Essen. . Die beiden Schwergewichts-Weltmeister Wladimir Klitschko und Alexander Powetkin treffen am Samstag in Moskau aufeinander. Bei dem Kampf geht es um eine Börse von 18 Millionen Euro. Powetkin hat bisher alle Profikämpfe gewonnen. Favorit ist er aber nicht.
Alexander Powetkin hat sich jahrelang in der deutschen Provinz durchgeschlagen. Er hat in Kempten geboxt, in Oldenburg, Wetzlar und Rostock. Ein Bär von einem Mann, wenn er die Stufen zum Ring hochkletterte. Aber wenn er dann seinen Bademantel auszog, fiel zuerst sein Babyspeck auf. Dazu sein schüchterner Blick. Im Gesamteindruck war Powetkin weniger ein Grizzly, sondern eher der kleine Bruder von Bambi.
Dieser kleine Bruder von Bambi ist erwachsen geworden und trifft am Samstag in Moskau (RTL, 20.15 Uhr wegen der Zeitverschiebung) auf Wladimir Klitschko, den zur Zeit besten Schwergewichts-Boxer der Welt. Es ist der höchstdotierte Kampf, der je in Europa stattgefunden hat. Es geht um eine Börse von 18 Millionen Euro, die ein russischer Oligarch zahlt. Knapp 14 Millionen für Klitschko, der Rest gehört Powetkin.
Zweimal fiel der Kampf aus
Dessen Kindergesicht hat in den Wanderjahren auf dem Weg zum großen Kampf in Moskau gelitten, das Box-Schicksal hat Autogramme in Form von Narben und Schrammen hineingeritzt, obwohl Powetkin mit 34 Jahren seine bisher 26 Profikämpfe allesamt gewonnen hat.
Box-Profis im Schwergewicht werfen eben nicht mit Wattebäuschchen, auch nicht Powetkin. Er siegte sich in seiner langen Laufbahn durch die Provinz, gewann gegen Fallobst, gegen alternde Hasen, die schon Pfeffer und Salz in den Bärten trugen, und auf einmal war er Weltmeister.
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Vor zwei Jahren besiegte er Ruslan Chagaev, der seine besten Zeiten lange hinter sich hatte, nach Punkten und holte sich damit den WM-Titel nach WBA-Version.
Zweimal sollte er schon gegen Klitschko antreten. Einmal stoppte ihn eine Fußverletzung, einmal war es eine dubiose Begründung, die niemand verstand. „So genau weiß ich auch nicht, warum wir nicht gekämpft haben“, sagt Powetkin zu dem ausgefallenen Kampf.
Es waren: verbotene Hiebe. Powetkin ist Russe, Klitschko Ukrainer. Das Duell ist politisch aufgeheizt, damals liefen die diplomatischen Drähte heiß. Diesmal hat es geklappt, und der russische Präsident Wladimir Putin hat sich einen Platz am Ring reserviert. Er ist Fan von Powetkin. Und genau deshalb vermutet Vitali Klitschko, der große Bruder von Wladimir: „Putin kommt nicht. Für die Russen ist sportlicher Erfolg ein Zeichen an die Welt, zu den Stärksten zu gehören. Er wird nicht gerne dabei sein, wenn sein Schützling verliert.“
Zumal es Wladimir Klitschko in den vergangenen Wochen permanent in zwei Versionen gibt. Entweder er geht zum Training. Oder er kommt vom Training. Mit 37 Jahren ist der jüngere der beiden Box-Brüder in blendender Form. Körperlich und mental. Beim Abschlusstraining von Powetkin tauchte er plötzlich unangemeldet auf, setzte sich auf die Ringkante und schaute seinem Gegner lächelnd zu.
Die Prognose von George Foreman
Powetkin wirkte verunsichert. Die übertragenden Fernsehsender übersehen solche Details manchmal gerne, sie blasen den Kampf zum Mega-Fight auf. Doch im Hintergrund sind sich die Box-Experten einig: Powetkin hat eine ähnlich schlechte Perspektive wie die griechische Volkswirtschaft.
George Foreman, der mit seiner Niederlage gegen Muhammad Ali 1974 in Zaire Boxgeschichte schrieb, betont zwar: „Es besteht die Chance, dass Klitschko kalt erwischt wird.“ Aber Foreman wurde von einem der Fernsehsender als Experte eingeflogen und hält die Spannung hoch. Richtig ist: Powetkin sitzt an diesem Abend zwar an der Tafel der Großen und darf auch von einem Tellerchen naschen. Doch wenn alles normal läuft, wird er nach diesem Abend doch wieder am Katzentisch der Box-Geschichte Platz nehmen müssen.