Köln. Der ukrainische Box-Weltmeister Vitali Klitschko hat die westlichen Politiker aufgefordert, Appelle zum Boykott der Fußball-EM in seinem Heimatland nicht zu befolgen. Ausländische Politiker könnten darauf bestehen, bei ihren Reisen in die Ukraine politische Häftlinge zu besuchen, regte Klitschko an.
Der ukrainische Box-Weltmeister Vitali Klitschko hat die westlichen Politiker aufgefordert, Appelle zum Boykott der Fußball-EM in seinem Heimatland nicht zu befolgen und stattdessen als Zuschauer in die Stadien zu kommen. „Ihr Missfallen an der Verletzung der Menschenrechte“ könnten sie dann an Ort und Stelle „direkt gegenüber den ukrainischen Machthabern äußern“, sagte der ukrainische Oppositionspolitiker in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin FOCUS. So werde die Weltöffentlichkeit auf die Missstände in dem Land aufmerksam.
Unter anderem könnten ausländische Politiker darauf bestehen, bei ihren Reisen in die Ukraine politische Häftlinge zu besuchen, regte Klitschko an: „Das wäre auf jeden Fall effektiver, als die Fußball-EM zu boykottieren.“ Die Spiele seien ein sportliches Ereignis, auf dass sich Millionen Ukrainer freuen: „Man soll ihnen die Chance nicht nehmen, ihr Land zu präsentieren, ihre Gastfreundschaft zu zeigen und sich einfach gemeinsam mit den anderen am Fußball zu erfreuen.“
Forderung nach EM-Boykott
Wegen der Behandlung der an einem chronischen Bandscheibenvorfall leidenden, inhaftierten Ex-Ministerpräsidentin und Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko waren in den vergangenen Tagen in Deutschland wiederholt Forderungen laut geworden, die EM zu boykottieren.
Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sprach sich gegen einen politischen Boykott des Co-Gastgeberlandes aus. Der Besuch eines EM-Spiels in der Ukraine sei „eine Ehrerbietung vor allem den Spielern gegenüber - und nicht der politischen Führung des Landes“, sagte Papier in einem Interview mit der Welt am Sonntag, „die Europameisterschaft ist keine Veranstaltung eines Staates. Alles andere wäre eine völlige Verkennung des Sinns solcher Sportveranstaltungen.“
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Papier erinnert an Grundfreiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention
Papier bevorzugt vielmehr einen juristischen Weg. „Deutschland könnte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Ukraine verklagen. Dieser Weg wird wahrscheinlich deshalb nicht beschritten, weil er nicht als medienwirksam genug angesehen wird“, sagte Papier.
Der ehemals höchste Richter Deutschlands erinnerte daran, dass sich die Ukraine als Mitglied des Europarats verpflichtet habe, die Grundfreiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention zu achten. „Alle Staaten des Europarats haben eine Verantwortung dafür, dass die Bestimmungen in anderen Mitgliedstaaten eingehalten werden“, betonte Papier. Dazu gebe es die Möglichkeit der Staatenbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. (sid)