Madrid. Der frühere Radprofi Jörg Jaksche hat am Montag vor dem Höchsten Gericht in Madrid den spanischen Dopingarzt Fuentes belastet und die neben diesem angeklagten früheren Teamchefs kritisiert: “Sie ermutigten uns damals zu dopen, und jetzt beschuldigen sie uns, um sich selber zu retten.“

Italiens früherer Sprintstar Mario Cipollini soll dem Dopingarzt Eufemiano Fuentes in vier Jahren 130.000 Euro für seine Dienstleistungen gezahlt haben. Parallel zu Berichten der Tageszeitung Gazzetta dello Sport belastete Jörg Jaksche am Montag durch seine Aussagen beim Prozess in Madrid den spanischen Mediziner. Der geständige Dopingsünder attackierte gleichzeitig die zusammen mit Fuentes angeklagten früheren Radsport-Teamchefs: „Sie ermutigten uns damals zu dopen, und jetzt beschuldigen sie uns, um sich selber zu retten.“

Jaksche erklärte dem Gericht, etliche Fahrer des damaligen Teams Liberty Seguros seien seinerzeit Fuentes-Kunden gewesen, doch er könne nicht genau sagen, wer. „Es war 2005 oder 2006, als mir Fuentes vor der Tour de France die Streckenkarte zeigte, in der eingekreist war, wo Bluttransfusionen geplant waren. Und vor lauter Kreisen sah man fast keine Karte mehr.“

"Das ist eben Spanien..."

Offenbar war es Usus, dass Fuentes mit Behandlungen eingriff, wenn die Leistung nicht kam. Laut Jaksche war Ende 2005 ein Topfahrer zu seinem Team gestoßen, aber die von ihm erhofften Ergebnisse seien ausgeblieben. „Fuentes sagte mir damals, mein Boss (Manolo Saiz, die Redaktion) sei deswegen auf ihn zugekommen.“ Im gleichen Jahr sei die Zusammenarbeit zwischen dem Rennstall und Fuentes beendet worden. Doch den Fahrern habe man freigestellt, sich individuell von dem umstrittenen Arzt behandeln zu lassen.

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Jaksche hatte schon vor seiner Aussage den zuständigen Behörden fehlenden Aufklärungswillen vorgeworfen. „Der Auftrag der Richterin ist festzustellen, ob Fuentes die Gesundheit seiner Klienten gefährdet hat. Sie verweigert aber, diese zusätzlichen Klienten - sprich: Zeugen - anzuhören. Das ist eben Spanien ...“, sagte der 36-Jährige im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung. Jaksche unterstellt Justiz und Sport in Spanien mangelndes Interesse daran, weitere Sportarten zu belangen. „Dass der Fußball tief mit drinsteckt, aber gedeckt wird, sollte jedem klar sein“, sagte er, und: „Manche Sportarten wie Tennis, Schwimmen und Fußball haben Dopingtests, die eher an einen Schulaufsatz der ersten Klasse erinnern.“

„Im Moment wird am Ende der Dopingkette bestraft"

Gegen Ärzte und andere Hintermänner vorzugehen, sei grundsätzlich der richtige Weg: „Im Moment wird am Ende der Dopingkette bestraft, nämlich der Endkonsument, der Sportler. Der richtige Schachzug wäre es, wie bei Drogendelikten den Versorger, Dealer oder Arzt hart zu belangen.“ Cipollini (45) zählte laut Angaben des Gazzetta dello Sport 2001 zu den ersten Kunden des Spaniers und sei von diesem bis 2004 behandelt worden. Die Gazzetta publizierte Tabellen mit den Anweisungen des Arztes zur Einnahme von Dopingsubstanzen. Darauf sei auch die Telefonnummer Cipollinis in der toskanischen Stadt Lucca angegeben.

Die Antidoping-Ermittler von Italiens Nationalem Olympischen Komitee CONI wollen von den spanischen Justizbehörden Dokumente anfordern und Cipollini damit konfrontieren. Italiens Radsportverband will laut Präsident Renato Di Rocco als Zivilkläger bei einem möglichen Doping-Prozess gegen Cipollini aufzutreten. Er versicherte: „Wir geben jährlich eine Million Euro für Antidoping-Tests aus. Damit wollen wir die Glaubwürdigkeit des italienischen Radsports aufbauen. Die Kontrollen sind viel schärfer geworden.“

Auch Contador wird aussagen

Der zweimalige Tour-Sieger Alberto Contador wird am 22. Februar als Zeuge in Madrid aussagen. Ein Sprecher des Gerichts erklärte, der Spanier werde nicht wie ursprünglich geplant per Videokonferenz vernommen. Contador war 2006 Mitglied des Liberty Seguros-Teams von Manolo Saiz, einem der Angeklagten. Der 30-Jährige war 2012 wegen der Einnahme von Clenbuterol bei der Tour de France 2010 rückwirkend für zwei Jahre gesperrt, aber ab 6. August wieder für startberechtigt erklärt worden. (sid)