Peking.. China hat bei der Eröffnung der Winterspiele eine uigurische Fackelläuferin eingesetzt. Die Geste bringt Menschenrechtler in Rage.
Wortlos verschwand Dinigeer Yilamujiang aus der olympischen Loipe und ließ die Welle der Empörung hinter sich. Die uigurische Langläuferin wollte oder durfte nach Platz 43 im Skiathlon der Winterspiele nicht über das reden, was Menschenrechtler als „schändliche“ Propaganda-Aktion Chinas geißelten. Die 20-Jährige hatte bei der Eröffnung der Peking-Spiele mit dem Nordischen Kombinierer Zhao Jiawen das Feuer entzündet - und das inmitten internationaler Kritik an Chinas Führung wegen der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang.
Human Rights Watch: China zeigt den Mittelfinger
„China zeigt dem Rest der Welt den Mittelfinger“, meinte die Expertin Yaqiu Wang von Human Rights Watch zur Auswahl von Dinigeer Yilamujiang als Fackelläuferin. Es sei der „bislang politischste Schachzug“, wobei das IOC immer noch behaupte, die Spiele seien „unpolitisch“, kommentierte Zumretay Erkin vom Uigurischen Weltkongress auf Twitter.
Das Internationale Olympische Komitee indes hatte eine ganz andere Sicht auf die Dinge. „Ganz entzückend“ sei das Konzept der Zeremonienmeister gewesen, Athletinnen und Athleten mit den Geburtsjahren von den 1950ern bis in die 2000er Jahre als letzte Fackelläufer auszuwählen, sagte IOC-Sprecher Mark Adams. Und schließlich sei die 2001 geborene Langläuferin „eine olympische Athletin, die hier an den Wettbewerben teilnimmt. Sie ist absolut berechtigt, am Fackellauf teilzunehmen“, sagte Adams.
Dinigeer Yilamujiang auf der Titelseite der Parteizeitung
Das Bild von Dinigeer Yilamujiang beim Entzünden des Feuers prangte am Tag nach der Eröffnungsfeier auch auf dem Titelblatt der Olympia-Beilage von „China Daily“, einer von der Kommunistischen Partei Chinas herausgegebenen Zeitung. Der Auftritt der Sportlerin am Freitag sei „eine politische Show, die der Welt ein furchtbar falsches Bild von einem fröhlichen Leben von Uiguren vermittelt“, kritisierte Kuerban Haiyuer, Leiter des Büros des Weltkongresses der Uiguren in Berlin, im „Spiegel“-Interview.
Hunderttausende Uiguren sind Menschenrechtlern zufolge in der Region Xinjiang willkürlich in Umerziehungslager gesteckt worden, die chinesische Verantwortliche als „Fortbildungseinrichtungen“ beschrieben haben. Es gibt Berichte über Folter, Misshandlungen und ideologische Indoktrinierung in den Lagern.
Chinesische Sportlerinnen nicht im Interviewbereich
Inwiefern es in die Entscheidung für Yilamujiang als Schlussläuferin mit der Fackel eingebunden war, ließ das IOC offen. Die junge Uigurin war in dieser Saison im Weltcup nicht in Erscheinung getreten. Bei ihrer Olympia-Premiere am Samstag war sie chancenlos, kam 5:57 Minuten nach der Gold-Gewinnerin Therese Johaug aus Norwegen ins Ziel.
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Dass sie nach ihrem umstrittenen Auftritt bei der Eröffnung erst tief in der Nacht ins 200 Kilometer von Peking entfernte Zhangjiakou zurückgekehrt war, dürfte ihrer Leistung im Skiathlon am nächsten Tag kaum förderlich gewesen sein. Fragen konnte man sie danach nicht. Alle vier chinesischen Starterinnen blieben dem Interviewbereich fern. 90 Minuten nach dem Rennen wurden die wartenden Journalisten zum Gehen aufgefordert. (dpa)