Wuppertal. . Marlies Askamp ist eine Größe des deutschen Basketballs. Die 45-Jährige macht sich Sorgen um den Sport, in dem Deutschland nun um die EM-Qualifikation kämpft.

Früher trugen ihre Gegnerinnen Nummern auf den Trikots. Ihre Absichten waren klar. Hatten sie den Ball, wollten sie gegen Marlies Askamp punkten. Heute hat die gebürtige Dorstenerin es mit Gegnern zu tun, die nicht so leicht zu durchschauen sind. Sie tragen keine Ziffern auf der Kleidung und sie halten sich nicht an die Regeln. Deshalb steht ihnen die 45-Jährige nicht länger in der Sporthalle, sondern im Gerichtssaal gegenüber. Nicht mehr als Basketballerin, sondern als Amtsanwältin in Diensten der Wuppertaler Staatsanwaltschaft.

Askamp war US-Champion vor Nowitzki

Diebe, Betrüger, Verkehrssünder – das sind die Gegner, die Marlies Askamp heute Tag um Tag beschäftigen. Es geht um Fälle im Bereich der kleineren Kriminalität. Acht Jahre ist es her, dass sie zuletzt in einem Bundesliga-Spiel auflief. Damals war sie selbst auf ihre eigene Art kriminell – kriminell gut.

Sechsmal gewann die Centerspielerin mit dem BTV Wuppertal die Deutsche Meisterschaft, 1996 wurde sie Champion der Europa League. Mit Deutschland holte sie Bronze bei der EM 1997, als erste Deutsche ging sie in die amerikanische Profiliga WNBA und gewann 2002 mit den Los Angeles Sparks den Titel — neun Jahre, bevor einem gewissen Dirk Nowitzki dieses Kunststück bei den Männern gelingen sollte.

Chancen der Basketball-Frauen auf EM-Quali bescheiden

2330 Punkte erzielte Marlies Askamp im Nationaldress, ein bis heute unerreichter Wert. Auch wegen ihres Legendenstatus’ wird sie noch immer von Vereinen angesprochen, die ihr noch einmal ein Trikot überstreifen wollen. Askamp lehnt dann stets lächelnd ab. Selbst wenn es manchmal noch in den Fingern juckt, zwickt es dafür gleich wieder in den Beinen. „Regelmäßig spielen – das machen meine Knie einfach nicht mehr mit“, sagt sie.

Der Herner TC stellt drei Nationalspielerinnen, die um die EM-Teilnahme kämpfen

Marlies Askamp begann mit dem Basketballspielen in Gelsenkirchen. In Deutschland spielte sie unter anderem für die BG Dorsten und bis zum Karriereende im Jahr 2007 bei New Basket Oberhausen.

Aus der Region stellt nur Bundesligist Herner TC deutsche Nationalspielerinnen: Ireti Amojo, Sonja Greinacher und Lea Mersch sind am Ball.

Der Spielplan der deutschen Frauen in der EM-Qualifikation: Serbien (A, 25. November), Ukraine (H, 25. November), Luxemburg (H, 20. Februar 2016), Serbien (H, 24. Februar 2016), Ukraine (19. November 2016) und Luxemburg (23. November 2016).

Dabei könnte Deutschland eine Spielerin wie sie derzeit gut gebrauchen. Am Samstag startet die Frauen-Nationalmannschaft in die EM-Qualifikation. Die Chancen auf die Turnierteilnahme im kommenden Jahr in Tschechien sind – bescheiden. Gegner Serbien ist Europameister und eine Macht im Welt-Basketball. Bleibt der Kampf um Platz zwei, denn die sechs besten Zweiten der neun Qualifikationsgruppen dürfen noch zur EM. Doch auch die Ukraine ist am kommenden Mittwoch in Marburg ein schwerer Gegner, die letzten beiden Aufeinandertreffen verloren die deutschen Frauen deutlich. 2013 fand die EM bereits ohne deutsche Beteiligung statt. Bei der WM spielte Deutschland erstmals 1998 – es war auch der bisher einzige Auftritt. Die Tage, in denen die Auswahl der Bundesrepublik mit den Besten mithalten konnte, sind längst vorbei. „Deutschland hat den Anschluss verpasst. Der europäische Basketball hat sich weiterentwickelt. Deutschland ist stehengeblieben“, sagt Askamp.

Selten im Europacup

Es sind harte Worte einer Ikone, die jedoch kaum zu entkräften sind. Es beginnt in der Bundesliga: Der TSV Wasserburg dominiert seit Jahren die Liga, doch die Bayern scheitern im Europacup stets in der Gruppenphase. Weitere deutsche Teilnehmer im internationalen Wettbewerb: Fehlanzeige! „Wie sollen sich deutsche Spitzenspielerinnen entwickeln, wenn sie sich nicht häufiger international messen?“, fragt Askamp. Den Stellenwert der Nationalmannschaft sieht sie im Deutschen Basketball-Bund (DBB) auch nicht hoch angesiedelt: „Ich vermisse den Willen, etwas zu verändern. Die Nationaltrainer werden stets nur aus einem kleinen Kreis rekrutiert.“ Eine koordinierte Förderung in Internaten wie beispielsweise in Belgien oder in den Niederlanden fehle, die vereinzelten Vorbereitungsmaßnahmen vor großen Turnieren seien einfach zu wenig. Autsch!

Seit ihrem Karriereende ist Askamp zwar eine Außenstehende ohne Verbandsämter, sie spielt nur zweimal im Jahr mit alten Weggefährten bei New Basket Oberhausen um die Deutsche Meisterschaft der Ü 35. „Ich bin aber immer noch Fan des Sports und beobachte das Geschehen. Kürzlich wurde ich aber vom DBB angerufen, wir werden uns sicher bald zusammensetzen“, sagt Askamp. Was sich daraus entwickelt, wird sich zeigen. Dem Basketball wird die zweifache Mutter auf jeden Fall treu bleiben. Ihr achtjähriger Sohn Jonas (8) hat dem Fußball gerade abgeschworen. Er will nun Körbe werfen.