Aachen.. Die deutschen Dressur-Reiter haben bei der Reit-EM in Aachen enttäuscht und nur Bronze im Team geholt. Wunderhengst Totilas sorgt für Gerüchte.
Matthias Alexander Rath gerät ins Stocken. Das passiert dem 31-Jährigen manchmal, wenn ihm die richtigen Worte nicht einfallen wollen. Oder er sie vielleicht nicht sagen will. Auf die Frage, ob sein Zehn-Millionenhengst Totilas nach der verpatzten Titelverteidigung im EM-Mannschaftswettbewerb am Donnerstag noch im Dressur-Einzel antrete, druckste er herum. Dann sagte er: „Das werden wir im Training sehen. Wir müssen warten, was der Tierarzt sagt.“ Bundestrainerin Monica Theodorescu hielt sich an einen ähnlichen Wortlaut.
Totilas in Tierklinik
Was sich andeutete, wurde am Freitag von Equipe-Chef Klaus Roeser bestätigt: Totilas wird bei der EM in der Aachener Soers nicht mehr ins Viereck gehen. „Wir haben zum Wohle des Pferdes entschieden“, sagte er. Das große Comeback des Millionenhengstes war damit gescheitert.
Bereits am Donnerstag, als Rath und Totilas mit enttäuschenden 75,971 Prozent aus dem Stadion kamen, tauchten erste Zweifel am Fitnesszustand des Pferdes auf. Etwas schien mit dem hinteren linken Bein nicht zu stimmen. „Es sind keine äußerlichen Beeinträchtigungen festzustellen“, versicherte Roeser jedoch.
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Rath hatte vor der EM noch betont, wie froh er sei, dass Totilas so unglaublich fit sei. Jetzt wird das Pferd aber erstmal in einer Tierklinik untersucht.
Werth bleibt nur noch Ironie
Das deutsche Team verliert damit einen Platz in den Einzel-Grand-Prix, die am Samstag mit dem Spécial (11 Uhr) starten. Hat die deutsche Equipe etwa auf das falsche Pferd gesetzt? Erst im letzten Moment waren Totilas und Rath für die EM nominiert worden, nun verstärkt sich der Verdacht, dass es nach der einjährigen Verletzungspause vorbei ist mit dem Wunder – der Hengst ist nur noch ein Hengst.
Einer, der den großen Erwartungen erneut nicht gerecht wurde. Statt Team-Gold gab es Bronze, auch, weil Totilas in der Richterbewertung nicht auf die einkalkulierten rund 80 Prozentpunkte kam.
Am Ende blieb Olympiasiegerin Isabell Werth nur noch Ironie: „Wir wollten natürlich Dritter werden. Immer nur zu gewinnen, ist doch langweilig, wir wollten andere glücklich machen.“
Bröring-Sprehe noch Chance auf EM-Medaille
Das waren vor allem die Niederländer, die neuen Europameister. Allen voran der frühere Totilas-Reiter Edward Gal. Gelöst schäkerte er auf der Pressekonferenz, strich nach einem Kompliment für seinen Ritt sichtlich geschmeichelt seine Haartolle zurück. Unangenehm, das zu sehen – zumindest für das deutsche Team. Geschlossen ließ es die Köpfe hängen. Die niederländische Feierlaune steckte nicht an. Wie auch? Das lange ausgeschriebene Projekt Gold-Verteidigung ist krachend gescheitert. Fragwürdige Richterwertungen bei Rath und Werth hin oder her.
Auch im Einzel wird Deutschland die Schlappe kaum zurechtrücken. Einzig Kristina Bröring-Sprehe, die die drittbeste Reiterin wurde, werden noch Medaillenchancen zugeschrieben. Und Totilas? Dem 15-jährigen Rappen droht das Karriereende. Wird er zu Olympia in Rio 2016 nicht fit, wäre das seit 2010 dauernde Projekt Rath/Totilas ohne großen Titel gescheitert.