Essen. Toni Kroos hat zum fünften Mal die Champions League gewonnen. Die Fragen des ZDF-Reporters Nils Kaben fand er respektlos. Ein Kommentar
Man kann es natürlich ungerecht finden, dass der FC Liverpool das Finale der Champions League verloren hat. Weil Jürgen Klopps Mannschaft die aktivere war, weil sie den Gegner früh unter Druck gesetzt hatte. Weil sie sich beste Chancen erarbeitete, aber wiederholt an dem belgischen Nationaltorwart Thibaut Courtois scheiterte, der sich in Weltklasseform präsentierte.
Die Real-Routiniers zeigten ihre größte Stärke: Sie glauben immer an sich selbst
Man kann es aber auch würdigen, dass sich der königkliche Klub aus Madrid wieder die Krone aufgesetzt hat. Die Real-Routiniers zeigten nämlich erneut ihre größte Stärke: Sie bleiben unbeeindruckt von guten Phasen des Gegners, sie lassen sich nicht verrückt machen, sie glauben weiter an ihre Klasse. Und schlagen gnadenlos zu, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt.
Toni Kroos ist der erfolgreichste deutsche Fußballer, nicht der beliebteste
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Einer von denen, die auch in größten Turbulenzen kühl bis ans Herz bleiben, ist Toni Kroos. Weltmeister, fünfmal Champions-League-Sieger, je dreimal Meister in Deutschland und Spanien – der Stratege ist Deutschlands erfolgreichster Fußballer. Als größter gilt er dennoch nicht, dazu fehlt ihm hierzulande die Popularität. Er ist kein Typ, der die Herzen erwärmt, kein Liebling der Massen. Auch seine Spielweise wird nicht von spektakulärer Leidenschaft geprägt, sondern von souveräner Sachlichkeit. Seine Selbstsicherheit lässt ihn zudem oft unnahbar wirken.
Die Fragen hatten einen negativen Beigeschmack, die Reaktion von Kroos war überzogen
In den Sozialen Medien herrscht helle Aufregung, weil er den ZDF-Reporter Nils Kaben, dessen Fragen ihm nicht gepasst hatten, entrüstet stehen ließ. Die einen applaudieren Kroos, der es dem Mann mit dem Mikro mal so richtig gezeigt habe. Die anderen werfen dem Star Unbeherrschtheit und Arroganz vor. Da es heutzutage zunehmend nur noch Schwarz oder Weiß gibt, hier mal ein Grauton: Beide hätten sich besser verhalten können. Kabens Fragen hatten bewusst einen negativen Beigeschmack, im Grunde wollte er loswerden, dass die schlechtere Mannschaft gewonnen hatte. Und Kroos hätte nicht so überempfindlich reagieren müssen. Es war eine unangebrachte Mäkelei des ZDF-Mannes, kein Frontalangriff. Dass Toni Kroos aus Deutschland mehr Respekt einfordert, lässt sich nachvollziehen. Dass er das nötig hat, könnte ihn allerdings auch mal zum Nachdenken animieren.