Köln. Der Suizidversuch von Schiedsrichter Babak Rafati hat die Bundesliga in einen Schockzustand versetzt. Es ist ein individuelles Schicksal, das beklommen macht. Die Vermutung, diese Tragik im privaten Raum zu belassen, ist gleichwohl naiv. Ein Kommentar.

Der Schock sitzt tief. Der Suizidversuch von Schiedsrichter Babak Rafati hat die Fußball-Bundesliga erschüttert. Denn es ist - egal, was in den kommenden Tagen noch an Details und Motivationslage ans Licht der Öffentlichkeit drängt oder gezogen wird - eine menschliche Tragödie, die sich dahinter verbirgt. Ein individuelles Schicksal, das beklommen macht.

Doch die Vermutung, diese individuelle Tragik im privaten Raum zu belassen, ist gleichwohl naiv. Schließlich ist die Fußball-Bundesliga ein zutiefst öffentliches Millionenspektakel, längst Teil der Unterhaltungs- und Showbranche, in der jede Regung zu emotionalen Ausschlägen führt. Erst recht, wenn der oberste Fußballfunktionär des Landes aus dem Fall Rafati im Handumdrehen ein allgemeines Problem destilliert. Er halte es, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger angesichts der ungeklärten Motivlage Rafatis, für "nicht angemessen, nicht angebracht, jetzt zu spekulieren". Ein guter, wahrer Satz. Das Problem: Zwei Sätze vorher hatte Zwanziger eben das gemacht, über den "ungeheuren Druck auf Schiedsrichter, im Leistungssport insgesamt" geklagt. "Wir schaffen es nicht, da die richtige Balance zu finden."

Am Ende, so der Subtext der Ausführungen, ist es die Öffentlichkeit, sind es die Fans, sind es im Zweifel die Medien, die auf Schiedsrichter - die diesen Nebenjob bekanntlich freiwillig ausüben - einen Druck erzeugen, der derartige Verzweiflungstaten befördert. Diese These wird die kommende Debatte beherrschen. Müssen Zeitungen wirklich die Schiedsrichter-Leistungen benoten, müssen Kommentatoren wirklich jede Entscheidung auseinander nehmen mit Super-Super-Zeitlupe und anschließend darüber richten? Und dürfen Fans pfeifen, umstrittene Entscheidungen mit wütenden "Schieber, Schieber"-Rufen quittieren? Es wird wieder eine ausufernde Debatte über fehlenden Anstand und mangelnde Rücksicht.

Dabei ist der Fall des Babak Rafati vor allem eins: die menschliche Tragödie eines einzelnen Mannes, dem alle guten und aufrichtigen Wünsche der Genesung gelten.