Tel Aviv. . Am Donnerstag startet das deutsche Basketball-Nationalteam gegen die Ukraine ins EM-Turnier. Dennis Schröder soll Dirk Nowitzki ersetzen.

Seit vier Tagen sind sie nun in Israel. Wertvolle Zeit, um sich an die Temperaturen jenseits der 30 Grad zu gewöhnen. Vor allem aber waren es vier wichtige Tage, um sich weiter als Mannschaft zu finden. Denn heute wird es ernst: Die Europameisterschaft beginnt und die deutschen Basketballer spielen ihr erstes Gruppenspiel in Tel Aviv gegen die Ukraine (14.45 Uhr/live auf telekomsport.de).

Die Vorrunde in Israel ist ein Gradmesser: Wie gut ist die deutsche Mannschaft? Wäre das Überstehen der Vorrunde, nach der es in Istanbul weitergehen würde, schon der größtmögliche Erfolg? Ist sogar eine Medaille drin? Die deutsche Mannschaft ist schwer einzuschätzen. Eine echte Wundertüte.

„Man kann sehen, dass wir noch nicht da sind, wo die Topteams sind“, sagte Bundestrainer Chris Fleming nach dem Vorbereitungsspiel gegen Frankreich (79:85). Fest steht, dass die Deutschen kein Team sind, das durch individuelle Klasse besticht, sondern eines, das mannschaftlich geschlossen auftreten muss, um zu bestehen.

Der Denker und Lenker im Nationalteam

Denn eigentlich ragt nur einer heraus: Dennis Schröder, seit vier Jahren in der nordamerikanischen Profiliga NBA aktiv, Stammspieler der Atlanta Hawks und künftig mit 15,5 Millionen Dollar Gehalt pro Jahr auch finanziell eines der Schwergewichte der weltbesten Liga. Er ist der Dreh- und Angelpunkt, der Denker und Lenker des deutschen Spiels. Pfeilschnell, treffsicher aus der Mitteldistanz und als Aufbauspieler auch der Mann, der seine Mitspieler in Szene setzt. Er muss NBA-Superstar Dirk Nowitzki als Anführer ersetzen, der seine Karriere im Nationalteam nach dem Vorrundenaus bei der EM 2015 beendete.

Und dann? Dann wird es überschaubar, denn das deutsche Aufgebot ist dieser Tage lange nicht so gut, wie es hätte sein können. Paul Zipser setzt seine Priorität auf die Vorbereitung bei den Chicago Bulls, Maximilian Kleber wird nach seinem Wechsel zu den Dallas Mavericks vom neuen Klub nicht freigestellt und der in Frankreich spielende Heiko Schaffartzik hat abgesagt. Der bullige Centerspieler Maik Zirbes (FC Bayern) und Niels Giffey (Alba Berlin) sind verletzt. Damit bleiben als international erfahrene Spieler noch Daniel Theis und Johannes Voigtmann.

Theis überzeugte mit Brose Bamberg auch in Europas Königsklasse, der Euro League. Nach der EM wird der 25-Jährige das Trikot der Boston Celtics tragen. Voigtmann spielte mit dem spanischen Topklub Saski Baskonia in der Euro League eine recht gute Rolle. Den Sprung zum Leistungsträger könnten auch Maodo Lo und Patrick Heckmann (beide Brose Bamberg) schaffen. Sie alle müssen allerdings über sich hinauswachsen, denn in den Vorbereitungsspielen der Deutschen war nur Dennis Schröder mit jeweils über 20 Punkten eine Garantie für Korberfolge. Während Schröders Gala-Auftritten kam keiner seiner Mitspieler über zwölf Zähler hinaus.

Der deutsche Vorteil: das Tempo

Ohnehin gab es in den acht Vorbereitungspartien des deutschen Teams lediglich drei Siege. Was nicht überrascht, denn durch den späteren Einstieg von Schröder und Theis und der zwischenzeitlichen Verletzung von Center Robin Benzing hat die Auswahl in stetig wechselnder Besetzung gespielt.

Da trifft es sich gut, dass die erste Partie gegen die Ukraine die vermeintlich leichteste Aufgabe in der Gruppe sein wird. Die Vorteile dürften in der Geschwindigkeit des deutschen Teams liegen. Die weiteren Aufgaben werden schwieriger, es geht gegen Georgien, Israel, Italien und Litauen. Bundestrainer Fleming aber ist optimistisch: „Der Fortschritt in einer Woche ist groß, aber der Fortschritt nach einer weiteren Woche wird noch größer sein.“ Auch Dennis Schröder sieht sein Team gewappnet: „Wir sind nah am Höchstlevel.“

Für den deutschen Basketball wäre ein gutes Abschneiden wichtig. Die vergangenen Jahre waren alles andere als berauschend, die jüngsten Erfolge liegen eine gefühlte Ewigkeit zurück. 2002 gab es Bronze bei der WM in den USA, 2005 Silber bei der EM in Belgrad, 2008 die Olympiateilnahme – danach folgte lange nichts mehr.