich bereits im Hinspiel im eigenen Stadion vorentscheidend positionieren (20.45 Uhr/ZDF, Sky und im DerWesten-Ticker).
„Wir sollten uns nicht vorher schon zu klein machen“, meint Wolfgang Kleff am Montagnachmittag als Gast der „Gläsernen Redaktion“ der WAZ-Mediengruppe beim „Ideenpark“ in der Essener Messe. Er sagt selbstverständlich „wir“, Gladbach ist für ihn, den legendären Borussen-Torhüter aus den glorreichen Siebzigern, eine Herzensangelegenheit geblieben. Es freut den 65-Jährigen riesig, dass das Team nach vielen entbehrungsreichen Jahren wieder vor der Eingangstür zur Beletage des europäischen Fußballs steht. „Ich hoffe sehr, dass die Jungs weiterkommen“, sagt er. „Man spielt doch lieber gegen Real Madrid als gegen den FC Pusemuckel.“
Spiel seines Lebens
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Früher, als Wolfgang Kleff noch flog, fing und faustete, war Gladbach selbst eine internationale Größe, die Europapokalkämpfe von damals lieferten Stoff für Sportgeschichtsbücher. 1971 das annullierte 7:1 gegen Inter Mailand, als Roberto Boninsegna sich heraustragen ließ, weil ihn eine Coladose getroffen hatte; 1975 das berauschende 5:1 gegen Enschede im Uefa-Pokal-Finale; 1976 der K.o. bei Real Madrid, nachdem ein niederländischer Schiedsrichter den Gladbachern zwei einwandfreie Treffer aberkannt hatte. Und dann war da noch das Spiel, mit dem sich der junge Wolfgang Kleff in Europa einen Namen machte: Das Achtelfinal-Rückspiel im Landesmeister-Cup 1970 beim FC Everton war das Spiel seines Lebens („Ja, in aller Bescheidenheit, so kann man es sagen“).
Wolfgang Kleff brachte den englischen Mittelstürmer Joe Royle mit ungezählten Paraden zur Verzweiflung („Der ist heute noch verzweifelt, der bekommt Komplexe, wenn er meinen Namen hört“), sogar der Schiedsrichter nahm kurz die Pfeife aus der Hand und applaudierte. Am Ende verlor Gladbach das Elfmeterschießen, obwohl sich Kleff auch dabei noch den Schuss von Royle geschnappt hatte. „Ich war trotzdem stolz“, gibt er heute zu. „Ich wusste, dass ich etwas vollbracht hatte, was sich kaum wiederholen lassen würde.“
Sepp Maier war der Platzhirsch
Natürlich wurde er auch zum Nationaltorwart befördert. Doch in der Auswahl stand Wolfgang Kleff ein Platzhirsch vor der Nase: Europameister ‘72 und Weltmeister ‘74 wurde der Bayer Sepp Maier, der Gladbacher kam trotz fünf deutscher Meistertitel nur auf sechs Länderspiele. Damals nahm er es sportlich, heute nimmt er es mit Humor: „Es waren insgesamt 200 Länderspiele. Sechs im Tor, 34 auf der Bank, 160 vor dem Fernseher.“
Typisch „Otto“ Kleff, das Waalkes-Double geht augenzwinkernd durchs Leben. Und dankbar, weil er sich wieder gut fühlt, er hat einen Schlaganfall und massive Herzprobleme überstanden. Seine Torwartkarriere aber wird er wohl nicht mehr fortsetzen – bei einem wie ihm weiß man allerdings nie: Mit 39 machte er, damals für den VfL Bochum, sein letztes von 433 Bundesligaspielen, mit 61 ließ er sich noch einmal dazu überreden, dem FC Rheinbach in der Landesliga auszuhelfen. Nach einer halben Stunde musste er verletzt raus. „Aber ich habe als einziger aus meiner Mannschaft zu null gespielt“, betont er lachend. Ohne ihn verlor Rheinbach noch mit 1:4.