München. Nach dem wackeligen Einzug ins Achtelfinale der Champions League durch das spät errungene 1:1 gegen Celtic Glasgow wissen sie beim FC Bayern, dass sie sich deutlich steigern müssen

So richtig zufrieden sein konnten sie beim FC Bayern hinterher nur mit Alphonso Davies. Bei seiner Rückkehr knapp vier Wochen nach seinem Faserriss hatte sich der Linksverteidiger zum Retter aufgeschwungen, als er in der vierten Minute der Nachspielzeit per Abstauber zum 1:1 (0:0) gegen Celtic Glasgow traf.

Es war ein Stochertor, das den FC Bayern im Playoff-Rückspiel am Dienstagabend nach dem 0:1 durch den ehemaligen Münchner Nicolas Kühn (63.) vor der Verlängerung bewahrt und den Einzug ins Achtelfinale der Champions League gesichert hatte. „Puh, tief durchatmen“, entfuhr es Arenasprecher Stephan Lehmann kurz nach der Zitterpartie. Sein Ausruf hallte nach in der bitterkalten Nacht.

Dazu passte, was Torwart Manuel Neuer später berichtete. Die Stimmung in der Kabine sei „schon relativ zurückhaltend“ gewesen, sagte der Kapitän, „wir sind alle erleichtert.“ Das war auch herauszuhören, als Max Eberl über Davies sprach. „Er hat sich sehr zügig zurückgekämpft, Gott sei Dank“, sagte der Sportvorstand und bezeichnete den 24 Jahre alten Kanadier als Unterschiedsspieler. Davies hatte seinen Vertrag kürzlich bis 2030 verlängert.

Große Erleichterung nach dem Weiterkommen: FC Bayern wurstelt sich ins Achtelfinale

Eberl sagte: „Er ist wieder da, er macht das Tor, hat den Vertrag unterschrieben. Ich glaube, er schwebt vor Selbstvertrauen. Das brauchen wir auch am Sonntag.“ Dann kommt es in der Bundesliga zum kniffligen Vergleich mit dem Tabellendritten Frankfurt. Das gilt erst recht, wenn Harry Kane ausfallen sollte. Mit Wadenbeschwerden war der Angreifer gegen Celtic zur Pause ausgewechselt worden.

Sofern Eberls Befund zutrifft, dürfte Davies derzeit allerdings der einzige Bayern-Spieler sein, der vor Selbstvertrauen schwebt. Feststellen lässt sich vor der Auslosung des Achtelfinals am Freitag, in dem die Münchner auf Leverkusen oder Atlético Madrid treffen werden, dass sie gerade ihre Form suchen. Schon seit Wochen hinterlassen die Bayern keinen durchweg überzeugenden Eindruck. Zuletzt zeigte der Trend beim glücklichen 0:0 in Leverkusen und dem 1:1 gegen Celtic weiter nach unten.

Dass die Bayern nach ihrem 2:1-Hinspielsieg in Glasgow vom international zweitklassigen schottischen Meister noch einmal so in die Bredouille gebracht werden, dass sogar das Aus drohte, lässt den Traum vom Finale am 31. Mai in der eigenen Arena oder gar dem Titelgewinn derzeit nicht sehr realistisch erscheinen. Zumal die kommenden Gegner ganz andere Hürden darstellen. 

Schwache Spiele in Serie - Bayern schleppt sich durch den Spätwinter

Gegen Leverkusen kamen für die Bayern in den vergangenen sechs Vergleichen je drei Niederlagen und Remis zusammen. Auch Atlético wäre als Tabellendritter in Spaniens La Liga mit nur einem Punkt Rückstand auf das Spitzenduo Barcelona und Real Madrid eine große Herausforderung. Danach würde im Viertelfinale voraussichtlich Inter Mailand oder Arsenal warten und im Halbfinale Barcelona oder Liverpool. Nach den bisherigen Eindrücken wären die Bayern gegen jeden dieser Gegner Außenseiter. Trainer Vincent Kompany gibt sich weiter gelassen, er relativierte die Leistung gegen Celtic mit den jüngsten Reisestrapazen und lag auf einer Argumentationslinie mit Leon Goretzka. Es seien „die wichtigen Momente in einer Saison, wenn man nicht die Sterne vom Himmel spielt und trotzdem Ergebnisse liefert und durchkommt“, befand der Mittelfeldspieler.

Doch ihre Verfassung muss die Bayern sorgen. Spielrhythmus, Zug zum Tor, Kreativität, Überraschungsmomente – all das gab es zuletzt nur in Ansätzen zu sehen. Statisch, uninspiriert und oft von Einzelaktionen abhängig hatten sie sich gegen Celtic präsentiert, hinten agierten sie zudem mehrfach anfällig. Wie vorm 0:1, als sie eine Fehlerkette aneinanderreihten, an deren Ende Min-jae Kims Grätsche völlig missglückte, weshalb Kühn einschießen konnte. „Das müssen wir abstellen, das müssen wir in den Griff bekommen“, forderte Joshua Kimmich. Immerhin habe man, anders als in der Vergangenheit, nach dem Gegentor „nicht ganz den Kopf verloren“.

Joshua Kimmich
Joshua Kimmich © Marcel Engelbrecht/firo Sportphoto | Marcel Engelbrecht

Doch es gehe nun darum, „dass wir die Spiele einfacher gestalten, dass wir den Gegner eben nicht immer mit Fehlern einladen, sondern dass wir ein besseres Game-Management haben, dass es dann nicht so sehr nach einem Kampf und Krampf aussieht.“ Man müsse „ein bisschen an der Art und Weise schrauben“, befand der Sechser. Es sei gut, dass man bis zum Achtelfinale Anfang März endlich mal wieder Inhalte trainieren könne. Vorerst müssen die Bayern ja nicht mehr im Dreitages-Rhythmus spielen, weil sie aus dem DFB-Pokal bereits ausgeschieden sind – im Achtelfinale gegen Leverkusen (0:1).

Gegen Celtic war es der nächste ernüchternde Abend in Europa geworden, erstmals zu Hause nach den drei Niederlagen bei Aston Villa (0:1) sowie in Barcelona (1:4) und Rotterdam (0:3). Tief einsteigen in die Analyse wollte Eberl nun zwar nicht, einen Einblick gab er dennoch. „Es ist ja jetzt nicht so, dass wir dasitzen und sagen: Wir sind in Topform, alles fantastisch. Das ist es momentan nicht. Es ist alles ein bisschen schwerer“, sagte er. Immerhin habe man aber Mentalität gezeigt und die Drucksituation bewältigt. Auch Eberl klang vor allem erleichtert.