Miami..
Es war 23.19 Uhr Ortszeit in Miami und eine halbe Stunde her, dass die Dallas Mavericks den Titel der „NBA Champions 2011“ gewonnen hatten, wie es in Dunkelblau auf den grauen Mützen stand, die sie nun alle auf den Sieger-Köpfen trugen. Auch Dirk Nowitzki, der zum Interview bei ESPN erschienen war, Amerikas Sportsender Nummer eins, und also ein paar Worte sagen sollte zum großen Erfolg. „Unbelievable“, sprach Nowitzki, unglaublich, dann starrte er zu Boden wie ein Kind, das im Ikea-Kinderparadies vergessen worden war: Zentrale, wo bin ich?, sagte sein Blick.
Flucht in die Kabine
In der rechten Hand hielt Nowitzki die Trophäe des „MVP“, des wertvollsten Spielers des Finales, das die Dallas Mavericks gegen die Miami Heat im sechsten Spiel der Best-of-seven-Serie für sich entschieden hatten, mit einem 105:95-Sieg in Miami. Die Mavericks waren der Meister der US-Basketball-Profiliga NBA – und Dirk Nowitzki zeigte etwas, das in diesen Play-Off-Tagen kaum von ihm zu sehen war: Gefühl. Er schluckte, unterdrückte ein paar Tränchen. Ein großer Mann, 2,13 Meter, kein Freund der öffentlichen Emotionen: Seine Team-Kollegen hätten ihn überreden müssen, sagte Nowitzki, „noch einmal aus der Kabine herauszukommen“, in die er sich nach dem Sieg vor lauter „Überwältigung“ zurückgezogen hatte.
Es war ja auch eine tolle Geschichte: Die Dallas Mavericks gewannen erstmals in ihrer 31-jährigen Geschichte den NBA-Titel. Ihr Besitzer, der Internet-Milliardär Mark Cuban, hüpfte durch die Halle wie ein Flummi auf Ecstasy – von Sinnen. „Yeeeeeeaaaaaaaaahhhhh“, rief Cuban ins Mikrofon, als man ihm den NBA-Pokal überreichte. Dirk Nowitzki wollte bei Cubans Tonlage nicht ganz mitgehen, doch auch aus ihm brach etwas heraus: Erleichterung.
Er ist der erste deutsche Basketball-Spieler, der sich NBA-Champion nennen kann. Er spielt seit 13 Jahren für die Dallas Mavericks, „und wenn man so lange in dieser Liga ist und kämpft und immer ein bisschen zu kurz kommt“, so Nowitzki, dann sei es doch an der Zeit, einmal „happy“ zu sein. Endglücklich.
Dirk Nowitzki erschien in den vergangenen Wochen irrsinnig starr, fokussiert auf etwas, das außer ihm kaum jemand sah – den Titel für die Mavericks. Die Experten redeten in der Kategorie „Meisterkandidaten“ noch von den Los Angeles Lakers, den Chicago Bulls oder der Miami Heat, da betraten die Mavericks den Platz und fegten die Lakers weg, in nur vier Spielen. Wenig später schauten sie zu, wie die Heat die Bulls erledigten – und dann waren die Heat dran. Dallas gegen die Heat, das war eine aufregende Finalserie, die das Land elektrisierte. Rund 18 Millionen Amerikaner schalteten ein, fast so viele wie vor einem Jahr, als es zum Ost-West-Klassiker zwischen den Boston Celtics und den Los Angeles Lakers gekommen war, den die Lakers in der siebten Partie für sich entschieden.
Doch vor einem Jahr waren die Sympathien klar verteilt – die Ost-Hälfte der Vereinigten Staaten drückte den Celtics die Daumen, die West-Hälfte den Lakers. Diesmal war es anders: Miami drückte der Heat die Daumen – der Rest des Landes den Mavericks. Denn selten in der Geschichte der NBA wurde ein Team so geächtet wie Miami. Weil die Heat im vergangenen Sommer LeBron James holten, den Superstar der Cleveland Cavaliers, der als begnadetster Mann der Liga gilt. Und Chris Bosh, den Superstar der Toronto Raptors. Beide Herren sollten Dwyane Wade ergänzen, den Superstar der Heat, die mit ihrem Wahnsinnstrio nichts als Champions werden wollte.
So kann das ja jeder, rief Amerika – und pfiff die Heat aus, wo immer sie im Laufe der Saison erschien. Und das Gelächter war natürlich groß, als die Mavericks nun das Meister-Ruder an sich rissen. Und alles anders herum kam als vor fünf Jahren, als die Mavericks sich gegen die Heat im Finale mit 2:4-Niederlagen geschlagen geben mussten. Obwohl sie schon mit 2:0-Siegen führten und im dritten Spiel hübsch vorn gelegen hatten.
In dieser Final-Serie kam alles ganz anders, und Dirk Nowitzki musste nicht einmal glänzen in Spiel Nummer sechs. Er begann sparsam, machte nur drei Punkte in der ersten Hälfte. „Ich fand meinen Rhythmus nicht, doch dann rissen mich meine Kollegen mit ins Spiel“, so Nowitzki, der in der zweiten Hälfte auf 18 Punkte kam.
Lob von Magic Johnson
Jason Terry etwa, der 27 Punkte ablieferte und im letzten Spiel der Saison Dallas’ bester Mann war. „Toll“, sagte Nowitzki, „großartig, unglaublich, wie der Jason drauf war.“ Und während er so sprach, zeigte er die Stärken der Mavericks: Teamgeist, Bescheidenheit. „Dallas“, sprach der große Magic Johnson, heute Kommentator bei ESPN, „hat als Mannschaft die drei Stars aus Miami besiegt.“