Mönchengladbach. Mit dem 4:0-Erfolg beim rheinischen Rivalen 1. FC Köln im November 2010 schien Borussia Mönchengladbach den Weg aus der Krise gefunden zu haben. Vor dem Rückspiel am Sonntag steht der fünfmalige deutsche Meister aber am Abgrund.

Ein gelungener Trainerwechsel, eine geglückte Transferpolitik - und eine Macht im eigenen Stadion: Schlusslicht Borussia Mönchengladbach blickt vor dem rheinischen Derby gegen den 1. FC Köln neidisch auf den Erzrivalen und bekommt dabei die eigenen Fehler schonungslos vor Augen geführt. Nach dem triumphalen 4:0-Hinspielerfolg am 13. November glaubte der fünfmalige deutsche Meister einen Weg aus der Krise gefunden zu haben, vor dem Duell am Sonntag (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) ist der dritte Abstieg aus der Fußball-Bundesliga aber kaum noch zu vermeiden.

Die Borussia steht sechs Spieltage vor dem Saisonende bei fünf Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz am Abgrund, der Vorstand und die Spieler flüchten sich in die üblichen Durchhalteparolen. "Wir wollen noch vier Spiele gewinnen, um den Klassenerhalt zu schaffen. Natütlich ist Gladbach gegen Köln kein normales Spiel. Mit einem Sieg können wir richtig Schub mitnehmen", sagte Innenverteidiger Martin Stranzl.

Der zur Rückserie von Spartak Moskau verpflichtete Österreicher hat der Schießbude der Liga (62 Gegentreffer) etwas mehr Stabilität verliehen, doch außer Stranzl und ansatzweise Havard Nordtveit brachten die Wintertransfers die Borussia nicht weiter.

Da bewiesen die Verantwortlichen des 1. FC Köln ein besseres Händchen. Torhüter Michael Rensing hat sich zu einem starken Rückhalt entwickelt, Christian Eichner und Slawomir Peszko sind ein Gewinn auf den zuvor schwach besetzten Außenpositionen. Sieben Heimsiege in Folge bedeuteten nicht nur einen neuen Vereinsrekord, sondern auch einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt.

"Die Kölner erleben ein Stück weit das, was wir in der vergangenen Saison erlebt haben. Zu Hause spielen sie sehr erfolgreich, und in der Fremde haben sie ihre Schwierigkeiten. Aber auch auswärts machen sie es nicht schlecht, sie sind ja selten klar unterlegen, ihnen fehlt dort häufig nur das nötige Quäntchen Glück", sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl vor dem Duell der schwächsten Heimmannschaft der Liga mit dem schlechtesten Auswärtsteam.

Auch Eberl wird mit Wehmut an den verregneten Novembertag zurückdenken, als man den großen Rivalen in dessen Stadion demütigte. Raul Bobadilla (2), Michael Bradley und Igor de Camargo erzielten damals die Tore der Borussia. Bobadilla (Aris Saloniki) und Bradley (Aston Villa) sind inzwischen ausgeliehen, de Camargo wurde immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen.

Während der FC mit der Trennung von Trainer Zvonimir Soldo Ende Oktober rechtzeitig die Notbremse zog und dessen Nachfolger Frank Schaefer genügend Zeit für die Umsetzung der Philosophie gab, zögerten und zauderten die Gladbacher Verantwortlichen und hielten viel zu lange am glücklosen Michael Frontzeck fest. Unter dessen Nachfolger Lucien Favre ist das Spiel der Borussia zwar etwas besser geworden, doch mangelt es an der notwendigen Konstanz. Zudem hatte der Schweizer keine Möglichkeit mehr, auf personelle Veränderungen einzuwirken.

So könnte ausgerechnet der FC die Gladbacher endgültig in Richtung 2. Liga schießen. Dass sich das Gladbacher Umfeld offenbar mit dem Abstieg abgefunden hat, zeigt die Tatsache, dass das Spiel am Freitag immer noch nicht ausverkauft war. Für die Polizei ist es trotzdem ein Hochrisikospiel. Über 1000 Polizisten werden im Einsatz sein. "Die Rivalität gehört dazu und macht das Derby auch so interessant. Aber der Kampf soll allein auf den Platz stattfinden, außerhalb appelliere ich an alle Fußballfans, dass sie sich friedlich verhalten", sagte Eberl. (sid)