Tel Aviv. Basketball-EM: Für die Nationalmannschaft warten mit Georgien und Israel harte Brocken. Dabei kommt es besonders auf Daniel Theis an.
Das Verhältnis von Daniel Theis zu einem Basketballkorb ist ein ganz besonderes. Während seine Teamkameraden aus der Ferne auf ihn werfen, so dass der Ball häufig in hohem Bogen fast lautlos durch das Netz tropft, mag Theis es praktischer. Man könnte auch sagen: brachialer. Er katapultiert seinen 2,04 Meter großen und 110 Kilo schweren Körper in die Luft und stopft den Ball mit Gewalt durch den Korb. Der Blick starr, die Zähne gefletscht. Das Korbgerüst scheppert laut, als Theis am Ring hängt. Ein spitzbübisches Lächeln rundet die Aktion ab, als er wieder Boden unter den Füßen hat.
Der sogenannte Dunking ist eine spektakuläre Aktion, die von den Zuschauern in den Basketballhallen dieser Welt besonders gefeiert wird. Theis mag den Dunking und unterstreicht dies gleich mehrmals mit laut scheppernden Aktionen beim Training in der Basketball-Arena von Tel Aviv. Das gibt Selbstvertrauen und demonstriert Stärke. Beides ist in den kommenden Tagen mehr denn je gefragt.
Die erste Aufgabe hat das deutsche Basketballnationalteam bei der Europameisterschaft in Israel gelöst, Auftaktgegner Ukraine wurde nach nervösem Beginn mit 75:63 geschlagen. Doch nun warten die härteren Brocken der Vorrunde. Am Samstag geht es gegen Georgien (14,45 Uhr), am Sonntag gegen Gastgeber Israel (20.30 Uhr/beide live auf www.telekomsport.de). Daniel Theis wird unter dem Korb zunächst gegen die physisch starken Georgier um NBA-Center Sasa Patschulia von Meister Golden State Warriors besonders gefragt sein. Georgien sorgte am ersten Spieltag mit dem 79:77-Sieg über Gruppenfavorit Litauen für eine kleine Sensation.
Sieben Punkte, acht Rebounds
Gegen die Ukraine erzielte der 25-jährige Theis am Donnerstag sieben Punkte und holte acht Rebounds. Zahlen, die für viele andere Spieler völlig okay wären. Für einen, der künftig in der weltbesten Liga NBA auflaufen wird, sind sie ausbaufähig. “Georgien spielt viel physischer als die Ukraine, sie haben mit Zaza Pachulia einen der besten Center Europas. Wir müssen als Team auftreten, gut verteidigen und unsere offenen Würfe treffen”, sagt Theis bestimmend.
“Wer ist überhaupt dieser Daniel Theis?”, fragte dagegen kürzlich ein Basketballmagazin in den USA über den dort unbekannten Deutschen, der 2013 schon einmal vor einer NBA-Karriere stand, beim Draft, der Talentziehung der Liga, aber leer ausging. Dabei fällt es gar nicht schwer, den amerikanischen Basketballfans die Vorzüge des Neuerwerbs der Boston Celtics vor Augen zu führen: seine physische Stärke unter dem Korb. Sein guter Wurf aus der Mitteldistanz. Seine 9,6 Punkte, die er in der vergangenen Saison im Durchschnitt für den Deutschen Meister Brose Bamberg in der europäischen Königsklasse Euroleague erzielte. Er wurde zum besten Nachwuchsspieler der Bundesliga 2014 gewählt, zum besten Verteidiger 2017. Gute Voraussetzungen, um sich in der NBA durchzusetzen. Sein bester Kumpel hat es schließlich auch geschafft.
Der beste Kumpel: Dennis Schröder
Der beste Kumpel, das ist Dennis Schröder, der Star des deutschen Teams. Seit vier Jahren spielt der 23-Jährige in der nordamerikanischen Eliteliga bei den Atlanta Hawks, er lebt den Traum von der NBA, den die beiden schon als Jugendspieler in Braunschweig hatten. Schon damals waren sie Freunde, schafften gemeinsam den Durchbruch in der Bundesliga beim heimischen Erstligisten Löwen Braunschweig. Dabei verstanden sie sich so gut auf und abseits des Feldes, dass Löwen Co-Trainer Liviu Calin noch heute sagt, dass die beiden “auch mit 70 Jahren noch Freunde sein werden”.
Auch Schröder hat sich auf das Wiedersehen mit Theis gefreut. “Es bedeutet mir sehr viel, mit ihm zu spielen. Wir sind zusammen aufgewachsen, spielen gemeinsam im Nationalteam und bald beide in der NBA. Jetzt muss er weitere Schritte machen, um immer besser zu werden.” Insgeheim hofft Schröder sogar, dass beide bald mit- und nicht gegeneinander in der NBA spielen können. “Ich hoffe, in ein, zwei Jahren spielen wir gemeinsam in Atlanta.”
Theis: "Boston ist eine superschöne Stadt"
Und Theis? Der hat in der Vorbereitung nur drei der acht Testspiele bestritten, weil noch verschiedene Dinge im Zuge der NBA-Verpflichtung zu erledigen waren. “Boston ist eine superschöne Stadt, das Trainerteam macht einen guten Eindruck und ich habe dort schon ein paar Spieler dort kennengelernt -- alles super”, sagt Theis. Derzeit versucht er, die Aufregung um das nächste Karrierekapitel ein wenig herunterzuspielen. “Ich fühle mich nicht wie ein NBA-Spieler. Warum sollte ich? Noch habe ich ja auch kein Spiel in der NBA gemacht.” Er konzentriert sich auf die Gegenwart. Und die heißt heute Georgien.