Dortmund. Trainer Marco Rose kehrt mit dem BVB nach Gladbach zurück. Ihm droht ein unfreundlicher Empfang – weil die Enttäuschung der Fans noch tief sitzt.

Als er noch Fußball spielte, war Marco Rose ein Abwehrspieler der rustikalen Sorte. Filigrane Feinheiten hatte er nur eingeschränkt im Programm. Erst kürzlich spottete Alexander Zickler, sein Assistent und WG-Mitbewohner, dass Rose auf den Videos der Mainzer Aufstiegsfeier eine bessere Figur als auf dem Rasen gemacht habe.

In diesen Tagen aber erweist sich Rose als veritabler Dribbelkünstler, zumindest im verbalen Bereich. Wieder und wieder umkurvt der Trainer von Borussia Dortmund mal mehr, mal weniger elegant die vielen Fragen zu Roses Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte, wenn an diesem Samstag (18.30 Uhr/Sky) der BVB bei Borussia Mönchengladbach antritt. „Ich konzentriere mich aufs Wesentliche, und das ist das Spiel“, sagt der 45-Jährige. „Und ich freue mich auf eine Menge Leute, die sich möglicherweise darauf freuen, mich zu sehen.“

Fanvertreter erwartet Pfeifkonzert

Aber ganz so einfach ist es natürlich nicht. Roses Rückkehr birgt eine Menge Brisanz, sie reißt am Niederrhein nämlich sehr viele noch sehr frische Wunden auf. Der Trainer, so sehen es viele Fans, habe stets betont, etwas Langfristiges aufbauen wollen – und sich dann beim erstbesten Angebot aus dem Staub gemacht. „Wir Fans haben gemerkt, dass wir von ihm hinters Licht geführt und von ihm verarscht wurden“, sagte Michael Weigand von der Gladbacher Fanvertretung Supporters Club der Sport-Bild. Er erwartet ein gellendes Pfeifkonzert und Schmährufe gegen Rose – zumal die Fans nun nach einer Rückrunde voller Geisterspiele erstmals die Gelegenheit haben, ihre Meinung im Stadion kundzutun.

„Am Ende muss man sagen, dass er die Identifikation, die er am Anfang gepredigt hat, nicht unbedingt in dem Maße gelebt hat“, sagte zuvor bereits Gladbachs Sportdirektor Max Eberl (48). Er „verstehe die Fans, die wahrscheinlich ihren Unmut zeigen wollen“.

Auch Max Eberl war enttäuscht

Eberl war ja selbst enttäuscht. Er hatte Dieter Hecking entlassen, nachdem dieser mit Gladbach Fünfter geworden war. Mit Rose wollte Gladbachs Sportchef etwas Neues, Langfristiges aufbauen – doch dann zog es den Trainer schon wieder weg. Eberl hielt trotzdem bis Saisonende an Rose fest, obwohl mit der Verkündung des Abschieds eine Negativserie einsetzte, die den Klub schließlich noch aus den Europapokalrängen rutschen ließ.

Dass Rose die Gladbacher zuvor in der Champions League ins Achtelfinale geführt hatte, was letztmals 1977 im Pokal der Landesmeister gelungen war, dass sein Schnitt von 1,68 Punkten nur von den Klub-Legenden Hennes Weisweiler und Udo Lattek überboten wurde – all das war vergessen. Die Fans forderten seine Entlassung, der Trainer musste viel Unschönes über sich lesen, teils ging es sogar unter die Gürtellinie. Und das schüttelte er nicht so ab, wie er heute tut. Der bis dahin so lockere Rose wirkte zunehmend gereizt und hat das auch in Dortmund bei kritischen Fragen noch nicht ganz wieder ablegen können.

Beim BVB hat Rose sein Glück schon gefunden

Auf Gladbacher Seite ist das Thema erst recht nicht abgeklungen. Und es vergrößert den Trennungsschmerz noch, dass der Ex mit der neuen Braut aus Westfalen offenbar sein Glück gefunden hat: In der Liga ist der BVB mit Platz drei im Soll, im DFB-Pokal und der Champions League gelangen überzeugende Siege. Und trotz defensiver Anfälligkeiten zeigt sich schon deutlich die Handschrift des Trainers, mit Pressing, mit rasantem Umschaltfußball und viel Offensivdrang – genau so will man es beim BVB sehen.

Dabei war die Konstellation in Dortmund „nicht ganz ohne“, wie Rose sagt. Als er nämlich mit der Gladbacher Borussia aufhörte zu gewinnen, fing BVB-Interimstrainer Edin Terzic (38) mit den Erfolgen an. Er führte die Schwarz-Gelben in die Champions League und zum DFB-Pokalsieg – musste dann aber den Trainerstuhl wieder räumen. Terzic arbeitet heute als Technischer Direktor beim BVB, ist bei der Kaderplanung der Profis involviert. „Edin hat das hervorragend bis hierhin mit mir gemeistert“, lobt Rose. „Das war nie ein Thema für uns – es hätte aber schnell eins werden können, wenn die Ergebnisse nicht gepasst hätten.“

Gladbachs Fehlstart unter Hütter

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Wie sich das anfühlt, wissen sie in Gladbach nur zu genau, dort hat nämlich der joviale Rose-Nachfolger Adi Hütter (51) den Trennungsschmerz noch nicht lindern können. 7,5 Millionen Euro Ablöse hat die Borussia vom Niederrhein als Ablöse an Eintracht Frankfurt überwiesen, was Hütter zum zweitteuersten Trainer der Bundesligageschichte macht. Außerdem hat Eberl ihm den teuersten Kader der Klubhistorie zusammengestellt. Das maue Resultat nach fünf Spieltagen: nur ein Sieg und Tabellenplatz 16. Zuletzt, beim 0:1 gegen Kellerkind FC Augsburg, gelang in 90 Minuten nicht ein wirklich gefährlicher Torschuss.

Der unter Rose begonnene Absturz geht ungebremst weiter, die Borussia braucht dringend Punkte – auch gegen den BVB. Als wäre nicht schon für genug Brisanz gesorgt.