Dortmund. Ramy Bensebaini hat sein erstes BVB-Tor erzielt. Trainer Nuri Sahin schwärmt von dem Linksverteidiger - doch er ist auch auf ihn angewiesen.
An diesem Montag hebt das Flugzeug ab, das die Mannschaft von Borussia Dortmund in die Hauptstadt Spaniens bringen soll. Einen Tag später (21 Uhr/Amazon Prime) trifft der BVB in der Königsklasse auf Real Madrid, den Klub, gegen den die Schwarz-Gelben in diesem Jahr das Champions-League-Finale verloren haben, obwohl sie beim 0:2 lange die bessere Elf waren.
Weit weg fühlt sich dieses glamouröse Endspiel an, weil der Alltag in Dortmund wieder voller Probleme steckt. Am Freitag mühte sich die Auswahl von Trainer Nuri Sahin zu einem 2:1-Erfolg über den kleinen FC St. Pauli. Die Borussen hatten das Spiel dominiert, sie hatten Chancen, aber sie waren auch in mehrere Verlegenheiten getapst gegen einen Gegner, der mit Real Madrid so viel gemeinsam hat wie ein Geräteschuppen mit dem Schloss Neuschwanstein.
Bei den Königlichen erwartet den BVB natürlich eine ganz andere Qualität, dort wird Superstar Kylian Mbappé auf die Defensive zu rasen. Oder Vinicius Junior. Und deswegen kann Sahin angesichts der angespannteren Personallage froh sein, dass gerade einer seiner Spieler, den viele schon als Flop bezeichnet haben, dabei ist, sich Schritt für Schritt zu steigern: Ramy Bensebaini.
BVB-Linksverteidiger Ramy Bensebaini: „Ich könnte mich daran gewöhnen“
„Ich könnte mich daran gewöhnen“, hat der Algerier bei Instagram geschrieben und dazu ein Foto veröffentlicht, das ihn zeigt, wie er mit aufgerissenem Mund, die Hände zu Fäusten geballt, über den Rasen rennt. Kurz bevor dieses Bild aufgenommen wurde, hatte der Linksverteidiger seinen ersten BVB-Treffer erzielt durch einen bemerkenswerten Kopfball aus knapp elf Metern Entfernung zur Torlinie. Diese artistische Kopfball-Einlage in der 43. Minute führte zur Führung, die lange hielt. Ehe Eric Smith mit Wucht ausglich (78.) und Serhou Guirassy mit dem Kopf den alten Abstand wieder herstellte (83.).
„Du musst das zweite Tor machen, dann ist das Ding durch“, erklärte Nuri Sahin. „Wir wurden brutal bestraft mit einem Wahnsinnstor. Aber es war gut, dass wir danach zurückgekommen sind.“ Durch die drei Punkte halten die Dortmunder den Anschluss an die Bundesliga-Spitze.
Auch weil Bensebaini, 29, noch mehr vorzuweisen hatte als sein Tor. Etwa eine Riesen-Grätsche in der ersten Hälfte, durch die der enteilte Oladapo Afolayan aufgehalten wurde. Und mehrere geschickte Pässe von der linken Seite ins Zentrum, so entstand die erste Großchance durch Guirassy.
Nuri Sahin über Ramy Bensebaini: „Ich finde den Spieler sehr spannend“
„Das Tor hat ihm sehr gutgetan“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl über den Torschützen, „er hat ein paar sehr gute Flanken dabeigehabt, war sehr engagiert“. Trainer Nuri Sahin erzählte, dass er von Bensebaini bereits ein Riesenfan gewesen sei, als er noch gegen ihn gespielt habe. „Ich finde den Spieler sehr spannend. Er ist ein vernünftiger Junge, der unbedingt will. Bei der Nationalelf macht er das seit Jahren richtig gut. Nun geht es darum, ihn auf die Bahn zu bringen und Konstanz in sein Spiel reinzubekommen.“
Was Sahin aber auch anmerkte, war, dass er gar nicht so viele Außenverteidiger habe. Neuzugang Yan Couto, 22, fehlt aufgrund einer Muskelverletzung. Bleiben Julian Ryerson, 26, und eben Bensebaini. In Zukunft soll auch das 18-jährige Talent Almugera Kabar helfen können, wie weit der Linksverteidiger aber schon ist, lässt sich schwer abschätzen.
Im vergangenen Sommer hatte die Dortmunder Führungsriege um Sport-Geschäftsführer Lars Ricken deswegen darüber debattiert, einen weiteren Außenverteidiger zu verpflichten, entschied sich aber letztlich dafür, mit dieser Konstellation in die Saison zu starten. Ein Risiko, da der Klub dadurch darauf setzte, dass sich Bensebaini im Vergleich so seiner verkorksten Vorsaison steigern kann.
Ramy Bensebaini beim BVB - endlich angekommen?
2023 war der algerische Nationalspieler ablösefrei von Borussia Mönchengladbach zur anderen Borussia gewechselt. In der Hinrunde fiel Bensebaini vor allem durch Missgeschicke auf, in der Rückrunde setzte ihn eine Innenbandverletzung lange außer Gefecht. Diese Spielzeit ist deswegen für ihn eine Art Neustart.
Er scheint angekommen zu sein in dieser prall gefüllten Saisonphase, in der der BVB am Montagvormittag noch einmal in Dortmund trainiert, dann geht es bereits weiter nach Madrid. Im Klub wird davon ausgegangen, dass der kranke Niklas Süle und der angeschlagene Pascal Groß mitfliegen können. Ramy Bensebaini ist ohnehin eingeplant. Schon für Algerien hatte er beim 1:0-Sieg über Togo getroffen. Gegen Pauli gelang ihm nun sein erstes schwarz-gelbes Tor. Daran könnte sich auch der BVB gewöhnen.