Nis. . Die deutschen Handballer müssen nach einem Fehlstart bei der Europameisterschaft in Serbien um den Einzug in die Hauptrunde und die Olympia-Qualifikation bangen. Die Mannschaft von Bundestrainer Martin Heuberger unterlag in Nis nach einer über weite Strecken desolaten Leistung überraschend mit 24:27 (9:14) gegen Tschechien.
Die Mannschaft von Bundestrainer Martin Heuberger unterlag in Nis nach einer über weite Strecken desolaten Leistung überraschend mit 24:27 (9:14) gegen Tschechien und steht damit vor den Begegnungen gegen Außenseiter Mazedonien am Dienstag und Rekord-Europameister Schweden am Donnerstag gewaltig unter Druck.
Durch die Schlappe gegen die Tschechen ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London in großer Gefahr. Bei der EM werden nur noch zwei Tickets für ein Olympia-Qualifikationsturnier vergeben. Um die noch zwei freien Plätze bewerben sich noch neun Mannschaften, darunter auch die Tschechen. Bester Werfer in einer völlig verunsicherten deutschen Mannschaft war der Flensburger Lars Kaufmann mit fünf Toren. Der Neuanfang nach Platz zehn bei der EM 2010 und Rang elf bei der WM 2011 ist damit vorerst misslungen. Für Heuberger, der im Sommer Trainerlegende Heiner Brand abgelöst hatte, war es die fünfte Niederlage im sechsten Spiel als Bundestrainer.
"Wir haben die Dinger nicht reingeschossen und sind immer wieder in die Gegenstöße gelaufen. Wir haben zu viele Fehler gemacht. Das war nicht, was wir uns vorgestellt haben. Wir müssen darüber sprechen", sagte Kapitän Pascal Hens.
Heuberger hatte sich für das richtungsweisende Schlüsselspiel eine besondere taktische Maßnahme einfallen lassen. Dominik Klein nahm seinen Kieler Klubkollegen und Welthandballer Filip Jicha in Manndeckung. Doch die Probleme der Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) lagen im ersten Durchgang vor 3500 Zuschauern nicht in der Deckung. In den ersten 30 Minuten zeigte der Weltmeister von 2007 eine katastrophale Angriffsleistung. Übernervös wurden die Bälle unbedrängt ins Aus geworfen, alleine Kapitän und Führungsspieler Pascal Hens vom deutschen Meister HSV Hamburg leistete sich in der Anfangsphase vier Ballverluste.
Beim 3:8 nach elf Minuten nahm Heuberger die erste Auszeit und versuchte beruhigend auf seine Mannschaft einzuwirken - zunächst ohne Erfolg. Die DHB-Auswahl hatte auch in der Folge gegen mittelmäßige Tschechen große Probleme und vergab Großchancen leichtfertig oder scheiterte am starken Torhüter Petr Stochl von den Füchsen Berlin. Besonders der deutsche Rückraum war in dieser Phase ein Totalausfall. Neben Hens blieb auch der Flensburger Holger Glandorf wirkungslos. „Das war eine schreckliche Leistung“, sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier zur Halbzeitpause im ZDF.
Nach dem Wechsel kam die deutsche Mannschaft angeführt von Spielmacher Michael Haaß (Göppingen) besser ins Spiel. Torhüter Silvio Heinevetter steigerte sich, die Abwehr stand stabil und die Angriffe wurden nicht mehr so überhastet abgeschlossen. Der Lohn: Nach einem Temogegenstoß brachte Klein das deutsche Team in der 37. Minute auf einen Treffer heran (16:17). Sekunden später vergab Klein die Möglichkeit zum Ausgleich, als er freistehend an Stochl scheiterte. Da sich aber auch ins tschechische Spiel immer mehr Fehler einschlichen, blieb die mäßige Begegnung zunächst spannend. Doch zehn Minuten vor dem Ende setzten sich die Tschechen entscheidend ab (24:19).
Wie groß die Anspannung im deutschen Lager war, merkte man bereits vor der Begegnung. Angeführt von Abwehrchef Oliver Roggisch (Rhein-Neckar Löwen) betraten die deutschen Spieler bereits 90 Minuten vor dem Anpfiff das Sportski Centar Cair zum lockeren Aufwärmprogramm. Von den Tschechen war zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sehen.
Während sich seine Kollegen locker die ersten Bälle zuwarfen, stand Martin Strobel traurig am Spielfeldrand. Heuberger hatte den Spielermacher vom TBV Lemgo am Samstag überraschend aus dem Aufgebot gestrichen und zunächst nur 15 der 16 möglichen Spieler beim Kontinentalverband EHF gemeldet. Damit war Haaß der einzige etatmäßige Mittelmann im deutschen Kader im Spiel gegen die Tschechen.
„Das Risiko, nicht mehr reagieren zu können, wenn sich ein Spieler verletzt, erschien mir und meinem Co-Trainer Frank Carstens zu hoch“, sagte Heuberger zu seiner Entscheidung. Strobel reagierte enttäucht: „Ich muss das akzeptieren und hoffen, dass ich irgendwann bei dieser EM noch meine Chance bekomme.“