Dallas.

Leere statt Euphorie, Erschöpfung statt Tatendrang: Nach der Erfüllung seines großen Lebenstraums sind Gefühlslage und Verfassung von Dirk Nowitzki längst nicht so, wie man das nach dem Gewinn der NBA-Meisterschaft erwarten könnte. "Ich bin einfach nur leer. Mental völlig erschöpft. Und körperlich total ausgelaugt", sagte der Superstar der Dallas Mavericks im Gespräch mit Sport Bild.

Zehn Tage nach dem Gewinn seines ersten großen Titels kehrt bei Nowitzki langsam wieder der Alltag ein. "In ein paar Wochen" will der gebürtige Würzburger entscheiden, ob er der deutschen Nationalmannschaft nach zwei Jahren Pause bei der Europameisterschaft in Litauen (31. August bis 18. September) zur Verfügung stehen wird. "Nach einer langen, langen Saison geht es einerseits darum, ausgeruht und stark in die nächste zu starten", sagte Nowitzki dem US-Fernsehsender ESPN: "Andererseits habe ich meiner Nationalmannschaft viel zu verdanken und würde den jungen Spielern gerne dabei helfen, sich für Olympia 2012 in London zu qualifizieren." Auch er selbst würde Olympia "vielleicht selbst noch ein zweites Mal mitnehmen".

An Motivation mangelt es dem 127-fachen Nationalspieler nach dem Erreichen seiner wichtigsten Ziele jedenfalls nicht. "Ich bin wettbewerbssüchtig - das hat man ein Leben lang. Niederlagen werden mir immer weh tun", sagte Nowitzki. Genau das habe ihn in den letzten Jahren so stark gemacht. Die 2:4-Pleite in den NBA-Finals 2006 gegen Miami und die späteren Enttäuschungen in den ersten Runden der Play-offs haben ihn angetrieben. "Ich bin mehr zum Killer geworden. Ohne die Niederlagen hätte ich mich nicht so entwickelt", sagte "Dirkules": "Jeden Sommer bin ich bei Gluthitze in die Bleiweste geschlüpft und habe in der stickigen Halle in Rattelsdorf geschuftet. Das war nicht immer spaßig. Aber ich wusste, wofür ich es tue."

Auch wegen dieses unbändigen Willens ist es denkbar, dass sich Nowitzki trotz der Strapatzen der letzten Wochen für eine EM-Teilnahme entscheidet. Er wolle jetzt aber einfach erstmal im Urlaub ausruhen, dann nach Würzburg zur Familie reisen und anschließend eine "seriöse Entscheidung" treffen. "Ich muss mich erholen und auf meinen Körper hören, außerdem habe ich immer noch die Schiene am Finger", sagte Nowitzki.

In der NBA droht der Arbeitskampf

Auch wie es nach dem Sommer weitergeht, ist momentan offen. In der NBA droht den Profis der "Lockout", weil die Spielergewerkschaft mit der Ligaführung neu über die Gehaltsstruktur verhandeln wird. Kommt es zu keiner Einigung, würde es einen Arbeitskampf geben und der Spielbetrieb könnte nicht wie geplant aufgenommen werden.

"Für am wahrscheinlichsten halte ich es immer noch, dass sich die Parteien einigen und die Saison planmäßig Ende Oktober beginnt", sagte Nowitzki. Passiert das jedoch nicht, müsse er sich eine Alternative suchen. "Eine zu lange Spielpause kann ich mir nicht antun. In meinem Alter kommt man dann nicht mehr in die Gänge", sagte der MVP der diesjährigen Finalserie.

Alba Berlin und Bundesligaaufsteiger Bayern München machen sich schon Hoffnungen, Nowitzki in dieser Zeit zumindest übergangsweise verpflichten zu können. Mit Details hat sich das "German Wunderkind" jedoch noch nicht beschäftigt: "Das ist alles noch so weit weg, und daran habe ich wirklich noch keinen Gedanken verschwendet." (sid)