Sinsheim. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft startet erfolgreich ins WM-Jahr. Im Testspiel gegen Israel siegte die DFB-Elf locker mit 2:0.
Hansi Flick stand an der Seitenlinie und gestikulierte. Rundum zufrieden war der Bundestrainer nicht, obwohl seine Mannschaft das Testspiel gegen Israel klar beherrschte und am Ende auch hochverdient 2:0 (2:0) gewann. Das allerdings war auch zu erwarten gegen den Fußballzwerg Israel, in der Weltrangliste auf Rang 77 platziert. Den spielerischen Glanz, den Flick gerne gesehen hätte, versprühte seine Mannschaft nur äußerst dosiert.
Daran war der Bundestrainer allerdings nicht ganz unschuldig, er nutzte das erste Spiel des WM-Jahres für zahlreiche Experimente: Julian Weigl wurde im defensiven Mittelfeld als Joshua-Kimmich-Ersatz getestet, die beiden Pariser Thilo Kehrer und Julian Draxler durften etwas Spielpraxis auf der rechten Seite sammeln und Nico Schlotterbeck gab sein Debüt in der Innenverteidigung.
Erster kleiner Wutanfall von Hansi Flick nach sechs Minuten
Auf sich aufmerksam machen konnte vor allem Schlotterbeck – doch dazu später. Zunächst einmal nämlich war der deutschen Mannschaft anzumerken, dass sie recht bunt zusammengewürfelt war. Lauf- und Passwege wollten nicht recht zusammenpassen, nach gut sechs Minuten waren schon vier haarsträubende Fehlpässe zu verzeichnen – und Flick bekam an der Seitenlinie den ersten kleinen Wutanfall, weil Kehrer mit einem schlampigen Zuspiel nicht den Gegner, sondern den eigenen Mann laufen ließ.
Dennoch bestimmte die deutsche Mannschaft das Geschehen, weil es den Israelis noch viel stärker an Präzision mangelte. Schlotterbeck gefiel als Spielgestalter aus der Tiefe, spielte einen feinen Pass nach dem anderen und fing auch viele Angriffe ab. Und David Raum, nominell als Linksverteidiger aufgeboten, schob immer wieder über die linke Seite an, gab mehr den Linksaußen. Hinten gab es kaum kritische Momente zu überstehen – nur einmal ging Kehrer im eigenen Strafraum recht ungestüm gegen den Munas Dabbur in den Luftzweikampf. Einen Elfmeter aber gab es nicht (26.).
Nico Schlotterbeck mit traumhaften Pässen
Die deutsche Mannschaft kam mehr und mehr in und an den Strafraum, doch der Ball wollte zunächst nicht ins Tor. Schlotterbeck bediente erst Timo Werner (35.) und dann Kai Havertz (36.) mit traumhaften Steckpässen, doch beide scheiterten freistehend am guten Gästetorhüter Ofir Marciano. Havertz aber musste sich nicht lange ärgern, bei der anschließenden, durch Raum getretenen Ecke schraubte er sich am ersten Pfosten hoch und köpfte ein – ganz nach Art eines Mittelstürmers, wie er ihn aktuell für seinen Heimatverein FC Chelsea regelmäßig gibt.
Ein simpler Standard an den ersten Pfosten – dieses Erfolgsmodell probierte die deutsche Mannschaft gleich noch einmal. Dieses Mal trat Gündogan einen Freistoß halbhoch und scharf nach innen und Werner lenkte den Ball mit ausgestrecktem Bein ins Tor (45.+1).
Jamal Musiala verzückt mit seinen Dribblings
Das Spiel gegen die äußerst biederen Gäste war damit früh entschieden – auch wenn das vermeintliche 3:0 durch Werner zu Recht wegen Abseits zurückgepfiffen wurde (50.). Die 25.600 Zuschauer ließen die Welle durch die ausverkaufte Sinsheimer Arena schwappen, die deutsche Mannschaft spielte sich den Ball weitgehend sicher, aber ohne allzu große Zielstrebigkeit hin und her, der 19-jährige Musiala verzückte mit seinen Dribblings das Publikum. Wenn es spannend wurde, dann im israelischen Strafraum, wo Kehrer (60.) und Draxler (68.) mit ihren Direktabnahmen am abermals famos reagierenden Marciano scheiterten.
Flick experimentierte derweil munter weiter, brachte den Mainzer Anton Stach für Weigl und damit den nächsten Debütanten – und Christian Günter für den enorm auffälligen Raum sowie Lukas Nmecha für Havertz. Es änderte nichts an der deutschen Dominanz, , über die sich nicht alle Deutschen gleichermaßen freuten: Marc-André ter Stegen und Kevin Trapp hüteten je eine Halbzeit das deutsche Tor, bekamen aber fast keine Gelegenheit, sich auszuzeichnen.
Thomas Müller verschießt Elfmeter, Kevin Trapp hält
Das Spiel plätscherte ohne größeren Aufreger dem Ende entgegen – bis der israelische Abwehrspieler Sun Menachem Nmecha im eigenen Strafraum äußerst tollpatschig über den Haufen lief. Der eingewechselte Thomas Müller nahm sich der Sache an – doch sein Schuss klatschte an den Außenpfosten (89.)
Wenigstens in einem waren die Israelis an diesem Abend ebenbürtig: Auch sie verschossen noch einen Elfmeter. Der bis dahin so starke Schlotterbeck verschusselte den Ball im Strafraum an Yonatan Cohen, trat diesen dann um. Cohen schoss den fälligen Strafstoß selbst – und scheiterte an Trapp, der sich dann doch wenigstens einmal beweisen durfte (90.+4).
Schon am Dienstag in Amsterdam gegen die Niederlande (20.45 Uhr/ARD) dürfte die deutsche Nationalmannschaft deutlich stärker gefordert werden – und auch der Torhüter, der dann wohl wieder Manuel Neuer heißen wird, sehr viel mehr zu tun bekommen.