Spa-Francorchamps. Jetzt kracht es richtig. Mit einem fahrlässigen Überholversuch sorgt Nico Rosberg beim Formel-1-Rennen von Belgien für einen Eklat und befeuert das WM-Privatduell mit Lewis Hamilton. Die Führungsriege der Silberpfeile zürnt. Sieger wird Strahlemann Daniel Ricciardo.
Nach dem Eklat von Spa hat der Zoff zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton eine neue Dimension erreicht. Erstmals krachten die beiden Mercedes-Piloten bei einem Formel-1-Rennen ineinander. Mit einem fahrlässigen Überholversuch vereitelte Rosberg beim Großen Preis von Belgien nicht nur einen wahrscheinlichen Doppelerfolg. Der WM-Spitzenreiter heizte auch den Streit mit seinem Stallgefährten weiter an und zog sich den Zorn der Teamverantwortlichen zu. "Das Manöver war Harakiri", schimpfte Motorsportchef Toto Wolff. "Das ist nicht akzeptabel."
Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo profitierte von dem Silberpfeil-Streit. Der Australier raste am Sonntag vor Rosberg zu seinem zweiten Sieg nacheinander und stellte mit dem dritten Saisonerfolg seinen Teamkollegen und Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel auf Rang fünf erneut in den Schatten.
"Das lässt uns dämlich aussehen"
"Das ist ein enttäuschendes Szenario, ein inakzeptables Szenario, das uns dämlich aussehen lässt", tobte Wolff bei RTL über den Crash seines Duos beim ersten Lauf nach der Sommerpause. "Es liegt jetzt an uns, die Message so deutlich rüberzubringen, dass so etwas nicht wieder passiert."
Rosberg schlitzte Hamilton bereits in der zweiten Runde den linken Hinterreifen auf und beschädigte dabei auch den Frontflügel an seinem eigenen Wagen erheblich. Nach einer furiosen Aufholjagd raste der gebürtige Wiesbadener noch auf Rang zwei, Hamilton hingegen stellte seinen Wagen kurz vor Schluss entnervt ab.
Fans buhen Rosberg aus
Rosberg wurde auf dem Podium von einigen Fans heftig ausgebuht. "Das hat uns beiden wehgetan. Für das Team ist das enttäuschend", resümierte der 29-Jährige über den Vorfall. Unmittelbar nach dem zwölften Saisonlauf musste er sich mit der Teamleitung zu einer ersten Analyse treffen. "Das ist schwer runterzuschlucken", meinte sein Kontrahent Hamilton. "Es ist wie in der Schule, wenn man einen Fehler macht, dann gibt's einen Klaps."
Die Schuldfrage war nicht nur für Hamilton klar beantwortet. "Es ist inakzeptabel für das Mercedes-Team, dass Nico den Lewis in der zweiten Runde, ich betone in der zweiten Runde, angreift. Es kann nicht sein", schimpfte Teamaufsichtsrat Niki Lauda. "Schuld am Unfall ist Nico, Lewis war klar vorn." Für weiteren Zündstoff ist gesorgt.
Däne Magnussen kassiert 20-Sekunden-Strafe
Während Hamilton fünf Runden vor Schluss, von seiner aussichtslosen Aufholjagd zermürbt, an die Box fuhr, baute Rosberg dank seines zweiten Platzes die Führung in der WM-Wertung aus. Mit 220 Punkten liegt er nun 29 Zähler vor Hamilton. Ricciardo bleibt Dritter (156). Titelverteidiger Vettel hat als Sechster nur 98 Zähler auf dem Konto. "Man schickt mich an die Front, aber ich habe das Gefühl, einen Holzknüppel in der Hand zu haben", zürnte der enttäuschte viermalige WM-Champion.
Als Dritter fuhr Williams-Mann Valtteri Bottas durchs Ziel. Nico Hülkenberg holte als hochgestufter Zehnter noch einen Punkt. Der Force-India-Fahrer profitierte dabei von einer Bestrafung des Dänen Kevin Magnussen, der dadurch vom sechsten auf den zwölften Rang zurückfiel. Die Rennkommissare verhängten nachträglich eine 20-Sekunden-Strafe gegen den McLaren-Mann, weil er Fernando Alonso im Ferrari bei dessen Überholversuch regelwidrig behindert hatte.
Sutil verpasst erneut die Punkteränge
Sauber-Mann Adrian Sutil verpasste als 14. erneut die Punkteränge. Das Debüt von Caterham-Fahrer André Lotterer endete hingegen schon nach gut einer Runde. "Irgendwie ist der Motor ausgegangen. Schade, der Start war gut", resümierte der Duisburger.
Hamilton erwischte auf dem 7,004 Kilometer langen Berg-und-Tal-Kurs einen Blitzstart und raste auf Position eins. Nach vier Poles in Serie verschlief Rosberg den Auftakt dagegen und musste zunächst sogar Vierfach-Weltmeister Vettel passieren lassen. Nach einem unfreiwilligen Ausflug über den Bordstein in einer Schikane büßte der Heppenheimer Rang zwei aber umgehend wieder ein.
"Nico hat mich berührt, Nico hat mich berührt"
Für den puren Adrenalin-Moment sorgten die Silberpfeile dann gleich in Runde zwei. "Nico hat mich berührt, Nico hat mich berührt", rief Hamilton nach dem Manöver völlig verblüfft über Funk, ehe er nur als 19. wieder auf den Asphalt zurückfuhr.
Rosberg musste ebenfalls früh in die Garage, in Runde acht bekam sein Mercedes eine neue Front verpasst. Das warf den 29-Jährigen enorm zurück. Zu allem Überfluss verfing sich an seiner Antenne dann auch noch vermutlich ein Stück eines zerschlissenen Reifens. Das beeinträchtigte zunächst auch Rosbergs Sicht, ehe er den störrischen Fetzen wieder entfernt hatte. An der Spitze raste Vettels Teamkollege Ricciardo seinem dritten Grand-Prix-Erfolg der Saison entgegen, Rosberg heftete sich ihm an die Fersen. An ihm vorbei kam er aber auch nicht mehr. (dpa)