Austin. In der Formel 1 greift die Finanzkrise immer weiter um sich, in den USA sind nur noch 18 Autos am Start. Der drohende Konkurs von zwei kleinen Rennställen überschattet sogar das Titelduell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg.

Minimalismus ist nicht unbedingt etwas, für das die Formel 1 bekannt ist. Dass beim Großen Preis der USA am Wochenende in Austin nur noch 18 Rennwagen am Start stehen, ist daher höchst unfreiwillig. Die Insolvenzverfahren gegen die britischen Teams Caterham und Marussia zeigen, dass die Krise angekommen ist in der Königsklasse. Ausgerechnet bei dem Rennen, bei dem man wieder etwas Leichtigkeit tanken wollte, überdecken die Finanznöte sogar das Titelduell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Es geht nicht bloß darum, eventuell zwei Hinterbänkler vor der Pleite zu retten: Das ganze Konzept des Top-Motorsports steht in Frage. Formel Sorge.

Mario Andretti, der Weltmeister von 1978, ist Austins Botschafter für den Motorsport. Sein erster Rat an die Formel 1 ist typisch amerikanisch („Macht Euch locker“), der zweite hat dann tatsächlich etwas mit vielerorten drückenden Schulden zu tun: „Muss man es denn mit der Technik so übertreiben?“

Saison kostet Rennstall 100 Millionen Euro

Nun mag Benzinsparen und Hybridtechnik landesweit nicht en vogue sein, aber das Eindämmen der immensen Kosten ist exakt der Punkt, an dem die Macher der Rennserie längst hätten ansetzen müssen. Nicht, dass es diese Diskussion erst seit den jüngsten Pleiten gibt, ein so genanntes „budget cap“ ist seit Jahren im Gespräch. Max Mosley, ehemals Präsident des Automobilweltverbandes FIA, war einer der Vorreiter des Sparkurses. Heute sagt der Brite: „Das ist kein fairer Wettbewerb mehr. Aus sportlicher Sicht sollte man das Geld gleichmäßig aufteilen.“

Ähnlich entnervt zeigt sich Monisha Kaltenborn, die Teamchefin des im Vorjahr ebenfalls in eine Finanzkrise gerutschten Sauber-Rennstalls: „Wir alle, egal ob an der Spitze oder am Ende des Feldes, haben massiv investiert, um auf diesem Niveau mit von der Partie sein zu können.“ Ihr stößt besonders ein Zitat von Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone auf, der zu der sich abzeichnenden Krise der Kleinen sinngemäß bemerkte, dass nur der mitfahren soll, der es sich leisten können, und dass er lieber mit weniger, aber dafür gesunden Teams fahren wolle statt mit solchen, die betteln müssten. Dann würde es eng, denn auch Sauber, Force India und Lotus sind eher knapp bei Kasse. Wenn es jetzt schon etablierte Rennställe trifft, kann das ganz nur bedeuten, dass die Kosten außer Kontrolle geraten sind. Etwa 100 Millionen Euro kostet einen durchschnittlichen Rennstall die Saison, ein Drittel davon sind Motorenkosten, insgesamt gibt die Formel 1 im Jahr zwei Milliarden Euro aus.

Keine moderne Vermarktung

Nun war die Formel 1 schon immer ein rasender Verdrängungswettbewerb, aber ohne komplettes Starterfeld wäre sie eben nur die Hälfte wert, und Ecclestone und die glänzend verdienenden Investoren von CVC würden schnell aus der Gewinnzone rutschen. Mehr als sechs Milliarden Euro Gewinn soll das Finanzkonglomerat seit seinem Einstieg 2006 aus der Formel 1 gezogen haben, re-investiert wurde nur wenig. Und der 84 Jahre alte Ecclestone hält von moderner Vermarktung so wenig wie von den sozialen Medien – also praktisch nichts. Aber er und die großen Rennställe haben das Sagen

In einem von der Natur der Sache her teuren Sport muss über Reglements oder über die Einnahmenverteilung eine Balance hergestellt werden. In der Formel 1 aber ist es so, dass die Top-Teams nicht nur die meisten Siegprämien einfahren, sondern auch hohe Boni bekommen. Die Kleinen aber sehen von den etwa 650 Millionen Euro, die zuletzt am Jahresende ausgeschüttet wurden, nur wenig.

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Graeme Lowdon von Marussia klagt: „Die Rahmenbedingungen haben einen Sport geschaffen, den niemand mehr bezahlen kann.“ Unabhängige Konstrukteure haben es immer schwerer, weshalb McLaren jetzt zu Honda flüchtet und Red-Bull mit Renault und vielleicht irgendwann doch mit Volkswagen gemeinsame Sache macht. Der Notplan, dass die Top-Rennställe 2015 einen dritten Rennwagen einsetzen müssen, um das den Fernsehanstalten garantierte Startfeld zu komplettieren, geht noch weiter: Demnach könnte der dritte Wagen auch kleinen Teams in einer Art technischer Querfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Aus Sorge wird langsam Verzweiflung.