Dortmund. Jürgen Klopp vertritt ab sofort die Interessen Red Bulls. Das fühlt sich falsch an. Nicht nur für Fans vom BVB. Ein Kommentar.
Jürgen Klopp bei Red Bull. Das ist wie Kevin Großkreutz in der Schalker Nordkurve. Herbert Grönemeyer, der eine musikalische Liebeserklärung an Düsseldorf abgibt. Hennes, der Was-weiß-ich-wie-vielte, als Maskottchen von Borussia Mönchengladbach. Klingt komisch, fühlt sich falsch an, und ist erst vorstellbar, wenn es wirklich eintritt.
Aber, im Profifußball ist vieles möglich, so auch, dass in Person von Jürgen Klopp und dem Getränkehersteller aus Österreich zwei Pole verschmelzen, die gerade noch so weit auseinander liegen. Auf der einen Seite ist da der Lieblingstrainer aller Deutschen, der im Fernsehen Fußball so lockerleicht erklärt und für die Traditionsvereine Mainz 05, Borussia Dortmund und den FC Liverpool gearbeitet hat. Der immer das Gegengewicht gebildet hat: als Mainzer Emporkömmling gegen alle, als Dortmunder gegen das Schwergewicht aus München, als Liverpooler gegen die Scheich-Millionen von Manchester City. An Klopp konnte man immer schöne David-gegen-Goliath-Geschichten erzählen, und der 57-Jährige hat sich so freilich eine Marke errichtet. Gibt es auch noch Werbespots ohne Jürgen Klopp?
Kurze Auszeit: Halbes Jahr nach Liverpool-Aus geht es für Klopp bei Red Bull weiter
Eigentlich wollte Klopp ja eine Pause einlegen, aber ein halbes Jahr nach seinem Ende in Liverpool wird Klopp als Fußballchef für Red Bull arbeiten, für den Konzern, dessen Ableger in Leipzig die 50+1-Regelung ad absurdum geführt hat und nur dazu da ist, ein Getränk zu vermarkten. Das Geflecht des österreichischen Brauseklubs, das von Europa bis Brasilien reicht, ist für viele der Inbegriff der Kommerzialisierung.
Vor ein paar Wochen noch, da genoss Klopp bei einem Abschiedsspiel für Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski die Sympathien, nein: vielleicht sogar die Liebe der Dortmunder Fans. Diese sehen Red Bull besonders kritisch. Sie dürfen zu Recht sauer sein, dass der Meistertrainer von 2011 und 2012, den sie als einen von ihnen ansahen und andersherum, ihre Werte verraten hat. Klopp wird zu diesem Zeitpunkt bereits von seinem neuen Job gewusst haben, im Nachhinein ist das ein Schlag ins Gesicht für alle Schwarz-Gelben.
Erst Max Eberl, nun Jürgen Klopp
Für Red Bull ist Klopps Verpflichtung ein Coup, und dabei geht es nicht mal um dessen gigantische sportliche Expertise. Schon mit der Verpflichtung von Max Eberl hat man versucht, dem Projekt ein anderes, sympathischeres Gesicht zu verleihen. Das ging schief. Mit Klopp sind die Chancen zumindest ein bisschen größer, wenngleich auch der gegenteilige Effekt eintreten könnte: Denn Jürgen Klopp hat sich nicht nur entzaubert, sondern steht nun auch für alles, was im Fußball falsch läuft.