Melbourne. Alexander Zverev ist souverän und mit ungewohnt wenig Drama ins Achtelfinale der Australian Open eingezogen. Fans sorgen für Lacher nach dem Sieg.

Andrea Petkovic ist auch als verrentete Tennis-Berufsspielerin noch auf allen Kontinenten unterwegs. Bei den Australian Open führt sie dieser Tage auf den Showcourts launige Interviews mit den Stars und Sternchen der Szene, am Freitag war dann mal Landsmann Alexander Zverev dran – bei Petko am Mikro, nach seinem entspannten 6:3, 6:4, 6:4-Sieg in der dritten Runde gegen den Briten Jacob Fearnley. Neugierig war die umtriebige Darmstädterin vor allem auf eins, nämlich, welcher Stein bei Zverevs großer professioneller Reformanstrengung denn noch auf dem anderen bleibe, schließlich habe er ja alles umgemodelt, „Vorhand, Return, das Offensivspiel, den Aufschlag und den Schläger“.

Alexander Zverev bezwang den Briten Jacob Fearnley klar.
Alexander Zverev bezwang den Briten Jacob Fearnley klar. © AFP | DAVID GRAY

Zverev, wie üblich schlagfertig in diesen Tagen, hatte sofort die Antwort parat: „Meine Frisur, die bleibt.“ Um die Haarpflege müsse er sich auch kümmern, fügte er hinzu, schließlich wolle er nicht bald so enden wie sein Vater, der habe schließlich eine Glatze. Gelächter in der Margaret-Court-Arena zu Melbourne, ein Schmunzeln auch beim Trainer-Papa, der ist schließlich so manche Spitze von seinem Sohn, der Nummer zwei der Tenniswelt, gewohnt.

Zverev in Melbourne bislang ohne Satzverlust

Keine Frage indes: Die Zeichen stehen auf Veränderung bei Zverev, dem deutschen Frontmann mit den großen Ambitionen und Hoffnungen. Gut zehn Jahre nach seinem Einstieg in den Wanderzirkus ist der 27-jährige Hamburger bei seiner Runderneuerung schon ziemlich weit vorangekommen – ohne diesen Prozess der signifikanten Verwandlung schon ganz und gar abgeschlossen zu haben. „Stillstand ist Rückschritt“, sagt Zverev, „die Konkurrenz da draußen, gerade von den jüngeren Leuten, ist riesengroß“. Deshalb setzt Zverev wie nie zuvor in seinen Jahren als etablierter Profi auf Mut, Risiko und Aktion. Und will seine in der Vergangenheit zu oft zu defensive Grundhaltung abschütteln.

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6:4, 6:4, 6:4, 6:1, 6:4, 6:1, 6:3, 6:4, 6:4 – diese Satzergebnisse hat Zverev bisher in sein Arbeitszeugnis bei den Australian Open 2025 festgeschrieben, auch dank seines neuerdings viel zupackenderen Auftretens auf den Grand-Slam-Bühnen am Yarra River. Sicher, Zverev trat nur gegen die Nummer 103, die Nummer 44 und die Nummer 92 in der Tennis-Hackordnung an, aber wie oft hatte der Hamburger in der Vergangenheit seine kleineren und größeren Problemchen gegen vermeintliche Außenseiter. In der ersten Major-Woche ist ja für Spieler vom Kaliber Zverevs, also eines Turnierfavoritens, vor allem eins wichtig: Effizienz, Energiemanagement, Souveränität. „Und da hat Sascha“, so merkte Tenniskanzler Boris Becker an, „in allen Bereichen sehr gut ausgesehen.“

Siegemund scheitert zwei Tage nach Überraschungscoup

Ganz anders übrigens als Becker, der beim letzten seiner sechs Major-Siegläufe 1996 in Melbourne in Woche eins Riesendramen inszenierte, immer wieder aussichtslos scheinende Rückstände aufholen musste – und sich dennoch als Pokalgewinner über die Ziellinie rettete. Zverev ist tatsächlich nun in jenem Alter, in dem Becker damals, Mitte der 1990er-Jahre, war. Mit seinem Sieg über Fearnley zog Zverev als sechsmaliger Achtelfinal-Teilnehmer in Melbourne mit Becker gleich, aber er läuft halt noch immer und immer wieder dem ersten Triumph auf Grand Slam-Niveau hinterher. „Ich habe mich in eine gute Ausgangsposition gebracht für das, was jetzt kommt“, sagt Zverev, „die großen Bewährungsproben stehen noch aus.“

Anders bei Laura Siegemund. Zwei Tage nach ihrem Überraschungscoup gegen Olympiasiegerin Zheng Qinwen war die 36-Jährige in der dritten Runde chancenlos. Gegen die gesetzte Anastassija Pawljutschenkowa verlor sie in gut eineinhalb Stunden mit 1:6, 2:6 und verpasste das erste Melbourne-Achtelfinale ihrer Karriere deutlich. Im Doppelwettbewerb, auf den die Schwäbin schon seit einiger Zeit ihren Fokus gelegt hat, zog sie an der Seite der Brasilianerin Beatriz Haddad Maia jedoch souverän in die zweite Runde ein. Nach dem 6:1, 6:3 über das Duo Quinn Gleason/Suzan Lamens (USA/Niederlande) ist ihre Melbourne-Reise also ebenfalls noch nicht beendet.

Beliebt bei den Fans: Alexander Zverev schreibt nach seinem Achtelfinaleinzug bei den Australian Open fleißig Autogramme.
Beliebt bei den Fans: Alexander Zverev schreibt nach seinem Achtelfinaleinzug bei den Australian Open fleißig Autogramme. © AFP | DAVID GRAY

Alexander Zverev trifft im Achtelfinale nun entweder auf Ugo Humbert oder Arthur Fils. Die beiden Franzosen stehen sich vorher im direkten Duell gegenüber. Der 27-Jährige hat allen Grund, zuversichtlich zu sein. Aus dem Konzept brachte ihn am Freitag lediglich das Publikum. Einige Fans forderten ihn nach seinem Sieg lautstark auf, doch sein T-Shirt auszuziehen. „Nachdem ich das Turnier gewonnen habe, das verspreche ich“, sagte Zverev etwas verlegen und fügte zur Sicherheit lächelnd an: „Nein, war ein Spaß.“ Eine Fortführung des Interviews mit Andreas Petkovic war bei dem lauten Gelächter von den Rängen kaum mehr möglich, weshalb es Zverev mit einem Lächeln beendete. „Gratulation, ihr habt Sascha Zverev gebrochen“, scherzte Petkovic. Freilich galt dies nicht für seine Vorstellung auf dem Platz.