Lügen haben kurze Beine.
Sagt der Volksmund. Was natürlich nicht wörtlich zu nehmen ist. Gerade im Sp(r)itzensport kommen sie vorzugsweise auf langen und schnellen Beinen daher.
Egal. Über kurz oder lang holt die Lüge viele ein. Wie jetzt auch Claudia Pechstein. Denn dass die Eisschnellläuferin gelogen hat, als sie während der WM im norwegischen Hamar ihren Rückzug nach zwei von vier Disziplinen mit einem grippalen Infekt begründete – das, immerhin, hat sie zugeben.
Ansonsten: Der übliche Reflex aller Doping-Verdächtigen: „Ich bin unschuldig.”
Eine Glaubensfrage, aber mehr denn je auch eine der Beweisführung. Stößt der „Fall Pechstein” doch in eine neue Dimension der Doping-Bekämpfung vor, weil erstmals eine Sportlerin auf der Grundlage von Indizien gesperrt worden ist. Manche Kritiker verweisen darauf mit einem Unterton, als sei dieses – im Strafrecht gängige – Vorgehen grundsätzlich unerhört, mindestens aber fragwürdig.
Dabei war es allgemein als möglicher Durchbruch im Anti-Doping-Kampf gefeiert worden, dass eben kein positiver Test mehr für eine Verurteilung notwendig ist, seit die Welt-Antidoping-Agentur Anfang 2009 die Blutprofil-Regel eingeführt hat. Aus gutem Grund. Mit herkömmlichen Verfahren haben die Doping-Jäger schließlich die wenigsten großen Kaliber zur Strecke gebracht.
Eine Marion Jones ist in ihrer Leichtathletik-Karriere unzählige Male negativ getestet worden und war doch, wie wir heute wissen, stets vollgepumpt mit verbotenen Mitteln. Was auch Claudia Pechsteins Argument, sie sei nie negativ aufgefallen, die Stärke nimmt.
Ob die vom Eisschnelllauf-Weltverband geknüpfte Indizienkette lückenlos ist, hat jetzt der Internationale Sportsgerichtshof (CAS) in Lausanne zu entscheiden. Bestätigt er Pechsteins Sperre, wäre dies ein richtungsweisender Erfolg für die Fahnder. Hätten diese doch endlich eine effektive Methode im Kampf um einen sauberen Sport gefunden. Andernfalls wäre es ein weiterer Rückschlag in einem Feldzug, den viele ohnehin für aussichtslos halten.