München. Erstmals nach Bekanntwerden der Steueraffäre von Präsident Uli Hoeneß kommt am Montag der Aufsichtsrat des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München zusammen. Hoeneß, der auch Vorsitzender des Gremiums ist, muss seine acht Kollegen überzeugen, dass er zumindest bis nach dem Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund am 25. Mai an der Spitze des Aufsichtsrats bleiben kann und erst danach bis zur Klärung der Affäre die Ämter ruhen lässt.

Uli Hoeneß war beim FC Bayern immer die Abteilung Attacke, jetzt muss der mächtige Präsident und Aufsichtsratsboss ausnahmsweise eine erfolgreiche Verteidigungsstrategie finden. Zwei Wochen nach Bekanntwerden seiner Steuersünde wird der 61-Jährige am Montag vor allem die Sponsorenvertreter unter seinen acht Kollegen im Aufsichtsrat des Fußball-Rekordmeisters überzeugen müssen, dass er an der Spitze des Gremiums bleiben kann - zumindest vorerst.

Das deutsche Champions-League-Finale zwischen den Bayern und dem nationalen Rivalen Borussia Dortmund verleiht der Causa Hoeneß vor der heiklen Zusammenkunft zusätzliche Brisanz. Denn der Schöpfer und Macher des deutschen Fußball-Branchenführers will den möglichen Triumph am 25. Mai im Wembleystadion unbedingt in Amt und Würden erleben, wie er bei seiner öffentlichen Interview-Beichte in der "Zeit" offenbarte: "Auf keinen Fall werde ich vor dem Finale der Champions League zurücktreten", erklärte "Mr. Bayern München".

Wie reagiert Hoeneß vor dem Aufsichtsrat?

Indirekt beinhaltet die Hoeneß-Aussage eine Kompromisslösung, die dem Vernehmen nach auch von den Großsponsoren im Aufsichtsgremium erwogen oder sogar angestrebt wird. Die Vorstandsbosse von Audi (Rupert Stadler) und Adidas (Herbert Hainer), deren Unternehmen jeweils mit 9,1 Prozent Anteilseigner an der FC Bayern München AG sind, wollen ebenso wie Timotheus Höttges vom Hauptsponsor Telekom und VW-Chef Martin Winterkorn in Zeiten verschärfter Regeln für saubere Unternehmensführung Schaden von ihren Firmen fernhalten.

Auch interessant

Die Manager schätzen Hoeneß, sie bewundern seine Lebensleistung für den FC Bayern. Sie dürften Hoeneß kaum zu einem sofortigen Rückzug drängen. "Der Einzige, der diese Entscheidung treffen kann, ist Uli selbst", sagte Franz Beckenbauer am Sonntagabend im TV-Sender Sky. "Es wird keiner von den Aufsichtsräten die Stimme erheben und etwas Negatives sagen. Dazu haben sie viel zu viel Respekt vor Uli", fügte der Bayern-Ehrenpräsident hinzu.

Naheliegender erscheint die Option, die von Hoeneß mindestens erhoffte Schonfrist bis Wembley zu gewähren. Der Vereinspatron könnte seine Ämter nach dem Finale gegen Dortmund oder spätestens nach dem DFB-Pokal-Endspiel am 1. Juni gegen den VfB Stuttgart bis zur Klärung seines Steuerfalls ruhen lassen.

Beckenbauer will nicht als Interimslösung einspringen

Als Interimslösung wurde bereits Beckenbauer gehandelt. Der aber will wohl nicht. "Ich habe mir da noch nicht eine Sekunde Gedanken drüber gemacht. Also stünde ich nicht bereit", sagte Beckenbauer. Er könne sich den FC Bayern ohnehin nicht ohne Hoeneß vorstellen. Sollte es zur Anklage kommen, dürfte Hoeneß aber nicht zu halten sein. Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber würde nach Informationen der Abendzeitung München beide Ämter beim FC Bayern übernehmen.

Auch interessant

Die Situation ist heikel, zumal Hoeneß auch als Bauchmensch bekannt ist. "In so einer Situation ist man natürlich leicht geneigt, emotional zu reagieren", antwortete er in der "Zeit" auf die Frage nach seiner Zukunft beim FC Bayern. Den 61-Jährigen hatte es sehr getroffen, wie schnell sich Politiker, angefangen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), von ihm abgewendet haben. Vom Aufsichtsrat des Clubs wird er sich mehr Loyalität und Unterstützung erhoffen.

In dem Führungsgremium kann er auf langwierige Weggefährten wie den früheren Finanzvorstand und jetzigen Vizepräsidenten Karl Hopfner bauen, der bei Fußballspielen neben ihm auf der Tribüne sitzt. Der langjährige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) war Hoeneß' Sitznachbar beim Bankett nach dem 3:0-Erfolg in Barcelona. Man unterhielt sich angeregt. Herausgeber Helmut Markwort, dessen Magazin "Focus" den Steuerfall publik gemacht hatte, fühlt sich Hoeneß "freundschaftlich verbunden", wie er früher bemerkte. Außerdem gehört noch Dieter Rampl von der UniCredit Group dem Aufsichtsrat an.

Rummenigge kann sich Bayern München ohne Uli Hoeneß nicht vorstellen

Auch interessant

Adidas-Chef Hainer ermahnte Medien und Öffentlichkeit, nicht den Fehler zu machen, "Uli Hoeneß vorzuverurteilen". Hilfreich für den Präsidenten könnte sein, dass der stellvertretende Aufsichtsratschef Hainer versicherte, dass der Millionen-Kredit des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus nicht in Zusammenhang mit dem Einstieg des Sportartikelherstellers als Anteilseigner der FC Bayern AG im Jahr 2001 gestanden habe: "Wir sind da absolut sauber."

Auch Hoeneß hatte Verbindungen seines Steuerfalls zum FC Bayern kategorisch ausgeschlossen. Sein Schweizer Konto sei "ganz allein Uli Hoeneß" gewesen. Kein Sponsor hat seit Bekanntwerden der Affäre sein Engagement beim Rekordmeister infrage gestellt. "Wir sind mit der Zusammenarbeit absolut zufrieden", betonte Hainer am Freitag.

Schäuble: Hoeneß hat "mehr als großen Mist gebaut"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat den FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß wegen dessen Umgang mit der Steueraffäre kritisiert. Hoeneß habe "mehr als großen Mist gebaut" und könne sich nicht über den Umgang der Medien mit ihm beklagen, sagte der Minister der Zeitung "Bild am Sonntag". "Steuerhinterziehung ist ein strafwürdiges Unrecht", betonte Schäuble. Hoeneß hatte im Januar mit einer Selbstanzeige Steuerhinterziehung über ein Schweizer Konto eingestanden. Nach Medienberichten soll er 3,2 Millionen Euro Steuern nachgezahlt haben. In Interviews hatte er von "Riesenmist" gesprochen, zugleich aber erklärt, er sei kein schlechter Mensch.

Schäuble sagte, als jemand, der gesellschaftlich eine herausgehobene Rolle spiele und von dem es heiße, er engagiere sich stark sozial, müsse Hoeneß mehr Kritik ertragen als andere. "Und darüber kann sich Uli Hoeneß kaum beklagen." Schließlich kenne er selbst die Gesetze der Medien und habe sich in der Vergangenheit nicht durch große Zurückhaltung in der Öffentlichkeit ausgezeichnet.

Nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" streben die Anwälte von Hoeneß offenbar einen Deal mit der Staatsanwaltschaft an. Angeblich soll der Bayern-Präsident bereit sein, eine Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie die Zahlung einer hohen Strafe zu akzeptieren. Weder die Anwälte noch die Staatsanwaltschaft wollten dies der Zeitung bestätigen.

Auf den Prüfstand kommt beim Aufsichtsrat am Montag die weitere Zusammenarbeit mit dem Vereinspatron. Rücktritt, Amtspause oder ein Weiter-so lauten die Optionen. "Ich kann mir den FC Bayern ohne Uli Hoeneß gar nicht vorstellen", hatte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge zu Beginn der Steueraffäre erklärt. Denkt der Aufsichtsrat auch noch so? (dpa)