Paris. . Die Russin Maria Scharapowa ist bei den French Open in Paris auf dem Weg in ihr drittes Finale in Folge. Ihr Geschreie gehört dazu - es ist ein Zeichen für große Anspannung.

Zwischen den beiden größten Arenen im Stade Roland Garros, dem Court Philippe Chatrier mit seinen knapp 15 000 Sitzplätzen und der kleinen Schwester, dem Court Suzanne Lenglen, liegen Luftlinie nicht mehr als 200 Meter. Auf halber Strecke zwischen den Stadien und damit sozusagen auch auf halber Strecke zwischen den Spielen der Damen Scharapowa und Muguruza, Bouchard und Suarez Navarro stehend, drangen am Dienstag aus der einen Richtung entsetzliche Schreie ins Ohr, aus der anderen verwirrende Stille. Scharapowa und Spaniens neue Prinzessin, Garbine Muguruza, lieferten sich bei den French Open ein packendes, kakophonisches Duell, bei den beiden anderen hörte man nur das, was man ohne Gefahr fürs Trommelfell hören will – himmlisch.

Maria Scharapowa schafft es manchmal im Training, keinen Laut von sich zu geben; im Spiel gibt’s immer dann auf die Ohren, wenn sie nach einem Rückstand mit aller Kraft versucht, die Ereignisse in den Griff zu kriegen. In gewisser Weise kann man also Garbine Muguruza die Schuld für die Beschallung am Ende geben; sie spielte großartig im ersten Satz – so wie eine Woche zuvor beim Sieg in zwei Sätzen gegen Serena Williams –, wehrte sich lange im zweiten und machte der Favoriten auch im dritten das Leben eine Weile lang extrem schwer (1:6, 7:5, 6:1).

Wer weiß, wie die Sache ausgegangen wäre, hätte sie einen ihrer fünf Breakbälle beim Stand von 1:2 genutzt. Dieses Spiel allein dauerte mehr als zehn Minuten, Scharapowa schrie wie verrückt, und das Echo kam nur unwesentlich leiser zurück. Es war die entscheidende Phase; danach resignierte die junge Spanierin. Enttäuscht schlich sie von dannen, aber man kann davon ausgehen, dass sie in Zukunft noch einiges ausrichten wird.

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Scharapowa hatte nach ihrem Sieg in der Runde zuvor über die Bedeutung hart umkämpfter Spiele geredet. „Ich liebe diese Herausforderung“, sagte sie, „das gehört zu den besten Dingen im Sport. Nichts bringt mir mehr Vergnügen, und ich glaube nicht, dass irgendwas anderes im Leben da mithalten kann.“ Man könnte das auch erkennen, wenn sie keine Geräusche von sich gäbe; die Intensität, mit der sie nach wie vor um jeden Punkt spielt, müsste Hochspannungsmasten vor Neid zittern lassen.

Nach ihrer Definition erlebte sie im großen Stadion einen fantastischen Nachmittag und ein weiterer steht ihr Donnerstag im Halbfinale gegen Eugenie Bouchard bevor. Es gibt sicher viele Leute, die überrascht sind, wie schnell es mit der 20 Jahre alten Kanadierin aufwärts geht, die in Melbourne bei den Australian Open bereits im Halbfinale spielte und sehr bald unter den Top Ten landen wird. Sie selbst ist es nicht. „Ich erwarte immer viel von mir“, sagt sie, und es sieht so aus, als mache sie sich mit ihrer ebenso kühlen wie selbstbewussten Herangehensweise an ihren Job nicht überall Freunde. Sie weiß, was man über sie sagt, und es ist ihr völlig egal. Ihre Antwort: „Ich denke nicht, dass die Tennistour dazu da ist, um Freunde zu finden. Mir geht’s hier nur um den Wettbewerb.“

Eine Initiative zum Schutz der Ohren

Es ist ein kühler Wind, der da aus Kanada herüberweht, und natürlich fällt einem dazu als Vergleich die junge Scharapowa ein. Deren Einstellung zu zwischenmenschliche Beziehung in der Arbeitswelt passt perfekt zu der Bouchards: „Ich war nie hier, um Freunde zu finden“, sagt sie, „vom ersten Tag an nicht.“ Allerdings bezieht sich das wohl nur auf den Umgang mit Konkurrentinnen, nicht auf Kollegen – andernfalls wäre sie nicht seit über einem Jahr mit dem Bulgaren Grigor Dimitrov zusammen.

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Scharapowa, die den Titel in Paris vor zwei Jahren gewann und im vergangenen im Finale gegen Serena Williams verlor, ist auf dem besten Weg zum dritten Endspiel in Folge. Früher behauptete sie mal, dass sie sich auf rotem Sand bewege wie eine Kuh auf dem Eis, aber mittlerweile kommt sie auf keinem Untergrund besser zurecht. In den vergangenen drei Jahren verlor sie nur vier Spiele auf Sand, drei gegen Williams, eines gegen Ana Ivanovic. Die beiden anderen Halbfinalistinnen werden in den Begegnungen von Andrea Petkovic und Sara Errani und Simona Halep gegen Swetlana Kusnezowa ermittelt.

Aber um noch mal ganz kurz auf die Geräusche zurückzukommen: Die Frauentennis-Vereinigung WTA hat eine Initiative gestartet, bei der junge Spielerinnen von ohrenschonenderem Einsatz überzeugt werden sollen. Eugenie Bouchard, das zur Erleichterung, spielt beinahe still.