Essen/Melbourne. Die Australian Open rücken näher. Nach mehreren Dopingfällen steht der Grand Slam besonders im Fokus. Greift Zverev zum Titel?

In nur wenigen Tagen startet der erste Grand Slam der Tennis-Saison 2025 – und es könnte gleich aufregend werden. Mittendrin: Alexander Zverev. Der mit Abstand beste deutsche Tennisspieler der vergangenen Jahre wartet noch immer auf seinen ersten Grand-Slam-Titel. Klappt es jetzt in Australien?

Der Druck wächst auf den inzwischen 27-Jährigen. „Sascha muss in den nächsten 18 Monaten eben diesen Grand-Slam-Sieg haben, weil es danach deutlich schwieriger wird“, monierte kürzlich Tennis-Legende Boris Becker. Das weiß auch Zverev. „Es ist nicht so, dass ich mich zufriedengebe und sage, ich lehne mich zurück und genieße die Resultate, die ich habe“, äußert sich der Weltranglistenzweite im Tennismagazin zu den öffentlichen Erwartungen.

Becker: „Hoffe, dass Zverev die Lektionen aus dem letzten Jahr gelernt hat“

Die Vorzeichen stehen gut, Zverev geht fit in das Turnier. Seine Bizeps-Zerrung hat er inzwischen auskuriert. Noch vor eineinhalb Wochen musste er aus diesem Grund seine Teilnahme am United Cup mit dem deutschen Team absagen. Die Fitness ist aber ohnehin nur das eine. In der zweiten Woche eines großen Turniers, betonte Becker, ginge es nicht mehr wirklich um die sportlichen Fähigkeiten: „Da geht es um die mentale Einstellung, um die Psyche.“ Etwas, das ließ Becker durchblicken, das Zverev bei allen Fortschritten in den vergangenen Jahren noch immer ein wenig abging. Aber, so der einstige Wimbledon-Sieger, auch das könne man trainieren: „Das weiß er und deswegen hoffe ich, dass er die Lektionen aus dem letzten Jahr gelernt hat.“

Boris Becker (l) und Alexander Zverev (r)
Boris Becker fordert von Deutschlands Tennis-Star Alexander Zverev den Grand-Slam-Gewinn. © DPA Images | Harald Tittel

Kurz vor Beginn der Australian Open immerhin hat Zverev nun einen Show-Satz gegen Konkurrent Novak Djokovic gespielt hat, offenbar einigermaßen ordentlich. Denn der Serbe zeigte sich beeindruckt: „Er sieht gut aus, sein Aufschlag ist stark.“ Djokovic, der Zverev bei dem einen Satz ohne sportlichen Wert knapp mit 7:6 besiegte, könnte dem Deutschen in Melbourne noch ernsthaft dazwischenkommen.

Nach dem Rücktritt von Rafael Nadal 2024 ist der Serbe die letzte schillernde Figur der vergangenen beiden Tennis-Jahrzehnte. Triumphiert der Olympiasieger in Melbourne, hätte er mit dann 25 Siegen mehr Grand Slams gewonnen als jeder Spieler und jede Spielerin vor ihm. Doch kann der schon 37-jährige Djokovic noch einmal sein ganzes Können abrufen? Möglicherweise ist 2025 das letzte konkurrenzfähige Jahr seiner Karriere.

Diese Favoriten wollen in Australien den Grand Slam gewinnen

Zverev, der sein erstes Match im Turnier gegen den französischen Qualifikanten Lucas Pouille bestreiten wird, könnte erst im Halbfinale auf Djokovic treffen. Auch Carlos Alcaraz, Weltranglistendritter, ist ein potenzieller Halbfinalgegner. Komplementiert wird die Favoritenliste bei den Herren durch den aktuell besten Spieler der Welt, den Italiener Jannik Sinner.

Bei den Frauen ist das Teilnehmerfeld ebenfalls stark besetzt. In Melbourne gelten die Polin Iga Swiatek, Aryna Sabalenka aus Belarus, US-Star Coco Gauff und die Kasachin Jelena Rybakina als größte Titelanwärterinnen. Doch nicht nur ihnen ist ein Sieg zuzutrauen. Zu alter Stärke hat etwa Naomi Osaka nach der Geburt ihrer Tochter zurückgefunden. Die Japanerin belegt derzeit zwar „nur“ Rang 50 der Weltrangliste, doch womöglich reicht es in diesem Jahr wieder für einen großen Titel.

Ein Doping-Test der fünfmaligen Grand-Slam-Gewinnern Iga Świątek fiel 2024 positiv aus.
Ein Doping-Test der fünfmaligen Grand-Slam-Gewinnern Iga Świątek fiel 2024 positiv aus. © Getty Images | Clive Brunskill

Nachdem zuletzt Jahr für Jahr eine große Karriere nach der anderen endete, steht viel Bewegung in den Weltranglisten des Tennis bevor. Die Zeiten der Dominanz von Serena Williams, Roger Federer oder Rafael Nadal sind vorbei. Djokovics Ex-Konkurrent Andy Murray ist inzwischen sogar dessen Trainer. Die Karriereenden der Seriengewinner rissen Löcher in die Weltspitze, in die nun eine neue Generation drängt. Das könnte 2025 reichlich Bewegung in die Weltrangliste bringen.

Überführte Dopingfälle werfen Schatten auf die Australien Open

In die neue Saison ragt aber auch drohend der Schatten des vergangenen, von Dopingfällen dominierten Jahres. Abseits der Leistungen auf dem Platz werden in Australien viele Blicke auf Sinner und Swiatek gerichtet sein. Beide Profis hatten im vergangenen Jahr nachweislich gedopt. Swiatek musste im Herbst deswegen sogar eine einmonatige Sperre aussitzen. In Melbourne antreten dürfen beide dennoch, sehr zum Unmut ihrer Tenniskollegen.

Kürzlich kritisierten unter anderem Djokovic und auch Lokalmatador Nick Kyrgios öffentlich den Umgang mit den Dopingsündern. „Zwei Weltranglistenerste, und beide des Dopings überführt – das ist ekelhaft für unseren Sport. Das wirft ein schreckliches Licht auf die Integrität des Tennissports“, meckerte Kyrgios jetzt. Sollten Sinner oder Swiatek nun in Melbourne Erfolge feiern, dürfte das Doping-Thema in diesem Jahr noch stärker Fahrt aufnehmen. dpa