Essen. Hertha BSC Berlin hat für die letzten zwölf Spiele der Saison 2011/2012 den 73-jährigen Otto Rehhagel geholt. Selten hat die Verpflichtung eines Trainers so hohe Wellen geschlagen. Denn Otto Rehhagel polarisiert. Ein Kommentar.
Otto Rehhagel hat viele Bonmots auf Lager. Eines lautet: Modern ist, was Erfolg hat. Selten hat die Verpflichtung eines Trainers in der Bundesliga so hohe Wellen geschlagen wie die Rückkehr Otto Rehhagels. Er mag sich, auch das ein Bonmot, noch so oft „Kind der Bundesliga“ nennen. Das Kind ist mit 73 in die Jahre gekommen, es war zuletzt mehr als ein Jahrzehnt raus aus dem Liga-Geschäft.
Rehhagel stand zwar spätestens seit dem Gewinn der EM 2004 mit Griechenland im Ruf, ein großer – weil erfolgreicher – Trainer zu sein. Aber zugleich galt er wegen der Spielweise dieses Teams als Mann von gestern. Nicht interessiert an Entwicklungen, nicht zu haben für neue Erkenntnisse oder auch nur einen zeitgemäßen Umgang mit Spielern, die nicht seine Söhne, sondern seine Enkel sein könnten.
Für Hertha-Manager Preetz ist Otto Rehhagel der Hauptgewinn
Rehhagel polarisiert. Viele schätzen seine Erfahrung. Schätzen, dass er sich Moden verweigert, dass er unverdrossen auf Disziplin und Autorität setzt. Andere stoßen sich genau daran, sehen in ihm den großen Besserwisser, der zwar einen jovialen Ton pflegt, aber doch nicht verbergen kann, wie überaus wichtig ihm gesellschaftliche Anerkennung über den Fußball hinaus geworden ist.
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Auf welche Seite man sich auch schlägt: Rehhagel ist zuallererst einmal Trainer. Ob dieser Trainer für Hertha BSC ein Gewinn sein kann: es wird sich zeigen, spätestens im Mai. Vieles spricht dafür. Die Konkurrenz im Keller, ob aus Augsburg, Freiburg oder Kaiserslautern, ist wahrlich nicht furchteinflößend.
Was sich aber schon bei Rehhagels Vorstellung gezeigt hat: Für den umstrittenen Berliner Manager Michael Preetz ist er ein Hauptgewinn. Attackiert in Berlin noch einer den Sportchef, der in zwei Jahren Lucien Favre, Friedhelm Funkel, Markus Babbel und Michael Skibbe verschlissen hat? Eben. Taktisch hat Preetz am Sonntag sein Meisterstück gemacht.
Bei der Hertha regiert die Angst vor dem Abstieg
Das ändert nichts daran, dass man geteilter Meinung über Rehhagels Comeback bleiben kann. Preetz bringt mit seinem Schachzug die Hertha und sich selbst über die nächsten zwölf Spiele. Und keins weiter. Für eine auch nur mittelfristige Perspektive ist Rehhagel der falsche Mann. Aber in Berlin regiert nun mal die Angst vor dem Abstieg. Und, Hand aufs Herz: Herthas Entwicklung unter einem der üblichen Verdächtigen wie Falko Götz oder Thomas Doll mag man sich auch nicht vorstellen.