Madrid. .

Er müsste dampfen vor Glück, das Lachen müsste ihm ins Gesicht gemeißelt sein, er müsste bereit sein, die ganze Welt zu umarmen. Übersprudeln vor Worten, die doch, der Erregung des Helden geschuldet, nur stoßweise den Weg aus seinem Mund finden.

Doch dann steht da dieser 26-jährige Torwart im Trainingsanzug und redet so nüchtern, als hätte er gerade mit seiner Elf den, nun ja, Westfalenpokal gewonnen. Und man ahnte in diesem Moment, warum dieser unglaublich coole Manuel Neuer einer der besten Torhüter der Welt ist, „vielleicht der beste“, wie Teamkollege Philipp Lahm angemessen generös vermerkte.

„Ich glaub’, wir alle sind Helden“

Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie gelassen, abgeklärt dieser Manuel Neuer mit seiner Situation umgeht. Er hatte zwei Elfmeter pariert, dazu Sergio Ramos zum Fehlschuss verleitet – und so den FC Bayern, der seit einem knappen Jahr sein FC Bayern ist, ins Finale der Königsklasse geführt. Ein Held? „Ich glaub’, wir alle sind Helden“, sagte Neuer, irgendwann weit nach Mitternacht, in den kargen Katakomben des imposanten Estadio Santiago Bernabéu.

Und so erzählte er lässig, nicht arrogant von seinem Videostudium mit Torhütertrainer Toni Tapalovic, mit dem er vor der Partie auch die möglichen Vorlieben der Madrider Elfmeterschützen eruiert hatte. Und wo blieb jetzt die Ekstase? „Es ist ein schönes Gefühl, für mich, für uns alle insgesamt“, sagte Neuer so ruhig, als müsste er die Reporter so verunsichern wie die Schützen. Und dass die Fans, die ihm, dem Gelsenkirchener, so lange so offen feindselig begegneten, derart enthusiastisch seinen Namen brüllten, dass der sich im weiten Rund verfing – ein Moment der Genugtuung? „Die haben auch schon meinen Namen gerufen, als ich vorgestellt wurde.“ Manuel Neuer bleibt einfach stehen. Er wackelt nicht.

„Heute hat er seine ganze Ablösesumme zurückgezahlt“

Es war dann Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der in später Nacht das Fass nochmals aufmachte. Schon gegen Stuttgart werde es bestimmt „ein paar Wahnsinnige“ geben, die den früheren Hardcore-Schalker weiter auspfeifen würden, zeterte Hoeneß. „Da geht es ja nicht um Sport, das sind Ideologen.“ Dabei wird dieser Abend von Madrid womöglich als Geburtsstunde eines großer Bayern-Torwarts, einer Klub-Legende gelten. Finan-ziell zumindest hat sich die Verpflichtung längst gelohnt. „Heute hat er seine ganze Ablösesumme zurückgezahlt“, sagte Hoeneß (Davon wird im übrigen auch der FC Schalke dank der Vertragsmodalitäten noch mal profitieren.). Doch der Wert des Manuel Neuer lässt sich nicht in Euros beziffern. Er ist jetzt angekommen. Das ist mehr wert.