München. Nach der Niederlage bei der Vergabe der Olympischen Spiele 2020 gegen Tokio ist Istanbul ein großer Favorit auf die Ausrichtung der Halbfinals und des Endspiels der Fußball-EM 2020. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hält seine Bewerbung für die EURO 2020 in vollumfänglich aufrecht. Ein EM-Endspiel in München ist damit weiter möglich.

Die deutschen Fußball-Fans können weiter von einem EM-Finale 2020 in der Münchner Allianz Arena träumen: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hält die Option auf die Ausrichtung des Endspiels bei der paneuropäischen EM-Endrunde in sieben Jahren mit der bayerischen Landeshauptstadt als Austragungsstätte aufrecht, auch wenn Istanbul bei der Olympia-Vergabe für dasselbe Jahr am Samstagabend leer ausgegangen ist. Die Türkei galt bislang als großer Favorit auf die EURO-Gastgeberrolle 2020.

Eine Option der deutschen Bewerbung mit München umfasst drei Gruppenspiele und eine Begegnung der K.o.-Runde (Achtel- oder Viertelfinale), das zweite Paket beinhaltet die beiden Halbfinals und das Endspiel. München war schon Austragungsstätte des WM-Endspiels 1974 (Deutschland-Niederlande 2:1). "Die Tatsache, dass Istanbul nicht die Olympischen Spiele 2020 bekommen hat, heißt im Umkehrschluss nicht automatisch, dass sie das Finalpaket für die EM 2020 bekommen. Wir haben deshalb immer gesagt, dass wir uns alle Optionen offenhalten", sagte Helmut Sandrock der Tageszeitung Die Welt (Montag-Ausgabe).

Deutschland an Fußball-EM 2024 interessiert

Er glaube, dass "Istanbul schon sehr auf die Karte 'Olympia' gesetzt hat", betonte Sandrock. Nun müsse abgewartet werden, ob die Türken wirklich das EM-Endspiel wollten: "Die Enttäuschung dort wird sicher groß sein. Bislang liegt nach meinem Kenntnisstand noch keine Bewerbung der Türkei bei der UEFA vor." Eine weitere Option für den DFB wäre die EURO 2024. "Wir haben grundsätzlich Interesse an der EM 2024, dabei bleibt es", sagte der DFB-'General'.

Im Frühjahr 2014 wird dem Münchner Stadtrat die internationale Bewerbung vorgelegt. Im September 2014 schließlich wird die Europäische Fußball-Union (UEFA) die 13 Ausrichterverbände und Ausrichterstädte bekannt geben.

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Zwar hatte der DFB zuletzt immer wieder betont, auf eine Kampfkandidatur gegen die Türkei bei der EM 2020 zu verzichten. Da aber die Entscheidung über die EM-Gastgeberrolle erst im September 2014 fällt, wird sich der DFB weiterhin sowohl mit dem Paket für drei Vorrundenpartien und ein Viertelfinale als auch im zweiten Szenario um beide Halbfinals und das Endspiel bewerben.

Aufgrund der jüngsten politisch motivierten Unruhen in der Türkei gibt es offenbar auch bei der UEFA Zweifel, ob die Türkei der richtige Gastgeber für die EM 2020 sein würde. Bei der Vergabe der EURO 2016 war die Türkei knapp gegen Frankreich gescheitert. Am Samstag hatte Istanbul bei der Vergabe der Olympischen Spiele 2020 im Duell gegen Tokio den Kürzeren gezogen; Madrid war bereits zuvor gescheitert. (sid)

Japan berauscht von Triumph bei Vergabe von Olympia 2020 

Japans Premierminister Shinzo Abe weinte spontan, in der Heimat lenkte Tokios zweiter Olympiasieg nach 1964 zumindest kurz von den gravierenden Problemen um die Reaktorruine in Fukushima ab. Der 60:36-Sieg der 35-Millionen-Metropole im Wahlfinale gegen Istanbul belohnte die aufstrebende Sportmacht Asien mit dem nächsten Milliardengewinn Olympia 2020 - und stürzte das IOC in Erklärungsnot. "Ich bin überwältigt. Wir brauchen Träume und Hoffnung, um unseren Wiederaufbau voranzutreiben", erklärte Abe in Buenos Aires. "Die Freude war größer als bei meinem eigenen Wahlsieg."

Die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) verkauften den Zuschlag für Tokio als Entscheidung für Sicherheit, Tradition und Stabilität. In Wahrheit aber haben sie ihr Schicksal und das ihrer Athleten mit einem schwerbeschädigten Atomreaktor verknüpft. Seit der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe am 11. März 2011 reißen die Hiobsbotschaften aus Fukushima nicht ab. In der Vorwoche wurde dort sogar ein Strahlenrekordwert gemessen, der für Menschen ohne Schutzanzug innerhalb von vier Stunden tödlich ist. Nuklearverseuchtes Wasser aus undichten Kühltanks sickert in den Pazifik, weitere Lecks werden befürchtet.

Tokio feiert Olympiasieg trotz Fukushima-Krise

250 Kilometer weiter südlich in Tokio sei das Leben normal und "alles unter Kontrolle", versicherte Abe, der nach einer 16-stündigen Anreise direkt vom G-20-Gipfel aus St. Petersburg seinen Auftrag als Krisenmanager erfüllte. Das gefährdete Gebiet in Fukushima würde sich auf eine Fläche von 0,3 Quadratkilometer beschränken und die sei abgesichert. Laut Tokios Gouverneur Naoki Inose werde der olympische Fackellauf durch das betroffene Gebiet führen.

Für die vermeintlich verantwortungsbewussten Olympier schien der Nuklearunfall weniger bedrohlich zu sein als die spanische Wirtschaftskrise und Arbeitslosenquote von 26,3 Prozent, die Madrids dritte Kandidatur belastete. Auch Istanbul, gehandicapt durch die kritische innenpolitische Lage in der Türkei und die Nähe zum Bürgerkrieg im benachbarten Syrien, war chancenlos. Madrid scheiterte nach einer Stichwahl mit dem Mitstreiter vom Bosporus - beide Bewerber hatten je 26 Stimmen - überraschend in Runde eins. Ministerpräsident Mariano Rajoy betonte: "Das Resultat gefällt uns nicht. Aber so ist das Leben. Im Sport verliert man mal und mal gewinnt man." Kronprinz Felipe sagte, er sei "unendlich traurig". Der Thronfolger forderte die Spanier aber auf, den Mut nicht zu verlieren.

"Glückwunsch an Tokio. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Freunde ausgezeichnete Spiele ausrichten werden", sagte IOC-Präsident Jacques Rogge bei der Unterzeichnung des Veranstaltervertrages drei Tage vor dem Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit. Nach den drohenden Problem-Spielen 2014 in Sotschi und 2016 in Rio habe es eine große Rolle gespielt, dass Tokio "sichere Spiele" abliefern könne, räumte IOC-Vize Craig Reedie ein.

"Entdecke das Morgen" war der Slogan der Japaner, die bei ihrer zweiten Bewerbung auf ein kompaktes Konzept in zwei Zonen setzten. 85 Prozent der Wettkampfstätten liegen in einem Radius von nur acht Kilometern zum olympischen Dorf. "Tokio ist der richtige Partner zur richtigen Zeit", sagte Japans IOC-Mitglied Tsunekazu Takeda zu seinen Kollegen in der argentinischen Hauptstadt.

Wirstchaftliches Expansionsdenken beim IOC

Im 18 400 Kilometer entfernten Tokio wirkte die positive Nachricht um 05.20 Uhr Ortszeit am Sonntagmorgen wie ein Mutmacher für die krisenerprobten Bürger. Im Vergnügungsviertel Shibuya skandierten Tausende "Nippon! Nippon!" - "Japan, Japan". Das Massenblatt "Asahi Shimbun" feierte den erfreulichen Anlass mit einer Sonderausgabe.

Japans Kapitale darf als fünfte Stadt in der olympischen Geschichte nach Athen (1896/2004), Paris (1900/1924), London (1908/1948/2012) und Los Angeles (1932/1984) zum zweiten Mal das Ringe-Spektakel ausrichten. "Das war eine Grundsatzentscheidung für Tradition und Stabilität und gegen den Aufbruch zu neuen Ufern", sagte IOC-Vize Thomas Bach.

Tatsächlich ist das Ja zu Tokio nur zwei Jahre nach den Winterspielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang ein weiterer Beleg für das wirtschaftliche Expansionsdenken des IOC. Tokio 2020 versprach die höchsten Prime-Time-Einschaltquoten der olympischen TV-Geschichte und den größten Ticketmarkt der Welt - der bevölkerungsreichste Kontinent der Welt macht's möglich. Istanbuls Plädoyer für eine Olympia-Premiere in der muslimischen Welt wurde auch beim fünften Anlauf nicht erhört.

Kandidatur von München für Olympia 2022

Dafür ist der Schmelztiegel zwischen Orient und Okzident jetzt Favorit auf die Ausrichtung der Halbfinals und des Endspiels der Fußball-EM 2020. Der Deutsche Fußball-Bund hatte schon zuvor angekündigt, eine eigene Final-Bewerbung mit dem Spielort München zugunsten der Türken zurückzuziehen und sich nur um Gruppenspiele und ein K.o.-Duell zu bemühen - wenn Istanbul denn die Finalspiele haben will.

Für eine eventuelle Münchner Kandidatur um die Winterspiele 2022 hat der Erfolg Tokios dagegen keine Konsequenzen. Die nötigen Vorarbeiten für einen weiteren Versuch laufen längst parallel. Schon seit Monaten finden regelmäßig Koordinierungssitzungen statt. Auch das Architektenbüro Albert Speer und Partner, bereits bei der ersten Bewerbung dabei, ist längst wieder aktiv.

Nach der Landtagswahl am 15. September in Bayern und der Bundestagswahl eine Woche später ist nach dpa-Informationen am 30. September in München eine Konferenz mit allen Mitgliedsorganisationen angesetzt, auf der das überarbeitete Sportstättenkonzept präsentiert wird. Biathlon und die Nordischen Kombination sollen in Ruhpolding stattfinden, die Langlauf-Wettbewerbe in Reit im Winkl. Die Bürgerbegehren sind für den 10. Novemmber terminiert. Bis zum 14. November müssen die Kandidatur und eine erste Gebühr beim IOC eingereicht werden. (dpa)

Die Stimmenverteilung bei der Vergabe von Olympia 2020 

Tokio hat die Wahl des Austragungsortes der Olympischen Spiele 2022 gegen Istanbul deutlich für sich entschieden. Die japanische Hauptstadt setzte sich bei der 125. IOC-Session in Buenos Aires im zweiten und entscheidenden Wahlgang gegen die Türken mit 60:36 Stimmen bei einer Enthaltung durch. Im ersten Wahlgang war Madrid in einer Stichwahl an Istanbul gescheitert.

Das Ergebnis in der Übersicht:

1. Wahlgang: Tokio: 42 Stimmen, Istanbul: 26, Madrid: 26

Stichwahl: Istanbul: 49, Madrid 45

2. Wahlgang: Tokio: 60, Istanbul: 36 (sid)