Dortmund. Nach dem 1:4 gegen RB Leipzig ist die Enttäuschung beim BVB groß – einige Profis der Dortmunder aber überraschen mit ihrer Analyse.
Das Dortmunder Stadion hatte sich weitgehend geleert. Nur auf der Südtribüne zog ein einsamer Mann mit Laubbläser seine Runden und blies die vielen Papierschnipsel zusammen, die sich auf dieser größten Stehplatztribüne Europas angesammelt hatten. Die Überreste von dem, was eigentlich die Dekoration zu einer großen gemeinsamen Party in Schwarz-Gelb hätte sein sollen, nun aber nur noch die traurige Begleiterscheinung zu einem traurigen Tag für Borussia Dortmund war. Erstmals seit 763 Tagen, seit dem Beginn der Pandemie, hatte der BVB sein Stadion füllen dürfen. 81.3645 Zuschauer waren gekommen, jeder Platz war besetzt. Die Ultras, erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie dabei, brachten sich mit einem Fanmarsch durch die Stadt in Stimmung und feierten sich selbst und die Mannschaft mit lautstarken Liedern und Anfeuerungsrufen.
BVB-Fans pfeifen ihre Mannschaft nach 1:4 aus
Zum Dortmunder Unglück wurde dann aber auch noch ein Fußballspiel ausgetragen, gegen eine Mannschaft von RB Leipzig, die überhaupt nicht gewillt war, nur als Staffage für eine große Party zu dienen – im Gegenteil: 1:4 (0:2) verlor der BVB. Und die Fans, auf die man sich so sehr gefreut hatte, quittierten den Auftritt mit gellenden Pfiffen. „Ich verstehe den Unmut der Fans“, meinte Manuel Akanji später. „Sie haben uns so gut empfangen, schon beim Aufwärmen. Ich hatte Gänsehaut, viele andere auch.“
Und die Gänsehaut hätte sich wohl noch verstärkt, wenn Marco Reus die erste gute Chance zum 1:0 selbst genutzt hätte, statt einen Fehlpass in Erling Haalands Rücken zu spielen. So verpassten es die Dortmunder, sich für eine gute Anfangsphase zu belohnen, in der sie Ball und Gegner kontrollierten und durchaus zeigten, wo Marco Rose mit ihnen hinwill: Intensiv wie selten wurde der Gegner angelaufen, und zwar derart choreografiert, dass sich kaum Lücken ergaben.
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Aber der BVB der Saison 2021/22 ist kein stabiles Gebilde, das zeigte sich wieder einmal nach 20 Minuten. Emre Can brachte sich nicht zum ersten Mal im Spielaufbau selbst in die Bredouille. Dieses Mal aber verlor er den Ball an Konrad Laimer. Ein paar schnelle Pässe später tauchte der frei vor Gregor Kobel auf und überlupfte den BVB-Torhüter zum 1:0 für RB (21.). Es war, als hätte jemand in der Diskothek die Musik abgestellt und das Licht aufgedreht – die Feier war mit einem Schlag vorbei. Auf den Rängen und auch auf dem Platz.
Nun tat sich Dortmund schwer mit dem geordneten Spielaufbau, selten nur kam man noch in den gegnerischen Strafraum. Und hinten wackelte man weiter, provozierte durch den nächsten Fehlpass – diesmal durch Thorgan Hazard – den nächsten Konter der Gäste, an dessen Ende Laimer eine abgefälschte Flanke an der Strafraumgrenze direkt nahm. Abgefälscht durch Can flog der Ball ins Netz (30.). Schon zur Pause gab es die ersten Pfiffe.
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„Wir haben eigentlich eine gute erste Halbzeit gespielt“, bis auf die Gegentore, die wir ihnen geschenkt haben“, meinte Akanji später, was schon eine sehr geschönte Einschätzung war. Der BVB versuchte noch einmal eine Umstellung, statt mit Dreier- wurde nun mit Viererkette verteidigt. Oder auch nicht, denn schon wenig später gab es erneut große Lücken, durch die Leipzig nach vorne kombinieren konnte. Der überragende Laimer legte mit der Hacke zurück, Olmo schoss ein – 3:0 (58.). Da war das Spiel endgültig gelaufen, Donyell Malens Kopfballtor (84.) war nicht einmal Ergebniskorrektur – denn wenig später stellte Dani Olmo mit einem feinen Fernschuss den alten Abstand wieder her (86.).
BVB-Trainer Marco Rose hat die Rückendeckung des Vereins
„Das war sehr enttäuschend für uns alle“, haderte Trainer Marco Rose, dem man diese Enttäuschung auch ansah. Er weiß ja, dass die Kritik an seiner Person nun wieder zunehmen wird, auch wenn er weiterhin die Rückendeckung der Verantwortlichen hat. Einem einsamen „Rose raus“-Rufer widersprach Mats Hummels vor laufenden Kameras: „Wir wissen auch, dass es am Ende nicht gut war. Aber man muss nicht so tun, als wären wir 4:1 an die Wand gespielt worden“, sagte er. Nach dem 0:1 aber, das räumte er ein, sei man hektisch geworden.
Das muss nun aufgearbeitet werden in den kommenden Tagen, spätestens das nächste Heimspiel soll deutlich besser werden. Denn nach einer enttäuschenden Saison auch noch die Gunst der gerade erst zurückgekehrten Zuschauer zu verlieren – das kann sich der BVB nun wirklich nicht erlauben.