Essen. . Von Sprockhövel in den Ski-Weltcup - Florian Preuss weiß, wie's funktioniert. Der 21-Jährige aus NRW stand mit 18 Monaten zum ersten Mal auf Brettern und fährt in dieser Saison seine ersten Weltcups im Slopestyle.
Florian Preuss mag seine Heimat. Trotz dieses einen Makels: In Sprockhövel gibt’s keinen Skilift. „Leider war ich deswegen seit Oktober nur zwei Wochen zu Hause“, sagt er. Kichernd. Er kann es gut verschmerzen.
Neuseeland, USA, Österreich, Schweiz – Florian Preuss hat in diesem Winter gute Gründe, sich fernab der Heimat in NRW aufzuhalten. Seit dieser Saison gehört er zum Leistungskader des Deutschen Skiverbandes. Er ist einer der besten Freestyler auf Skiern in Deutschland. Aus Sprockhövel. Eine Kombination, die in etwa so selten sein dürfte wie Beachvolleyballer aus Sibirien. Von seinen Teamkollegen wird er manchmal belächelt. Wegen des Dialekts. Und weil er nicht immer alles versteht, was die anderen plaudern. Ruhrpottschnauze ist eben selten im Ski-Zirkus. „Ist doch klar, dass man sich deswegen mal was anhören muss“, sagt Preuss, locker, fröhlich, eben so, wie er ist, ungekünstelt. Trotz dieser vielen, neuen Eindrücke: In diesem Winter fährt der 21-Jährige seine ersten Weltcups.
Oder besser: Er fliegt sie.
Das Risiko fährt mit
Denn Preuss fährt Slopestyle. Eine Form des Skisports, bei dem das Wedeln auf dem Schnee wesentlich nebensächlicher ist als möglichst halsbrecherische Sprünge oder das Gleiten auf Eisenstangen. „Switch double cork 1080“ heißt zum Beispiel einer seiner Tricks., und jeder Ausdruck in diesem Namen bedeutet zwei bis drei Drehungen um irgendeine Körperachse. Ein gewisses Risiko fährt dabei natürlich mit. Knieverletzungen seien nicht selten, sagt Preuss. In Copper, bei seinem zweiten Weltcup-Start, verlor er mitten im Sprung einen Ski. „Aber ich hatte bisher immer Glück“, sagt Preuss. Ein paar „kleinere Sachen“, mehr habe er bisher nicht abbekommen in seiner Karriere.
Und Karriere bedeutet ist in diesem Fall sein ganzes Leben. „Mit 18 Monaten habe ich zum ersten Mal auf Brettern gestanden“, sagt Preuss, der zeitgleich mit der Geburtsurkunde auch die Mitgliedschaft im Ski-Club Sprockhövel bekam. Opa, Vater, Mutter – allesamt Vereinsmitglieder, zum Teil sogar Gründer des Klubs. Drei- bis viermal im Jahr ging es als Kind in den Pistenurlaub. Mit 15 gab’s die ersten Trickski, im selben Jahr den ersten Freestyle-Contest in Winterberg, eigentlich nur aus Spaß. Preuss wurde Zweiter. „Danach wollte ich nie wieder was anderes.“, sagt Preuss.
Bis zu dieser Saison folgten größere und kleinere Erfolge auf Amateur-Wettkämpfen. Mal einen dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften, mal den Gewinn einer ganzen Amateur-Serie. Der Sprung ins Weltcup-Lager aber sei ein großer gewesen. „Das Niveau hier ist abartig hoch“, meint Preuss, „wenn du hier was holen willst, musst du schon zwei ganz saubere Läufe hinlegen“.
Für Sotschi reicht es nicht
Einer dieser sauberen Läufe gelang ihm am vergangenen Wochenende beim Weltcup im schweizerischen Gstaad. „Leider habe ich von der Jury nicht so viele Punkte dafür bekommen, wie ich mir erhofft habe.“ Er verfehlte das Finale um drei Plätze, damit auch die letzte Chance auf ein Olympia-Ticket. „Für Sotschi hätte ich ohnehin sehr viel Glück gebraucht“, meint Preuss. Er freut sich trotzdem auf die Winterspiele, die ersten, bei denen Slopestyle im Programm zu finden ist.
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Mitfliegen wird er nicht. Nur am TV mit den DSV-Kollegen mitfiebern, wie mit Lisa Zimmermann, die in Gstaad als erste Deutsche einen Welttcupsieg im Slopestyle holte, für die sich Preuss "tierisch" freute. „Wenn man in der Saison so viel zusammen rumreist, ist das ein bisschen so wie in einer Familie“, meint Preuss. Zu Hause wartet außerdem nicht nur Olympia im Fernsehen, sondern auch studentische Pflicht. Maschinenbau an der Bochumer Ruhr-Universität, 5. Semester. Er habe noch keine Klausur verhauen, sagt Preuss, obwohl das Studium in den Wintermonaten praktisch immer ruhe. „Effizientes Studieren“ heißt das bei Preuss. „Und ich habe ein paar sehr nette Mitstudenten.“
Eine längere Zeit Heimaturlaub gibt’s zwischen Mai und August. Drei Monate ohne Bretter unter den Schuhen. „Das braucht man dann auch mal“, sagt Preuss. „Man muss neue Motivation finden und die ganzen Wehwehchen loswerden, die sich angesammelt haben.“ Ersatzweise gibt’s dann ein paar Matches auf dem Tennisplatz. Oder ein paar Einheiten auf dem großen Trampolin im heimischen Garten.
Zukunft des Slopestyle ungewiss
Und die langfristigen Ziele? Olympia 2018? „Wir haben alle keine Ahnung, was bis dahin mit dem Sport passiert“, sagt Preuss. „Sotschi ist für uns eine große Sache. Jeder Athlet kann dir genau sagen, was er jeden Tag bis dahin macht. Für die Tage danach hat aber noch keiner so richtig einen Plan.“ Aber natürlich, wenn es dazu kommt, sei das nächste Olympia eine schöne Sache.
Fest eingeplant sind bis jetzt erst einmal nur die Sommermonate in Sprockhövel. Und offenbar auch weitere Hänseleien der Teamkollegen im nächsten Winter. Denn: „Weltcups will ich auf jeden Fall wieder fahren.“