Oberstdorf. . Richard Freitag und Severin Freund fordern bei der Vierschanzentournee die österreichischen Skisprung-Stars heraus. Deutschland mit seinen mehr als 80 Millionen Einwohnern ist ein wichtiger Markt, hier müssen die Einschaltquoten stimmen, hier wollen die Sponsoren ihre Werbebotschaften an den Mann bringen.

War der Andrang in diesem Jahr nicht besonders groß, als die Tourneeveranstalter mit lautem Getöse die derzeit besten Skispringer im Kurpark in Oberstdorf dem Publikum präsentierten? War der Jubel bei den deutschen Startern nicht besonders laut? Über Oberstdorf im Allgäu liegt eine große Vorfreude auf die Vierschanzentournee, was ganz sicher der Tatsache geschuldet ist, dass die heimischen Springer in einer so guten Ausgangslage sind wie schon lange nicht mehr.

Richard Freitag hat schon ein Weltcupspringen gewonnen, Severin Freund ist Dritter geworden. Ihr österreichischer Konkurrent Thomas Morgenstern sagt: „Das sind lässige Typen.“ Man muss das unbedingt als Kompliment deuten. Schließlich ist es schon lange her, dass Österreichs erfolgsverwöhnte Springer nach gefährlichen Herausforderern aus Deutschland gefragt worden sind. Rechtzeitig zur 60. Ausgabe der Vierschanzentournee haben sich die deutschen Springer berappelt nach zähen Jahren der Erfolglosigkeit beziehungsweise der Durchschnittlichkeit. „Wir haben zwei Springer, die im Tagesgeschäft eine gute Rolle spielen können. Wir können uns der Konkurrenz stellen“, sagt Cheftrainer Werner Schuster.

Deutschland wichtiger Markt

Deutschland mit seinen mehr als 80 Millionen Einwohnern ist ein wichtiger Markt, hier müssen die Einschaltquoten stimmen, hier wollen die Sponsoren ihre Werbebotschaften an den Mann bringen. Wenn bei österreichischen Seriensiegen das deutsche Publikum abschaltet, nützt das den österreichischen Seriensiegern nichts. Sven Hannawald und Martin Schmitt hätten den Sport einst unglaublich befördert, sagt Pointner. „Damals mit diesem Riesenhype haben wir einen großen Schritt machen können. Deutschland hat einen großen Anteil daran, dass unsere Sportart so einen Stellenwert hat.“

Vor genau zehn Jahren hatte Hannawald als bislang einziger Springer alle vier Wettbewerbe für sich entschieden. Zuvor war Martin Schmitt als vierfacher Weltmeister zum Lieblingswintersportler der Deutschen avanciert. Skispringen war plötzlich ein Fall für die Titelseiten und ein Event im Privatfernsehen.

Ihren Reiz freilich hat die Vierschanzentournee auch ohne deutsche Erfolgsgaranten nie verloren. In diesem Jahr haben die Veranstalter eine Million Schweizer Franken für einen Vierfachtriumph ausgelobt, das sind umgerechnet mehr als 800 000 Euro. Sven Hannawald grummelt deshalb ein wenig. „Ich hätte die Million auch gerne gehabt“, sagt er. Als sich sein Triumph abgezeichnet hatte, hatten die Verantwortlichen kurzfristig 50 000 Euro Sonderprämie zusammengekratzt. Im aktiven Springerlager indes interessiert man sich nicht groß für die millionenschwere Marketing-Aktion. „Das ist nicht relevant“, betont Morgenstern.

„Da steckt Tradition und Kultur dahinter“

Er und seine Mitstreiter Andreas Kofler, der im Gesamtweltcup führt, und Gregor Schlierenzauer gehören zu den Sieganwärtern bei dieser Tournee. „Wir erhoffen uns den Tourneesieg, wir erwarten ihn aber nicht. Denn damit würden wir unseren Rucksack nur schwerer machen“, sagt Chefcoach Pointner, für den die Vierschanzentournee mehr und mehr zur staatstragenden Angelegenheit wird. Die Pressekonferenz beginnt er mit dem Hinweis darauf, wie viel Emotionen die Sportart Skispringen wecke. Und das Tourneejubiläum würdigt er natürlich: „Da steckt Tradition und Kultur dahinter.“

Sein deutscher Kollege Schuster darf die Sache lockerer sehen, schließlich hat er kein Erfolgsteam mit drei Tourneesiegern zu verwalten wie Pointner. Wolfgang Loitzl, Kofler und Morgenstern heißt die dortige illustre Runde. Schuster sagt: „Was wir uns von Anfang an vornehmen, ist: spannende Wettkämpfe zu liefern und Begeisterung bei den Zuschauer zu entfachen.“ Es muss ja nicht gleich ein Seriensieg Hannawaldscher Prägung dabei herausspringen.