Bad Ragaz.. BVB-Manager Michael Zorc sieht sich im Trainingslager in Bad Ragaz nicht als Tourist - obwohl er die wichtigsten Transfers unter Dach und Fach hat. Im Interview spricht er über Herausforderungen nach der Meisterschaft.

Der Meister ist schon weiter als die anderen: Wie in den Vorjahren üblich, hat Borussia Dortmund die wichtigsten Transfers schon unter Dach und Fach. Dennoch ist Manager Michael Zorc keineswegs als Tourist im Trainingslager in Bad Ragaz/ Schweiz. „Wir fühlen uns für das, was passieren kann, gut gerüstet“, sagt er im Interview.

Herr Zorc, die Transfers beim BVB sind abgewickelt, der Kader ist komplett. Kann sich der Sportdirektor im Trainingslager in den Schweizer Bergen zurücklehnen und das Alpenpanorama genießen?

Michael Zorc: Du sitzt nie in Ruhe auf einer Bank und sonnst dich, auch wenn ich das schon mal über mich lese. Die Planung ist nie abgeschlossen, sondern ein fließender Prozess. Wir werden weiter beobachten und dann entscheiden, ob wir genau mit diesem Kader in die Saison gehen. Darüber hinaus stehe ich in ständigem Dialog mit den Spielern und dem Trainerteam.

Dortmund hat, anders als fast alle Bundesligisten, die großen Transfers längst über die Bühne gebracht.

Zorc: Es hat sich bei uns bewährt, dass die personelle Situation früh geklärt ist. Der Trainer kann intensiver mit dem Kader arbeiten. Er kann die Neuen besser kennenlernen, wenn sie nicht erst im Spielbetrieb zu uns kommen.

Ihr Überraschungsteam der Vorsaison wird jetzt überall als Meister gefordert. Die letzten Überraschungsmeister, der VfB Stuttgart und der VfL Wolfsburg, erlebten herbe Einbrüche. Warum passiert das dem BVB nicht?

Zorc: Das wissen wir nicht, glauben aber, dass wir gut gerüstet sind.

Warum hoffen Sie, dass es dem BVB nicht passiert?

Zorc: So muss die Frage lauten. Wir haben eine außergewöhnliche Saison gespielt, und es wird extrem schwer, das zu wiederholen. Das ist auch unseren Fans bewusst. Unsere Planung ist darauf ausgerichtet, nachhaltig sportlichen Erfolg zu haben. Wir wissen, was uns erwartet. Und wir fühlen uns für das, was passieren kann, gut gerüstet. Die Probleme, die auftreten könnten, sind zu bewältigen. Aber ich will keine Probleme heraufbeschwören, die am Ende gar nicht auftreten.

Trotz erheblicher Mehreinnahmen aus der Champions League und aus TV-Geldern waren Ihre Transferausgaben moderat, der BVB hat Schulden abgebaut und das Stadion modernisiert. Hätte der Sportdirektor gerne mehr Geld ausgegeben?

Zorc: Zum einen ist es absolut notwendig, in unser doch schon älteres Stadion zu investieren und es immer auf dem neuesten Stand zu halten sowie weitere Verbindlichkeiten zurückzuführen. Darüber hinaus wollen wir unsere Mannschaft zusammenhalten. Das kostet auch Geld, und wir haben bei vorzeitigen Vertragsverlängerungen bereits in die Zukunft investiert. Die gibt es nämlich nicht zum Nulltarif. Wenn wir sehr gute Spieler haben, die gerne beim BVB sind, macht es Sinn, diese Jungs langfristig zu binden.

Wie Shinji Kagawa und Lukasz Piszczek, deren Verträge 2013 auslaufen? Piszczek wurde vom „Kicker“ zum besten Außenverteidiger der letzten Saison gewählt.

Zorc: Und das mit Recht. Er hat eine überragende Saison gespielt. Wir haben die Absicht, mit guten Jungs solange wie möglich zusammenzuarbeiten. Wir werden bald Gespräche führen.

Nuri Sahin ist gewechselt und hinterlässt nicht nur spielerisch, sondern auch als Persönlichkeit eine große Lücke. Wer ist gefordert, mehr Führungsverantwortung zu übernehmen?

Zorc: Nuri ist ein spezieller Spielertyp. Das kann fußballerisch nicht von einem gelöst werden, sondern nur vom Team. Bei uns gibt es viele junge Spieler, die in Verantwortung genommen werden möchten. Sie haben Top-Leistungen gebracht, sind Nationalspieler geworden.

Also beispielsweise Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Sven Bender…

Zorc: Es sind einige. Wichtig ist: Wir brauchen kein Platzhirschdenken. Das wäre bei der speziellen Konstellation unserer Mannschaft unangemessen.

Statt Leitwolf also flache Hierarchien als Erfolgsmodell?

Zorc: Das haben wir mit der Meisterschaft bewiesen, oder? Das ganze ist eine Mediendiskussion. Die deutsche Nationalmannschaft war bei der WM 2010 auch erfolgreich. Durch den Ausfall von Michael Ballack haben sich neue Tendenzen ergeben. Auf und neben Platz.

Der Elf-Freunde-Gedanke scheint beim BVB besonders ausgeprägt.

Zorc: Viele von unseren Spielern sind im selben Alter, haben einen guten Draht zueinander, auf dem Trainingsgelände und auch privat. Das ist ein zusätzlicher Wohlfühlfaktor. Das ist motivationsfördernd und bringt ein paar Prozentpunkte mehr Leistung.