Essen. Die Corona-Infektionen von sieben Deutschen sind ein Schock, die EM-Chancen sinken. Doch in all dem Chaos zeigt sich Zusammenhalt. Ein Kommentar.

Schlimmer hätte es die deutschen Handballer bei der EM in Ungarn und der Slowakei nicht treffen können: Mit gleich sieben Positivgetesteten stecken sie unmittelbar vor dem so wichtigen Spiel gegen Polen (Dienstag, 18 Uhr/ZDF) voll im Corona-Chaos. Es war zu befürchten, dass nach dem positiven Test von Julius Kühn am Samstag weitere Spieler hinzukommen würden. Schließlich waren die deutschen Handballer stets zusammen im Hotel und in der Trainingshalle. Dass es aber gleich in solch einer Geballtheit kommt, dass nun auch Torwart Andreas Wolff, die Rückraumspieler Kai Häfner und Luca Witzke sowie die Außen Timo Kastening und Lukas Mertens ausfallen, ist ein Schock.

Und nun? Kurzfristig werden Torwart Johannes Bitter sowie die Feldspieler Fabian Wiede, Paul Drux, Rune Dahmke und Sebastian Firnhaber nach Bratislava kommen. Das ist bewundernswert und zeigt, dass die vor dem Turnier gefühlte Gleichgültigkeit gegenüber dem Nationalteam nicht gegeben ist. In Zeiten der Not unterbrechen Wiede, Drux und Bitter doch noch ihre persönlichen Auszeiten und reisen an, die Gefahr einer Infektion dafür in Kauf nehmend. Das würde nicht jeder tun. Diese Nationalmannschaft ist ein Team! Das ist ein Hoffnungsschimmer.

Handballer Häfner ist kaum zu ersetzen

Bis zum Polen-Spiel am Dienstagabend werden die Nachnominierten aber vielleicht gar nicht spielberechtigt sein. Das ist bitter, denn um eine Chance auf den Halbfinaleinzug zu haben, muss auch das letzte Vorrundenspiel gegen Polen gewonnen werden. Andreas Wolff wird im Tor fehlen, auch wenn Till Klimpke zuletzt bärenstark hielt. Nun muss der junge Klimpke das komplette Spiel alleine bestreiten. Besonders schwer wiegt allerdings der Verlust von Kai Häfner im rechten Rückraum. An die Spielstärke des 32-Jährigen kommt kein anderer im Team und auch in der erweiterten Kaderliste heran.

Das Handball-Turnier in Ungarn und der Slowakei ist auch in Sachen Corona-Schutz eine zweigeteilte EM. In der Slowakei, wo Deutschland spielt, war bisher ein verantwortungsvolles Krisen-Management zu erkennen. Die Hallen dürfen nur zu 25 Prozent ausgelastet werden, Eintritt haben maskentragende geimpfte oder genesene Fans. Trotz aller Vorsicht, und das deutsche Team zeigte sich stets übervorsichtig, schlug das Virus aber nun zu. In der Slowakei - und nicht etwa im zweiten Ausrichterland Ungarn, wo Corona bei vollen Hallen weitgehend ignoriert wird. Es ist zu befürchten, dass es in den kommenden Tagen noch viele weitere Fälle geben wird. Der Bundesliga-Manager Bob Hanning von den Füchsen Berlin hatte einst prophezeit, dass Europameister wird, wer die wenigsten Corona-Fälle zu verzeichnen hat. Dass am Ende nicht die eigene Leistung, sondern das Virus maßgeblich über das Weiterkommen entscheidet. Es klang vor dem Turnier leicht übertrieben und schwarzmalerisch. Nun zeigt sich: Es könnte wirklich so kommen.