Oslo. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft verliert das Viertelfinale der Handball-WM gegen Portugal – trotz 22 Paraden ihres Torhüters.
Andreas Wolff hätte alle „Man of the Match“-Auszeichnungen dieser Welt gern für das eingetauscht, was er gerade verloren hatte. Den Einzug ins Halbfinale, die Chance auf die erste WM-Medaille seit 18 Jahren für die deutsche Handball-Nationalmannschaft. 30:31 (26:26, 9:13) nach Verlängerung gegen Portugal bedeuteten das Aus bei dieser Weltmeisterschaft.
Dabei hatte Wolff tatsächlich alles dafür getan, dass die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nach der Europameisterschaft 2024 und den Olympischen Spielen von Paris im vergangenen Sommer das dritte Halbfinale in Folge erreichen würden. 22 Paraden, eine Weltklasse-Quote von 42 Prozent.
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Handball-WM: Fünf Paraden von Andreas Wolff in den ersten fünf Minuten
„Ich bin sehr frustriert“, erklärte der 33 Jahre alte Keeper. Kurz angebunden. „Ich werde mich nicht hierhin stellen und über mein Team herziehen.“ Musste der Profi des THW Kiel auch nicht. Die Zahlen sprachen für sich. Renars Uscins mit einer Wurfquote von 33 Prozent, Julian Köster mit 60 Prozent, Juri Knorr mit 64 Prozent.
„Wir haben die Chancen gehabt, aber die Würfe waren sehr schlecht“, erklärte ein ebenfalls tief enttäuschter Bundestrainer Alfred Gislason. „Wir machen den Portugiesen das Leben mit einigen technischen Fehlern auch sehr leicht.“
Vor allem in der ersten Hälfte. Bis zur siebten Minute musste das DHB-Team auf seinen ersten Treffer warten, da hatte Keeper Wolff schon fünf Bälle pariert. Das musste der 33-Jährige auch. Weil seine Teamkollegen in der Offensive Probleme mit der aktiven Defensive der noch ungeschlagenen Portugiesen hatten.
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Lukas Zerbe dreht das Spiel mit drei Treffern
Das sollte sich auch die gesamte erste Hälfte nicht legen. Die deutsche Mannschaft lief vor knapp 7500 Zuschauern in der Osloer Unity Arena permanent einem Rückstand hinterher, konnte die schnellen Portugiesen im Angriff nicht stoppen und fand keine Lücke in der rot-grünen Verteidigung. Fehlwürfe, Ungenauigkeiten im Abspiel und übereilte Abschlüsse erschwerten das Unterfangen Halbfinale.
„Wir haben eine extrem schlechte Halbzeit gespielt, haben so viel verworfen“, sagte Kapitän Johannes Golla. Erst im zweiten Durchgang wirkten der Flensburger und seine Teamkollegen im DHB-Dress konzentrierter, steigerten sich in Angriff und Abwehr.
Rechtsaußen Lukas Zerbe brachte den Olympiazweiten von Paris und Lille mit einem Dreierpack zurück in die Partie, und zum ersten Mal überhaupt an diesem Abend in Führung (20:18/48.). Alles lief auf eine hochspannende Schlussphase hinaus, die schließlich in der Verlängerung endete.
Rückkehrer Juri Knorr muss schon ab der elften Minuten spielen
„Wir haben es leider nicht geschafft, in der entscheidenden Phase den Knockout zu setzen“, monierte Torhüter Wolff. Das galt sowohl für die letzten Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit, als die DHB-Auswahl in Unterzahl agieren musste. Als auch für die Verlängerung, als Renars Uscins den letzten deutschen Angriff verwarf und Portugals Martim Costa den Halbfinaleinzug für die Portugiesen im Gegenzug eintüte (69.).
Daran hatte nicht einmal Juri Knorr etwas ändern können. Der Ausnahmekönner war die große Unbekannte der Partie gewesen. Wie lange würde er spielen können, nachdem der 24-Jährige nach einem Infekt erst am Montag grünes Licht für einen Einsatz gegeben hatte? Die Frage aller Fragen vor dem ersten K.o.-Spiel dieser WM. 60 Minuten nicht, das hatte Bundestrainer Gislason im Vorfeld schon erklärt.

DHB-Team verpasst das Ziel Halbfinale
Am Ende musste er ab der elften Minute ran. Der deutsche Angriff brauchte die Impulse, die Ideen und das Durchsetzungsvermögen seines Spielmachers. Er riss die Mannschaft mit, konnte das dramatische Aus in der Schlusssekunde aber auch nicht verhindern.
„Ich bin extrem traurig“, bilanzierte Bundestrainer Gislason. „Es ist bitter, dass wir unser Ziel Halbfinale nicht erreicht haben. Aber bei mir überwiegt, dass ich sehr stolz bin auf die Jungs.“ Am Donnerstag geht es für den DHB-Tross nach Hause. Und Kapitän Johannes Golla kündigte an: „Wir kommen wieder.“ Nur eben nicht nach Oslo.
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