Madrid. In Ungnade bei den Fans, Streit mit dem Ex-Klub und nun schwere Vorwürfe. Superstar Kylian Mbappé durchlebt turbulente Wochen.

In der 20. Minute hatte Kylian Mbappé endlich mal Platz. Ein Abspielfehler des Gegners beförderte den Abpraller genau auf seinen Fuß. Der 25-Jährige legte sich den Ball zurecht und beförderte ihn aus gut 20 Metern mit rechts ins linke Toreck. Es war das 1:0 für Real Madrid bei Celta Vigo, letztlich gewann Mbappés Team mit 2:1. Für ihn bedeutete das Tor, so wird das dann ja gern gewertet, einen Befreiungsschlag.

Hinter dem französischen Stürmerstar, für viele Beobachter der zeitgenössisch weltbeste Fußballer, liegen turbulente Wochen. In seiner Heimat ist er bei vielen Fans in Ungnade gefallen – weniger wegen des Wechsels von Paris Saint-Germain zu Real an sich als wegen seines Verhaltens seitdem. Mbappé wirkte bei den September-Länderspielen lustlos und wurde ausgepfiffen. Die Oktober-Länderspiele sagte er wegen einer Zerrung ab, obwohl er im Klub vorher und nachher in der Startelf stand. Und dann ist da noch die Art und Weise, wie er seine jüngste Auszeit zubrachte.

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Mbappé: Schwere Anschuldigungen aus Schweden

Statt die vermeintliche Verletzung auszukurieren, flog Mbappé für einen Fünftagestrip durch Europa und sah sich bald mit einem schwerwiegenden Verdacht konfrontiert. Laut schwedischer Medien wird gegen ihn wegen eines angezeigten Vergewaltigungsfalls in einem Stockholmer Luxushotel ermittelt. Die Staatsanwaltschaft hat diese Darstellungen bisher weder bestätigt noch dementiert. Mbappé bestritt jedes Fehlverhalten vehement („Fake News“) und erklärte die mysteriöse Affäre zu einer Falle des PSG, mit dem er in einen Gerichtsprozess um ausstehende Gehaltszahlungen verstrickt ist. Derweil wurde in Frankreich von einem einvernehmlichen Stelldichein mit einer anderen Frau in der fraglichen Nacht berichtet. Ansonsten bleibt die Angelegenheit auch zu Wochenbeginn weiterhin im Dunkeln.

Dennoch steht vor dem Besuch von Champions-League-Spitzenreiter Borussia Dortmund am Dienstag nach einer überraschenden Niederlage in Lille am vergangenen Europapokal-Spieltag nicht nur Madrids Team unter Zugzwang. Auch beim neuen Chef-Galaktischen wartet das Fanvolk weiter auf die erste echte Gala. Zwar hat Mbappé in der Liga schon sechs Tore erzielt, eine ordentliche Quote. Doch drei Treffer waren Elfmeter, und die Ausbeute verblasst weiter, wenn man sie den bereits zwölf Toren von Barcelonas Robert Lewandowski gegenüberstellt. Real und Barça gelten in Spanien als miteinander kommunizierende Röhren: die eigene Leistung ist nur so gut, wie sie auch besser ist als die des Erzrivalen. Und vor dem direkt am Samstag folgenden Clásico beider Teams ist Hansi Flicks Barcelona nicht nur Tabellenführer, sondern hinterlässt auch spielerisch den deutlich flüssigeren Eindruck.

Angekommen in Madrid? Noch tut sich Superstar Kylian Mbappé schwer.
Angekommen in Madrid? Noch tut sich Superstar Kylian Mbappé schwer. © dpa | Manu Fernandez

Real Madrid: Fehlende Spielkultur, keine Offensivharmonie

Im Mittelpunkt der Analysen des schleppenden Real-Fußballs steht das Mittelfeld. Mit Toni Kroos scheint auch die Spielkultur abgedankt zu haben. Alle Versuche von Trainer Carlo Ancelotti, die eher dynamisch orientierten Jude Bellingham, Aurélien Tchouaméni, Federico Valverde und Eduardo Camavinga zu einer funktionierenden Einheit zusammenzufügen, sind trotz der individuellen Klasse dieser Spieler bisher gescheitert. Am Samstag musste es der eingewechselte Luka Modric richten, mit einem klugen Pass schickte er Vinícius Júnior, der zum 2:1-Enstand traf. Modric, 39 Jahre und 40 Tage alt, überholte in Vigo den legendären Ferenc Puskás als ältester Spieler, der je das Real-Trikot überstreifte. Eine Dauerlösung kann er nicht mehr sein.

„Wir müssen unser spielerisches Niveau steigern“, räumt Trainer Carlo Ancelotti vor der Neuauflage des vergangenen Finals 2023/24 gegen den BVB ein. Manche Kritiker weisen dabei daraufhin, dass auch Mbappé eine Mitschuld an der fehlenden Offensivharmonie trägt. Weil seine bevorzugte Linksaußenposition an Vinícius vergeben ist, muss er das Sturmzentrum besetzen – wo seine Defizite zutage treten. Weder brilliert er im Kopfballspiel noch darin, den Ball mit dem Rücken zum Tor abzuschirmen oder sich so tief ins Aufbauspiel fallen lassen, wie es früher Karim Benzema unnachahmlich für Real gemacht hat. Der Tempofußballer Mbappé hat seine größten Stärken im Raum, und weil sich in Spanien die meisten Abwehrreihen gegen Madrid weit zurückziehen, bekommt er diesen Raum nur sehr selten.

Immerhin sein Trainer verspricht dennoch, dass es bald den besten Mbappé zu sehen geben soll. „Die zwei Wochen Pause haben ihm sehr geholfen, er ist ein anderer Spieler als vor der Länderspielpause“, zeigte sich Ancelotti überzeugt. Obwohl auch er bisher nicht weiß, was in diesen zwei Wochen wirklich passiert ist.