Nis. Nach der Auftakt-Pleite gegen Tschechien droht dem DHB-Team bei einer weiteren Niederlage gegen Mazedonien schon das EM-Aus. Wenn alles ganz dumm läuft, kann dieses Turnier für das Team von Bundestrainer Martin Heuberger schon am Dienstagabend gelaufen sein.

Sie waren reichlich blass um die Nasen, als sie die Cair-Arena in Nis verließen. Als die deutschen Handballer später in ihrem EM-Quartier, dem Hotel Tami Residence auf einem Hügel am Rande der Stadt, vom 26:26 zwischen Schweden und Mazedonien im zweiten Spiel der Gruppe B erfuhren, dürften einige noch ein bisschen blasser geworden sein. Denn dieses Resultat bedeutet nach ihrem eigenen 24:27-Fehlstart gegen Tschechien: Wenn alles ganz dumm läuft, kann diese EM für das Team von Bundestrainer Martin Heuberger schon am heutigen Dienstagabend gelaufen sein. Sollte die deutsche Auswahl ihr Spiel gegen Mazedonien (18.15 Uhr/ARD) verlieren, Schweden anschließend gegen Tschechien gewinnen, dann stünde das Aus nach der Vorrunde bereits fest.

Denn dann hätte das deutsche Team weiter 0 Punkte, selbst ein Sieg am Donnerstag gegen Schweden würde nichts mehr nutzen. Denn die Skandinavier wären mit drei Zählern ebenso außer Reichweite wie Mazedonien. Nur Tschechien mit zwei Zählern könnte noch eingeholt werden, wäre nach dem gewonnenen direkten Vergleich aber für die Hauptrunde qualifiziert.

DHB-Team spürbar verunsichert

„Es sind schon äußerst selbstkritische Worte gefallen“, beschrieb Linksaußen Dominik Klein die interne „Nachbearbeitung“ des Fehlstarts in der Nacht zum Montag. Am Morgen danach wurden die üblichen Durchhalteparolen verbreitet. Man müsse jetzt „nach vorne schauen“ und die „Verkrampfung ablegen“, hieß es überall. Unbeantwortet blieb jedoch die Frage, wie dies dem spürbar verunsicherten Team gelingen soll.

Zu den ganz großen Rätseln beim verpatzten Auftakt zählte der völlig verunglückte Auftritt von Teamkapitän Pascal Hens. Ausgerechnet der 31jährige Routinier, eigentlich eine „Korsettstange“ im deutschen Team und in der Vorbereitung eindeutig stärkster Spieler im so wichtigen Rückraum, wirkte wie die Verkörperung des Überfordert-Seins. „Vielleicht habe ich es vom Kopf her nicht richtig gepackt“, suchte er nach einer Erklärung und schob hinterher: „Es ist schwierig, gut Handball zu spielen, wenn man zu viel über sich selbst nachdenkt.“ Ursprünglich hatte der 2,03 m lange Hamburger stets betont, seine 2001 begonnene Karriere im Nationalteam bei den olympischen Spielen im Sommer in London ausklingen lassen zu wollen. Jetzt droht ein verfrühter Abschied mit ganz bitterem Nachgeschmack.

Pascal Hens wirkt dünnhäutig

„Ich habe überhaupt keinen Bock darauf, jetzt über meinen Rücktritt zu lesen oder zu sprechen. Das bringt doch nichts. Wir müssen uns darauf konzentrieren, das nächste Spiel zu gewinnen“ – Pascal Hens wirkt in diesen Tagen reichlich dünnhäutig. Auch seine Antwort auf die Frage nach den Unterschieden zwischen dem Beginn seiner Länderspielkarriere und der heutigen Lage lässt tief blicken. „Damals war ich ein junger Spieler und wurde geführt, heute muss man selbst führen.“ Dass „Muss“ verrät, wie sehr sich Hens mit dieser Rolle schwer tut.

Trotzdem betont er: „Wir haben den Traum von Olympia noch lange nicht aufgegeben. Die Chance ist schließlich nach wie vor da.“ Schon – aber gut 5000 Fans werden die 6500 Zuschauer fassende Halle in einen Hexenkessel verwandeln. Und wie kriegt man die Verkrampfung aus den Köpfen? Ein sicheres Mittel kennt offenbar niemand. „Das muss von jedem selbst kommen“, glaubt Torhüter Carsten Lichtlein, „manchmal fühlst du dich locker und bist nach zwei misslungenen Aktionen völlig verkrampft. Manchmal kommt’s umgekehrt. Ob du gut drauf bist oder nicht, spürst du immer erst im Spiel.“