Paris. Die Hockey-Rivalen Deutschland und die Niederlande spielen am Dienstag in Paris um Olympia-Gold. Es ist die Neuauflage von 2012.

Schwarz-Rot-Gold gegen Oranje steht ohne Übertreibung für die größte Rivalität im Welthockey. Zum Teil beruht sie auf dem Olympiasieg vor zwölf Jahren. Das 2:1 gegen die Niederlande war das vierte olympische Gold für Deutschland. André Henning war damals Trainer beim HTC Uhlenhorst Mülheim, seinem Jugendverein, den er auch über acht Spielzeiten in der Bundesliga trainierte. Im Klubhaus verfolgte der heute 40-Jährige mit 200 anderen Hockeyspielern, wie einer seiner Jungs zum Helden von London wurde: Jan-Philipp Rabente schoss beide Tore, „dabei war er gar nicht fürs Toreschießen verantwortlich“, erinnert sich Henning. „Die Gefühlswelt bei ihm wie bei mir lag damals zwischen völlig perplex und extrem happy.“

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    An diesem 8. August 2024 steht André Henning selbst im olympischen Finale – und wieder geht es für Deutschland gegen die Niederlande (19 Uhr/ARD). Der gebürtige Velberter ist Bundestrainer, hat die Nationalmannschaft 2023 zum WM-Titel geführt – jetzt soll es der größte Triumph werden, den man sich in der erfolgreichsten deutschen Ballsportart der vergangenen Jahre vorstellen kann. Der Lohn wären der insgesamt fünfte Olympiasieg nach 1972, 1992, 2008 und 2012, eine golden glänzende Medaille – und für die Mülheimer Delegation in der DHB-Auswahl eine bleibende Würdigung.

    Lukas Windfeder beim olympischen Hockeyturnier in Paris.
    Lukas Windfeder beim olympischen Hockeyturnier in Paris. © AFP | LOIC VENANCE

    Wer das Klubhaus des Rekordmeisters, dieser Kaderschmiede des deutschen Hockeys, in Richtung Kunstrasen-Stadion verlässt, sieht zwangsläufig Tafeln an die Wand geschlagen, auf denen die Titelträger von großen Turnieren stehen. Vom Olympia-Gold 2012 die von Jan-Philipp Rabente und Thilo Stralkowski – „und noch so viele mehr“, sagt Henning, wenn er sich an weitere Olympiasiege, WM- und EM-Triumphe erinnert.

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    Sollte nun das Ergebnis gegen den Erzrivalen stimmen, könnten drei neue Namen dieser Uhlenhorster Ahnentafel hinzugefügt werden. Der von Lukas Windfeder (29), den der Bundestrainer für seine Steuerfähigkeiten und Übersicht lobt, wenn der Druck auf die deutsche Verteidigung am größten ist. Der von Moritz Ludwig (22), der auf den Flügeln „läuft und zockt und sich traut und viel Risiko geht“. Und der von Stürmer Malte Hellwig (26), der als sogenannter P-Akkreditierter, als Reservist im Falle von Verletzungen, immerhin zweimal zum Einsatz kam, aber außerhalb des Olympischen Dorfs wohnen muss. „Die Spieler auf der Tafel sind für uns alle Legenden“, sagt Lukas Windfeder. „Dass unsere Namen neben ihren stehen könnten, erzeugt schon Gänsehaut.“

    Bundestrainer André Henning (Mitte) mit Lukas Windfeder und der deutschen Hockey-Nationalmannschaft.
    Bundestrainer André Henning (Mitte) mit Lukas Windfeder und der deutschen Hockey-Nationalmannschaft. © Jürgen Fromme/firo Sportphoto | Jürgen Fromme

    Bevor es zur neuen Gravur kommt, werden die deutschen Hockey-Herren noch 60 Minuten lang, vielleicht auch in einem Penaltyschießen, vom „derzeit stärksten Team der Welt“ gefordert. André Henning sah beim 3:2-Halbfinalsieg über den bärenstarken Rekord-Olympiasieger Indien eine der schwächsten Paris-Darbietungen seines Teams, was fürs Finale jedoch ebenso wenig bedeute wie der 1:0-Vorrundensieg über die Niederlande. „Wir haben ein Mantra, das wir uns seit der WM einreden: An unserem schlechtesten Tag spielen wir unentschieden und gewinnen trotzdem im Shoot-out.“

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    Soweit kam es gegen Indien nicht – zweimal wurde aber der letzte Kontrahent dieses olympischen Turniers zuletzt in der Pro League auf diesem Wege bezwungen. „Die Niederländer haben Angst vor uns“, formuliert Torhüter Jean-Paul Danneberg seine Zuversicht überaus offensiv. Es steht zu befürchten, dass Oranjes Eckenvollstrecker Jip Janssen mehr aus den zwölf Versuchen machen wird als die Inder, auch wenn sie per Stecher-Variante und abgefälschtem Schuss erfolgreich waren. Ihre Nervenstärke hat die Deutschen in Paris aber noch nicht verlassen, weshalb der Bundestrainer davon ausgeht, dass es mit dem selbsterklärten Ziel seiner Spieler etwas werden kann: „Es gibt nur eine Logik, wenn man in so ein Turnier geht – und die ist, Gold zu holen.“

    Moritz Ludwig verteidigt im Olympia-Halbfinale den indischen Angreifer Abhishek Abhishek.
    Moritz Ludwig verteidigt im Olympia-Halbfinale den indischen Angreifer Abhishek Abhishek. © Getty Images | Lars Baron

    Eine Medaille hat André Henning, der auch schon den Club an der Alster in Hamburg trainierte, ja bereits. 2016 in Rio war er als Co-Trainer von Jamilon Mülders beim deutschen Bronze für die Damen dabei – in Paris ist der 48-Jährige genau wie Pasha Gademan (36) Hennings Assistent. Vom Co zum Chef und andersherum, das funktioniert? Ein Erfolgsrezept sei die klare Aufteilung je nach Expertise – offensiv, defensiv, mental. „Wir arbeiten auf Augenhöhe, haben keine direktive Führung“, sagt André Henning. Deshalb hätte er auch kein Problem damit, Mülders irgendwann zu assistieren, „wenn mein Vertrag hier mal aufgelöst wird oder ausgelaufen ist“. Als Mölmsche Jung könnten die Uhlenhorster ja Hennings Namen im Gold-Fall von Paris vorher auch noch mit auf die Tafel nehmen.

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