Essen. Deutsche Sportler kommen in Olympia-Form. Bei den Weltcups drehen sie auf. Auf der Piste, in der Loipe und in der Rinne. Wir stellen die Sieger des Wochenendes vor und geben eine Einschätzung für die Chancen auf olympisches Edelmetall.

Als Michael Vesper, der Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes, vor einer Woche das Ziel der deutschen Olympia-Mannschaft für die Winterspiele in Sotschi formulierte, klang die Vorgabe von 30 Medaillen ziemlich vermessen. Aber je näher die Spiele am Schwarzen Meer rücken, desto besser kommen die deutschen Hoffnungsträger in Form. An diesem Wochenende zauberten die deutschen Wintersportler die beste Bilanz in die Pisten, Loipen und Eisrinnen. Wir stellen die Sieger vor und schätzen ihre Chancen für den Ernstfall in Sotschi ein.

Andrea Henkel:

Die Biathleten sind trotz des Rücktritts von Everybody’s Darling Magdalena Neuner immer noch des Deutschen liebste Wintersportler. Millionen verfolgen am Fernseher gebannt die Wettbewerbe. Zuletzt half das Daumendrücken wenig. Doch jetzt läuft es besser. Andrea Henkel, die schon in zwei verschiedenen Jahrtausenden Weltcup-Siege einheimste, triumphierte in Antholz nach Platz zwei im Sprint im Verfolgungsrennen. Die 36-Jährige hat bei Olympia vier Medaillen, davon zwei in Gold, gewonnen. Henkel ist auch in Sotschi für einen Platz auf dem Podium gut. In Antholz hat sie sich beim Schießen viel Zeit gelassen und vermied im Gegensatz zu ihren Konkurrentinnen Strafrunden. Bei Olympia wird dies nicht reichen, da muss die Form auch in der Loipe stimmen. Das weiß auch Henkel.

Simon Schempp:

Der 25-Jährige erreichte als Ex-Freund von Miriam Gössner bisher mehr Medien-Aufmerksamkeit als durch große Erfolge im Biathlon, obwohl er bei Weltmeisterschaften immerhin schon drei Staffel-Medaillen holte. In Antholz ließ er mit einem Doppelschlag aufhorchen. Sowohl im Sprint als auch in der Verfolgung zeigte er große Nervenstärke und hängte die Konkurrenz ab. Sein Medaillenpotenzial für Sotschi? Wenn er so auftritt wie in Antholz, könnte er für eine Überraschung bei Olympia sorgen. Allerdings sind dann auch die norwegischen Topstars Emil-Heggle Svendsen und die beiden Böe-Bruder am Start.

Lisa Zimmermann:

Die 17-Jährige schrieb deutsche Ski-Geschichte. Die Freestylerin gewann als erste Deutsche am Samstag in Gstaad einen Slopestyle-Weltcup. In der Szene war sie auch vorher schon eine große Nummer: Die frühere Eiskunstläuferin ist die erste Frau mit einem Double Cork 1260. Das ist eine Höchstschwierigkeit mit doppelter Überkopfdrehung und dreieinhalb Schrauben. Der Freestylerin ist bei Olympia alles zuzutrauen: Sie ist nicht nur auf Ski cool.

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Eric Frenzel:

Der 25-Jährige machte seiner Lebenspartnerin Laura und seinem siebenjährigen Sohn Philipp am Wochenende ein besonderes Geschenk. Für seine drei Siege in drei Tagen in Seefeld kassierte der Oberwiesenthaler Eric Frenzel 30.000 Euro. Eine gigantische Summe für einen Nordischen Kombinierer, die seine kleine Familie gut gebrauchen kann. „Was habt ihr da für einen Typen?“, fragte sein norwegischer Konkurrent Magnus Moan rhetorisch, denn er kennt den zweimaligen Weltmeister natürlich gut. In dieser Form kann sich Frenzel in Sotschi nur selbst schlagen. Das weiß auch Bundestrainer Hermann Weinbuch: „Es sieht alles locker aus, aber er muss jetzt regenerieren.“

Natalie Geisenberger:

Die 25-Jährige ist bei den Winterspielen im Kaukasus eine der größten Favoritinnen. Nicht nur im deutschen Team. Von acht Rodel-Weltcups gewann sie sieben. Nur wenn die russischen Bahnbauer für sie eine Extrakurve einbauen würden, wäre sie wohl zu stoppen. Und eine Warnung an die Konkurrenz hat sie auch noch: „Ich möchte mich athletisch auf 102 Prozent bringen.“

Felix Loch:

Die Bahn in Sotschi könnte für das deutsche Team zur Gold-Rinne werden. Wie Geisenberger geht auch Felix Loch bei den Mänern und Tobias Wendl/Tobias Arlt im Doppelsitzer mit den klar besten Aussichten an den Start. Von Druck will Loch nichts wissen: „Damit bin ich in den vergangenen Jahren sehr, sehr gut umgegangen.“

Andreas Wellinger:

Der 18-Jährige beeindruckte am Donnerstag beim Skisprung-Weltcup in Polen mit seinem Sieg. Drei Tage später wollte er sein ohnehin großes Selbstvertrauen weiter steigern. Nach langer Unterbrechung stürzte er auf regennasser Anlaufspur ab und wurde Letzter: „Ich hatte das Gefühl, in der Spur kleben zu bleiben und habe keine Chance gehabt“, sagte Wellinger, der in Sotschi auf mehr Glück hofft. Dann ist alles drin.