New York. . Keiner vollführt so spektakuläre Bewegungen auf dem Platz wie Gael Monfils. Bei den US Open in New York trifft der Franzose, der seit anderhalb Jahren keinen Coach mehr hat, im Viertelfinale auf den schon legendären Schweizer Roger Federer.

Auf dem Weg zu seinen Auftritten trägt Gael Monfils Kopfhörer und lässt sich bis zum letzten Moment von Tönen inspirieren; Musik ist seine Welt, sie trägt ihn und schenkt ihm Emotionen. Vor dem Sieg neulich gegen Grigor Dimitrov entschied er sich für Beyoncé, erste Wahl ist aber auch immer Dancehall, eine Mischung aus Raggae und Hip-Hop. Hinterher verwöhnt er sich manchmal mit Lana Del Rey, die Frage ist allerdings, ob das melancholische Liedgut der Schönen zu großen Siegen passt.

Aber diesen Mann an Zahlen und Siegen zu messen, hat ohnehin keinen Sinn. Es gibt wohl aktuell kaum einen Tennisspieler, dessen Ballwechsel so oft in den Foren des Internets angeklickt werden wie die des Franzosen, kaum einen, vom dem es ähnlich spektakuläre Fotos gibt.

Wie eine Bahnschranke in der Luft

Eines der besten, das es je gab, entstand in diesem Jahr bei den French Open in Paris, wo er nach einem Ball hechtete und dabei gerade wie eine Bahnschranke fast zwei Meter hoch in der Luft hing. Atemberaubend, ausgestreckt von den Füßen bis zum Schläger. Auch in der ersten Woche der US Open in New York gab es eine Szene, die immer wieder eingespielt wurde, eine eingesprungene Vorhand mit explosiver Flugphase und gekreuzten Beinen. Müsste einer, der Kunststücke beherrscht wie kein anderer, der ein unglaublicher Athlet ist, flexibel, locker, als gehöre er zu den Harlem Globetrotters, müsste also so einer nicht viel öfter gewinnen? Theoretisch, ja.

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Vor drei Jahren gehörte Monfils ein paar Monate lang zu den besten Zehn der Tenniswelt, nach einer langwierigen Knie-Verletzung rutschte er aus den ersten Hundert heraus, im Moment steht er auf Platz 24. Was einerseits daran liegen könnte, dass er seit anderthalb Jahren keinen Coach mehr hat. „Ich weiß, dass es besser wäre, einen zu haben“, sagt er, „aber das ist ja nicht so einfach. Er muss streng zu mir sein, aber auch meine Persönlichkeit verstehen, ich bin nicht ganz einfach. Es gibt nicht viele gute Leute.“ Wie sich das aus der Sicht seiner Freunde darstellt, macht Landsmann und Kollege Gilles Simon deutlich, der davon überzeugt ist, wäre er selbst dieser Coach, könnte Monfils einen Grand-Slam-Titel gewinnen.

Aber Begabung und besondere Fähigkeiten allein reichen nicht. Und da scheitert er immer wieder, wenn sein Innenleben nicht zur Außenwelt passt. „Ich betrachte Tennis nicht als Job“, sagt er und bewegt seine riesigen Hände, als wolle er den Gedanken hervorheben. „Es ist Sport. Ich bin ein entspannter Typ, und ich versuche alles. Aber wenn ich nicht glücklich bin, dann geht gar nichts.“

Das große Spiel am Donnerstag

Das erklärt eine Menge; das Hochgefühl, in der Luft schwebend einen unmöglichen Ball zu spielen, aber auch die Niederlagen, wenn er sich einsam fühlt oder weil nichts und niemand in der Nähe ist, um ihn zu inspirieren. Aber was das betrifft, da geht es ihm in New York ziemlich gut. Sein Vater und ein früherer Physiotherapeut hatten ihn vor Jahren in die Bronx zu Freunden der Familie mitgenommen, und dabei hatte er erstaunt festgestellt, wie sehr sich die schwarze Gemeinde auch fern der Heimat für ihn interessiert.

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Was Monfils braucht, um am Donnerstag im Viertelfinale gegen Roger Federer eine Chance zu haben? Gegen den Mann, über den er sagt, das sei der größte Spieler, den es je gegeben habe? „Ich kann meinen Kindern später noch erzählen, dass ich gegen ihn gespielt habe. Mir kann nichts Besseres passieren.“ An der Idee kann er sich begeistern, seine Augen werden groß.

Federer lacht, als er davon hört, und sagt: „Dann hoffen mir mal, dass es tatsächlich ein denkwürdiges Spiel wird.“ Aber er teilt die Vorfreude auf die Begegnung mit Monfils, den auch er für einen der aufregendsten und unterhaltsamsten Spieler der Tour hält.

Die Frage, was er denn auf dem Weg zum Spiel hören würde, beantwortet Federer übrigens so: „Das würde ich nie machen mit Musik. Da könnte ich ja nichts von der Atmosphäre im Stadion hören.“ Mehr als das und seine Leidenschaft fürs Spiel braucht er nicht.