Essen. Es ist still geworden um den ehemaligen Wolfsburg- und Schalke-Trainer Felix Magath. Doch sein Ruf als “Quälix“ und mögliche Parallelen zum RTL-Dschungelcamp brachten ihn zu ZDF-Talker Markus Lanz. Dort sprach er über Fußballergehälter, seinen Vater und gestand, wer seine Facebook-Einträge schreibt.
Der Januar ist eigentlich die Bühne von Felix Magath. Die Bundesliga startet in die Rückrunde und das Transferfenster in den Kulissen steht sperrangelweit auf. Magath fehlt als Protagonist in diesem Akt. Der Trainer, der zuletzt beim VfL Wolfsburg die Hauptrolle abgeben musste, ist momentan nicht Teil der Fußballwelt - auf jeden Fall nicht als handelnde Person. Magath ist auf anderen Bühnen vertreten. Bei Facebook beispielsweise, wo sich der 59-Jährige regelmäßig unregelmäßig zum Geschehen in seinem Fachbereich äußert - oder äußern lässt. Aber dazu später mehr.
Seinen fast 213.000 Fans, Tendenz steigend, kündigte Magath einen Auftritt im ZDF an: "Ich freue mich auf den Termin, genauso wie auf die Sendung, da ich Markus Lanz, dessen Gesprächsführung und dieses TV Format schätze." Das TV-Format war nicht die große Samstagabend-Show "Wetten, dass..?" - dafür hätte der Fußballtrainer den FC Schalke wohl zur Schale führen müssen - nein, der Fußballlehrer saß in der Lanz-Talkrunde, die am späten Donnerstagabend ausgestrahlt wurde.
Als "ein gewisser Felix Magath", kündigte der Moderator den dreifachen Meistertrainer an und grinste breit. Lanz freute sich offensichtlich schon zu Beginn der Gesprächsrunde über die Fragen zu den Parallelen von Dschungelcamp und Magaths Ruf als "Quälix".
Ausgerechnet Magath kritisiert Gehaltsgefüge in der Bundesliga
Tatsächlich eröffnete Lanz die Show mit dem RTL-Promi-Busch zum Auflockern und dem politischen Dschungel der FDP. Autor Michael Jürgens, Heide Simonis, die ehemalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, "heute show"-Reporter Lutz van der Horst und der ehemalige Dschungel-Kandidat Carsten Spengemann übernahmen das Warm-up, während sich Magath, elegant im dunkelgrauen Anzug mit einer königsblau anmutenden Krawatte, vornehm zurückhielt und nur dann sprach, wenn er gefragt wurde.
Fragen wie: "Sollte die FDP nicht vielleicht alles aus einer starken Hand machen, Herr Magath? Das kennen Sie doch gut?" oder "Ist Politik nichts für Sie, weil die Leute da auch widersprechen?" Plumpe Andeutungen, die den zuletzt erfolglosen Erfolgstrainer nicht aus der Fassung bringen konnten. Hätte Magath jetzt einen Tee gehabt, er würde ihn langsam rechtsrum umrühren.
Zum Pflichtpolitikblock äußerte sich der ehemalige Fußballfachmann nur zurückhaltend. Er habe viel von Bundeskanzler Gerhard Schröder gehalten, der dann aber "fallen gelassen wurde", als der Erfolg ausblieb. Man gehe mit den Menschen, die erfolgreich sind, besonders kritisch um in dieser Gesellschaft. Rums. Gesellschafts-Kritik von Felix Magath.
Und Applaus vom Publikum. Magath wirkte. Mit seiner trockenen Art hatte er den ersten Lacher der Sendung auf seiner Seite und weiteren Applaus erntete der "Brillenträger des Jahres 2004", als es um die Gehaltsdiskussion in der Branche, "in der ich in den letzten Jahren tätig war" ging.
Dort werde viel "zu viel verdient", gestand Magath. Ausgerechnet Magath, der enorme Altlasten beim FC Schalke 04 hinterlassen hat und bei der Fußballabteilung des VW-Konzerns in Wolfsburg Geld mit offenen Armen unter sehr durchschnittliche Spieler verteilte und diese zu Millionären machte. "Natürlich verdient unsere Berufsgruppe zu viel", sagte Magath, aber die Zeit, in der das anders war, könne man nicht mehr zurückdrehen.
Magath rauchte früher bis zu 60 Zigaretten am Tag
Aber der Moderator kann die Zeit zurückdrehen. Es wurde persönlich. Lanz beugte sich zu seiner Linken rüber und nahm den Coach in die lanz'sche Mangel. Ob Magath beim Thema "Quälix" dünnheutig werde, fragte der Talkmaster. Und der Profi antwortete: "Der Spieler Magath wäre froh über einen Trainer Magath gewesen. Er wäre dankbar gewesen", versicherte der Fußballlehrer. Und Magath menschelte.
Ein Einspielfilmchen zeigte den jungen Magath im Jahr 1969 mit blanker Brust und Sixpack, Ball, Bier und Glimmstängel. Der Disziplin-König Magath ein Raucher? 60 Zigaretten habe der damalige Fußball-Profi Magath an trainingsfreien Tagen geraucht, nur 40 an Tagen mit einer Einheit. Immer wieder kam Lanz auf das Thema Rauchen zurück, wohl fasziniert davon, wie konträr das klang. Am 22.2.82 habe er aufgehört, erzählt Magath und ein Jahr später "in Athen gegen Juventus Turin wohl das wichtigste Tor der Vereinsgeschichte des HSV geschossen" (Lanz).
Der Fußballblock ist damit aber noch nicht zu Ende. Lanz lässt den Trainer reden. Über Dortmund und den modernen Fußball, über Guardiola und den FC Bayern ("Die Lobhudelein machen ihm die Arbeit nicht leichter. Er wird auf ein Niveau gestellt, dass er gar nicht erreichen kann") und seine eigene Trainerkarriere. Geschichten und Anekdoten, die der Bochumer Fußball-Autor Ben Redelings in einem Buch veröffentlichen könnte, waren nicht dabei.
Durch das Gehalt bei Bayern München hat Felix Magath ausgesorgt
Als Magath über seine Grenzen sprach, witterte Lanz die Chance, noch mehr über die Person "Felix Magath" zu erfahren. Die anderen Talkshow- und Duz-Gäste waren nettes Beiwerk, kamen aber gar nicht mehr zu Wort. Hätte Magath seinen Vater an seiner Seite gehabt, "wäre sein Leben wohl komplett anders gelaufen", zitiert Lanz aus Magaths Leben. Der Europameister von 1980 war ein Nachkriegskind, das seine Schulzeit lieber auf dem Fußballplatz verbracht hat, statt sich um die Hausaufgaben zu kümmern. Die harte Hand fehlte, weil Felix Vater, ein amerikanischer GI, auf den Virgin Islands lebte.
Erst mit 15 Jahren hatte Magath wieder "regelmäßig Kontakt" zu seinem Vater, den er nach seiner aktiven Laufbahn "jedes Jahr besucht" hat. Er habe ihn als Kind vermisst und sei "wahrscheinlich deshalb jetzt" sechsfacher Familienvater. "Damit fühle ich mich wohl." Vor allem in dem Wissen, keinen Existenzdruck mehr zu haben. "Bis zum Engagement beim FC Bayern dauerte es, bis ich theoretisch nicht mehr arbeiten musste."
Die Klammer zum Geld und der Fußballbranche war wieder geschlagen. Nicht alle Verträge, die über Spieler des VfL Wolfsburg in der vergangenen Woche veröffentlich wurden, seien auf seinen Mist gewachsen. Er wäre für die 8,2 Millionen Euro für Diego nicht verantwortlich gewesen. "Wenn einer deutlich mehr verdient als die anderen ist es für eine Mannschaft schwer", erzählt Magath: "Davon war ich nie ein Freund." Von haushohen Gehältern aber wohl doch. "Der Markt bestimmt. Ich finde, die soziale Marktwirtschaft ist die richtige Form", und das rechtfertige dann wohl die hohen Gehälter.
Magath lässt Studenten bei Facebook für ihn schreiben
Wie viel seine Studenten verdienen, die für ihn seine Facebook-Einträge machen, veröffentlichte Magath aber nicht in den knapp 35 Minuten Interview. Die Idee, sich damals bei Facebook anzumelden, sei "aus der Not geboren." Magath wurde zu seiner Zeit auf Schalke "von den Medien sehr übel angegangen" und sah "keine Möglichkeit, sich über die Medien zu verteidigen." Also registrierte er sich im sozialen Netz und versuchte, den Schalke-Fans seine Sicht der Dinge nahezubringen.
"Ich schreibe da selbst" erzählte Magath, und korrigierte: "Ich bin da verantwortlich und habe Helfer, Studenten, die die Dinge für mich..." Pause. "Die Inhalte werden mit mir abgesprochen." Applaus. Es war der letzte Satz von Magath in der Talkrunde und der Moderator bedankte sich "für die Offenheit" und war überrascht, "wie plauderfreudig sie heute sind." Manchmal sei es nicht fair, wie man mit den Leuten umgeht", kritisierte Lanz. Die Diskussion müsse man führen. Felix Magath wird sicherlich bei Facebook drüber schreiben. Lassen.