Kiew. . Gegen Deutschland ließ Mario Balotelli die Muskeln spielen, sein Auftritt im EM-Endspiel war ein einziger Krampf. Der 21-Jährige, nach seinem Doppelpack im Halbfinale gegen die DFB-Auswahl noch der Held der Squadra Azzurra, war auf der größten Bühne nur ein Laiendarsteller.

Gegen Deutschland ließ Mario Balotelli die Muskeln spielen, sein Auftritt im EM-Endspiel war ein einziger Krampf. Der 21-Jährige, nach seinem Doppelpack im Halbfinale gegen die DFB-Auswahl noch der Held der Squadra Azzurra, war auf der größten Bühne nur ein Laiendarsteller. Als die Spanier nach dem Abpfiff im Kreis tanzten, stampfte er in die Kabine, von dem Betreuer, der ihn aufhalten wollte, riss er sich wütend los.

Dabei hatte er sich so viel vorgenommen: Mit seinem vierten Turniertreffer wollte Balotelli die Torjägerkrone holen, einen italienischen EM-Rekord aufstellen - und nach 44 Jahren Italien wieder den EM-Pokal schenken. „Gegen Spanien schieße ich vier Tore, nicht nur zwei“, hatte er im Vorfeld noch vollmundig angekündigt. Doch nicht einmal mit seiner Frisur fiel Balotelli im Endspiel noch auf.

Balotelli schlurfte auf den Platz

„Super Mario“ betrat wie immer als letzter Italiener den Rasen im Olympiastadion von Kiew. Betrat? Er schlurfte. Fast schien es, als müsste ihn das Kind, das er an der rechten Hand hatte, auf den Platz ziehen. Als das Spiel begann, sah es zunächst so aus, als habe Balotelli dennoch den Schwung aus dem Halbfinale mitgenommen. Schon nach 24 Sekunden konnte ihn Sergio Ramos nur mit einem Foul stoppen. Doch das war es für lange, lange Zeit. Auch, weil der im bisherigen Turnierverlauf so geniale Passgeber Andrea Pirlo gegen die stürmenden Spanier oft in der Defensive gebunden war, fehlten ihm Bälle.

„Super Mario“ Balotelli war im Finale kein Faktor.
„Super Mario“ Balotelli war im Finale kein Faktor. © Getty

Balotelli schien bald die Lust zu verlieren. Sein Aktionsradius entsprach etwa dem einer Standuhr, das „Tiki-Taka“ lief wie ein Schweizer Uhrwerk. Pirlo stemmte sich als einer der wenigen Italiener dagegen, doch im Spiel nach vorne setzte er kaum Glanzlichter. Und Balotelli? Kam zu spät gegen Pique, blieb an Sergio Ramos hängen, schlurfte und schleppte sich über den Platz. Wenn er den beiden Innenverteidigern doch mal entwischte, faustete Iker Casillas ihm den Ball vom Kopf (27.), oder Balotelli knallte den Ball gleich selbst unbedrängt weit übers spanische Tor (38.).

Schlecht platzierte Distanzschüsse

Erst gegen Ende der ersten Halbzeit beteiligte er sich mehr am Spiel, wich auf links aus - und spielte sich dort einige Male fest. Dennoch durfte er nach der Pause weiterschlurfen, der aktivere, aber wohl ausgepumpte Antonio Cassano musste für Antonio Di Natale raus (46.). Als Cesare Prandelli zum dritten Mal wechselte (57.), war klar, dass Balotelli bis zuletzt würde mitspielen dürfen. Sein Gesichtsausdruck verriet darüber kaum Freude, seinen Frust entlud er in schlecht platzierten Distanzschüssen, wie etwa in der 58. Minute. Nach dem 0:3 schaute er völlig bedröppelt drein und plusterte genervt Backen auf.

Immerhin: Er gab sich nicht völlig auf und versuchte sich mit Dribblings - doch die Magie des Halbfinals war verpufft, der übermenschliche „Hulk“ aus dem Spiel gegen Deutschland verwandelte sich - wie im gleichnamigen Comic - zurück in den biederen Doktor Bruce Banner. (sid)