Krefeld. Der KFC Uerdingen steht in der Regionalliga vor einem Neuanfang. Mit nur zehn Spielern, einem insolventen Stammverein und neun Minuspunkten.

Aktuelle Bilder aus dem zu sanierenden Grotenburg-Stadion des KFC Uerdingen gibt es kaum noch. Eines der wenigen aber steht symbolisch für den Niedergang des Klubs in den letzten Jahren. Ein Schild mit dem Logo des KFC an einem der beiden Tribünendächer, nur noch zur Hälfte erhalten, der Rest irgendwo verschwunden. So wie die Strahlkraft des Klubs aus Krefeld, der 1985 den DFB-Pokal in Berlin gewann und in der Folge im Europapokal das Halbfinale erreichte. An wenige Partien aus dieser Zeit erinnert man sich so wie an das 7:3 im Rückspiel des Viertelfinals gegen Dynamo Dresden. Ein Spiel, das als „Wunder von der Grotenburg“ in die Geschichte einging.

Eine Geschichte, der in diesem Jahr ein weiteres negatives Kapitel hinzugefügt wurde. Denn der FC Bayer 05 Uerdingen, der 1995 in den KFC Uerdingen umbenannt wurde, befindet sich nach dem Drittliga-Lizenzentzug im freien Fall Richtung Oberliga. Die Situation vor dem nahenden Auftakt in der viertklassigen Regionalliga als problematisch zu bezeichnen, wäre eine immense Untertreibung.

Friedhelm Funkel leidet mit seinem Ex-Verein

Wenige Tage vor dem Start der Regionalliga West, der KFC spielt zum Auftakt am Samstag (14 Uhr) bei Rot-Weiß Oberhausen, hat der Verein erst zehn Spieler unter Vertrag, fast die Hälfte kommt aus der eigenen U19 – die spielt in der Niederrheinliga und hat nach einem Jahr ohne Spielpraxis aufgrund der Corona-Pandemie sechs Tage vor dem Ligaauftakt das erste Freundschaftsspiel absolviert.

Was für ein Moment: 1985 gewinnt Bayer Uerdingen den DFB-Pokal.
Was für ein Moment: 1985 gewinnt Bayer Uerdingen den DFB-Pokal. © ffs | Lars Fröhlich

Friedhelm Funkel (67), die zuletzt beim 1. FC Köln aktive Trainerlegende und 1986 bei besagtem Wunder noch als Spieler auf dem Platz stehend, macht die Entwicklung des Vereins traurig: „Ich verfolge das mit zwei weinenden Augen. Der Verein ist sehenden Auges in die Katastrophe gerannt.“ Was Funkel meint: Der Traditionsklub, dem 2005 die Lizenz entzogen wurde und in die damalige Oberliga Nordrhein abstieg, unterwarf sich vor einigen Jahren komplett dem Investor Mikhail Ponomarev, der 97,5 Prozent der Uerdinger GmbH im Jahr 2016 übernahm.

Mit Ponomarev kam der Plan vom schnellen Durchmarsch in die 2. Bundesliga. Es gab viel Geld, tollkühne Versprechen, die Verpflichtung von Weltmeister Kevin Großkreutz – und den jähen Absturz. 2021 trat Ponomarev zurück, es folgte die Insolvenz der GmbH, in die die erste Mannschaft ausgegliedert war, im Februar 2021. Den nachfolgenden Investor, die Gevorkyans Noah Gruppe, hielt es nur wenige Monate in Krefeld.

Zurückgeblieben ist nun ein Klub, bei dem die GmbH abgewickelt wird und auch der Stammverein im August Insolvenz anmelden musste. Die Regionalliga muss den jungen Uerdingern daher wie ein Himmelfahrtskommando vorkommen. Auch Funkel hätte sich ein anderes Szenario gewünscht. „Ich hätte es besser gefunden, der KFC wäre in die Oberliga gegangen, um hier einen echten Neustart anzugehen. In einer Liga, in der die junge Mannschaft auch mal Spiele gewinnen kann. Das ist in der Regionalliga nur schwer vorstellbar.“

Auch interessant

Denn die Mängelliste liest sich kurz vor dem Ligastart wie ein Albtraum: Aufgrund des Insolvenzverfahrens werden dem Klub schon zu Beginn neun Punkte abgezogen. Durch eine fehlende Einigung mit dem Finanzamt war der KFC lange handlungsunfähig, es gab keinen Trainer, keine Spieler, kein Trainingsgelände, kein Geld und kein eigenes Stadion. Die Grotenburg wird seit Jahren für etliche Millionen Euro saniert. Auch in der kommenden Spielzeit hat Uerdingen keine Heimat, die Heimspiele werden im Stadion des Oberligisten SSVg Velbert ausgetragen.

In umliegenden Städten wird der KFC nur noch als warnendes Beispiel genannt, was passieren kann, wenn man sich einem Investor bedingungslos ausliefert. Der neue Vorstandsvorsitzende der Uerdinger, Damien Raths, weiß, dass sich vieles ändern muss: „Wichtig ist mir, dass wir eine solide Struktur aufbauen. Wir müssen den Klub wieder in der Mitte der Stadt verankern.“ Was möglich sein kann, denn die Anhänger halten zu dem Verein. Knapp 1000 Zuschauer kamen zur Saisoneröffnung. Was sie eint: Der Glaube an ein Fußballwunder, so eines wie 1986.

KFC Uerdingen: Die Fanbasis ist groß

Wobei Friedhelm Funkel der Glaube fehlt: „Die Regionalliga ist eine Profiliga, das ist fernab der Realität, dass Uerdingen die Klasse halten kann. Das tut mir sehr leid, denn der Verein wird immer in meinem Herzen sein.“ Und vielleicht im Sommer 2022 dort, wo man kurz nach dem Einstieg von Ponomarev auch stand – in der Oberliga.