Dallas. . Football ist der Sport der harten Männer. In der Nacht zum Montag (0.30 Uhr/ARD) spielen die Steelers im Super Bowl, dem Finale der US-Profiliga NFL, in Dallas gegen die Green Bay Packers.
Bei Dallas denkt man an J.R. und die Southfork-Ranch, über der im Fernsehen pausenlos die Sonne schien. Geht man aber im richtigen Leben durch Dallas, muss man sich an den Häuserwänden festhalten, denn das Eis liegt zentimeterdick auf den Bürgersteigen, das Thermometer zeigt 17 Grad – allerdings Fahrenheit, das sind minus zehn Grad Celsius. Der Eiswind schneidet in die Haut und bringt Schnee. Die Tauben, die sich noch auf Telefonleitungen aneinander drängen, fallen wahrscheinlich bald als Taubeneis vom Himmel.
Karte für 20 000 Dollar
Aber was stört das alles Doug Legursky? Der Mann ist Center der Pittsburgh Steelers, einer der ganz großen Jungs. Er hat einen Nacken wie ein Polarbär, wiegt 140 Kilo und läuft trotz des Eises barfuß in Lammfell-Pantoffeln herum. Football ist der Sport der harten Männer. In der Nacht zum Montag (0.30 Uhr/ARD) spielen die Steelers im Super Bowl, dem Finale der US-Profiliga NFL, in Dallas gegen die Green Bay Packers.
„Wetter interessiert mich nicht“, sagt Legursky. Trainer Mike Tomlin sieht das anders, er lässt seine Steelers in der Halle trainieren: „Beim Super Bowl bleibt das Stadiondach schließlich auch geschlossen.“
Draußen schnaubt Mike Ditka verächtlich durch die Nase, sein Atem verwandelt sich augenblicklich in weiße Wolken. Ditka ist einer der alten Helden, die bei jedem Finale auftauchen. Von 1961 bis 1999 war er in der NFL, als Spieler, Trainer und dreimaliger Super Bowl-Sieger. „Iron Mike“ war einer der Härtesten, er hätte Nägel fressen können und ist wahrscheinlich zu Fuß aus dem Mutterleib spaziert. Und heute trainieren die Spieler in einer Halle! Neue weiße Wolken steigen auf.
Ditka erzählt vom „Ice Bowl“. 1967 war das, die Packers spielten in Green Bay gegen die Dallas Cowboys. Minus 25 Grad, die Schiedsrichter konnten ihre Pfeifen nicht mehr benutzen, weil sie an den Lippen festfroren, sie mussten stattdessen brüllen. Fernseh-Kommentator Frank Gifford sagte: „Ich nehme noch einen Bissen Kaffee“, sieben Musiker der Halbzeit-Band kamen mit Erfrierungen ins Krankenhaus, und die Packers siegten 21:17. Gerade verschwinden die Steelers im Eingang der Halle, Ditka schnaubt schon wieder.
Logen-Sessel für 20 000 Dollar
Der Rest von Amerika sieht das nicht so streng, jeder hätte gerne eins der 103 583 Tickets. Das Foyer des Sheratons, in Dallas das offizielle NFL-Hotel, hat sich längst in einen Basar verwandelt. 350 bis 1200 Dollar haben die Tickets regulär gekostet, für die Logen-Sessel verlangen die Schwarzmarkthändler 20 000 Dollar. Ein Mann im Packers-Trikot sitzt im Foyer, er hat kein Geld für eine Karte, aber er bietet auf einem Pappschild an: „Für ein Ticket grille ich einen Football und esse ihn auf.“
Packers vs. Steelers
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Statistiker haben herausgefunden: Der Durchschnitts-Besucher ist ein 41-jähriger Mann mit einem Jahreseinkommen von 70 000 Dollar. Damit hat der Super Bowl-Schwarzmarkt im Hotel-Foyer eines mit Autohäusern gemeinsam: Die letzte Bastion, wo ein Mann einem anderen Mann noch ungestört etwas verkaufen kann.
Auch die Packers trainieren in einer Halle, allerdings am anderen Ende der Stadt. Das Team aus Green Bay, mit 100 000 Einwohnern die kleinste Heimatstadt eines NFL-Teams, ist so etwas wie Asterix. Alle anderen sind Römer. Die Packers lieben und ehren ihre Tradition und ihre Helden. Nach ihnen benennen sie sogar die Straßen der Stadt. Zum Beispiel der Reggie-White-Drive. Von Reggie White, dem 150-Kilo-Koloss mit dem Spitznamen „Verteidigungsminister“, sagten sie: „Vom Mond sieht man zwei Dinge: Die Chinesische Mauer und Reggie White.“
White starb allerdings mit 43 Jahren nach einer Herzattacke, Football ist nicht gesund. Aaron Rodgers, als Quarterback der Lenker der Packers, hat zwei Gehirnerschütterungen hinter sich. Im Finale hat es am Sonntag James Harrison auf ihn abgesehen: Der Abwehrspezialist der Steelers hat für brutale Attacken auf den Kopf des Gegners in dieser Saison schon 100 000 Dollar Strafe gezahlt, aber er sagt: „Diese Regeln machen Leute, die noch nie Football gespielt haben. Ich werde meinen Stil niemals ändern.“ Geld genug hat er, um weitere Strafen zu bezahlen: Sein neuer Fünf-Jahresvertrag bringt ihm 50 Millionen Dollar ein.
Millionen für TV-Spots
Rodgers betont: „Ich habe keine Angst vor ihm.“ Wer die Saison verfolgt hat, glaubt es dem 27-Jährigen. So mutig wie er spielt, würde er auch mit einem Kanister Benzin in der Hand durchs Feuer gehen.
Deshalb lieben die Amerikaner das Spiel und schalten den Fernseher ein. Ein Werbespot zwischen den Spielzügen kostet 2,8 Millionen Dollar, 68 Spots sind gebucht. 115 Millionen Amerikaner sahen den Super Bowl im vergangenen Jahr. „Phantastisch“, jubelten die NFL-Macher. Nur eine Frage bleibt unbeantwortet: Was sahen die restlichen 185 Millionen? Dallas mit J.R. auf der Southfork-Ranch?
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