Dortmund. BVB-Präsident Reinhard Rauball sagt im Gespräch: “Der Fußball hat Schaden genommen.“ Allerdings wehrt er sich gegen unsachliche Kritik.

Wer mit BVB-Präsident Reinhard Rauball spricht, landet schnell auch bei den übergeordneten Themen des Fußball. So nimmt der 74-Jährige etwa Bayern Münchens Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz-Rummenigge in Schutz, der zuletzt eine Debatte darüber entfacht hatte, ob Fußballer eher gegen Corona geimpft werden sollten.

Rauball mischt schon viele, viele Jahr im Profi-Geschehen mit, außerdem war von 2007 bis 2019 Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL).

Wie erleben Sie den Profi-Fußball derzeit?

Reinhard Rauball: Der Fußball hat Schaden genommen in der jüngeren Vergangenheit. Teils berechtigt, teils unberechtigt. Fußball ist Kulturgut. Die Idee, den Sport mit den Gefühlen der Menschen in Einklang zu bringen, das ist etwas untergegangen.

Warum?

Reinhard Rauball: Die Gehaltsschraube und die fast ins Unendliche reichende Ablösethematik haben wir nicht in den Griff bekommen. Das sage ich als jemand, der das als Ligapräsident selbst nicht geschafft hat.

Plädieren Sie für eine Gehaltsobergrenze?

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Reinhard Rauball: Es ist nicht immer alles so einfach, wie man sich das vorstellt. Wenn ein Profi gegen eine eingeführte Gehaltsobergrenze vor dem Europäischen Gerichtshof klagen würde, würde er vermutlich Recht bekommen. Und es würde immer die Möglichkeit geben, einen Salary Cap zu umgehen. Etwa durch private Sponsorenverträge der Spieler. Ich bin sicher, dass dann jeder Spieler mehrere Verträge hätte… Wenn ich allerdings sehe, wie sich einzelne Spieler – nicht die Mehrheit – mit ihrem Reichtum aufgeführt haben, dann müssen wir im Fußball vor der eigenen Haustür kehren. Auf der anderen Seite: Teilweise werden auch Dinge auf den Fußball abgeladen, die ungerecht sind.

Was meinen Sie konkret?

Reinhard Rauball: Ich möchte etwa im Rahmen der Impf-Debatte rund um Bayern Münchens Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz-Rummenigge zur Versachlichung beitragen. Er hat einen grundsätzlich nicht schlechten Gedanken ausgesprochen. Nämlich den, dass ein einzelner Fußballspieler als Galionsfigur irgendwann ein Vorbild sein könnte für Menschen, die nach wie vor große Sorge davor haben, sich impfen zu lassen. Er hat kein Privileg für seine Mannschaft eingefordert. Der Fußball will und wird niemandem den Impfstoff wegnehmen. Zumal es jetzt erstmal darauf ankommt, dass genügend Impfstoff vorhanden ist.

Sollen Fußballer denn eher geimpft werden?

Reinhard Rauball: Nein. Und nochmals nein! Es sollten stets die geimpft werden, die es am nötigsten haben. Und bevor Sie weiter fragen: Ja, ich werde mich impfen lassen, wenn ich an der Reihe bin.

Viele kritisieren auch die Auslandreisen bei der Champions League.

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Reinhard Rauball: Natürlich ist das schwer zu erklären. Wir leben derzeit alle in einer Ausnahmesituation, dürfen selbst keinen Fußball spielen - und müssen unsere Auslandsurlaube absagen. Und die Profis dürfen überall auf der Welt spielen? Das leuchtet vielen nicht ein. Klar ist aber auch: Hier geht es um Berufsausübung, in einer weitgehend durch umfassende Konzepte abgesicherten Welt. Das ist etwas anderes. Im Übrigen sind auch anderen Sportarten - von Tennis bis Ski - derzeit international unterwegs.  Unsere Mannschaft befindet sich seit März 2020 in einer Blase, inmitten einer Dauertestung. Wenn wir reisen, machen wir das mit eigenen Medizinern, einem eigenen Koch, eigenem Sicherheitspersonal, Flugzeug und Fahrzeuge stehen ausschließlich uns zur Verfügung. Wir treffen nicht auf andere Hotelgäste, selbst die Hotelangestellten betreten die Gruppenräumlichkeiten erst dann, wenn die Spieler sie verlassen haben. Garantien gibt es nie. Aber hier wird schon sehr, sehr genau hingeschaut.

Nun ja, es lassen sich schon Infektionen mit Auslandsreisen in Verbindung bringen.

Reinhard Rauball: Da sollte man aber nicht spekulieren, sondern bei den Fakten bleiben. Unsere Spieler werden regelmäßig getestet, auch vor und nach Auslandsreisen. Und ich habe Ihnen ja dargelegt, wie wir reisen. Das ist sicher nicht auf eine normale Reisetätigkeit, wie sie die Menschen privat von sich kennen, übertragbar.

Wie sollen bei all den Debatten Profi-Fußball und die Fans wieder zueinanderfinden?

Reinhard Rauball: Es geht um ein ehrliches Miteinander auf allen Seiten. Das müssen wir erreichen. Im Fußball, aber auch in der gesamten Gesellschaft. Nichts ist wichtiger, als in dieser Zeit diejenigen zu stoppen, die spalten. Der Fußball schafft es immer noch, Menschen zusammenzubringen. Dieses Potenzial ist noch nicht verloren. Andere gesellschaftliche Gruppen wie Kirchen, Gewerkschaften oder Parteien haben in den vergangenen Jahren massiv an Anziehungskraft verloren. Unser Ansporn sollte es sein, dass der Fußball seinen Platz in der Mitte der Gesellschaft behält.

Lesen Sie hier, was BVB-Präsident Reinhard Rauball über das Derby am Samstag auf Schalke sagt.