Lausanne/München. Jan Ullrich hat als aktiver Radsportler gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen - das hat am Donnerstag der Internationale Sportgerichtshof CAS geurteilt. Ullrich wird rückwirkend ab August 2011 für zwei Jahre gesperrt. Seine Ergebnisse seit 1. Mai 2005 wurden annulliert.
Schier endlose 2088 Tage nach der Operacion Puerto steht Jan Ullrich endgültig
vor den Trümmern seiner Karriere. Der Internationale Sportgerichtshof
hat den Toursieger von 1997 als Dopingsünder verurteilt und eine zweijährige
Sperre ausgesprochen. Der 38-jährige Ullrich, der bereits im Februar 2007 seine Karriere
beendet hatte, wird demnach rückwirkend vom 22. August 2011 an gesperrt.
Außerdem wurden ihm alle Resultate ab dem 1. Mai 2005 gestrichen. Demnach wird
ihm der dritte Platz bei der Tour 2005 und der Gesamtsieg bei der Tour de Suisse
aberkannt.
Damit hat der CAS innerhalb von vier Tagen das Denkmal eines weiteren
Toursiegers sportjuristisch zum Einsturz gebracht. Erst am Montag war der
Spanier Alberto Contador wegen seines positiven Dopingtests auf Clenbuterol bei
der Tour 2010 für zwei Jahre gesperrt. Ihm wurden außerdem der Toursieg 2010 und
der Giro-Erfolg 2011 aberkannt.
Ullrich will sich zeitnah zu der CAS-Entscheidung äußern. Bereits am
Mittwoch hatte der frühere deutsche Radstar gesagt, dass das Urteil so oder so
ein "Glückstag" für ihn sei. Dann könne er endlich mit der Vergangenheit
abschließen. In den sechs Jahren habe er viel leiden müssen, bis hin zum
Burnout.
Blutbeutel und Geldzahlungen an Fuentes
Der CAS sah in seinem Urteil die Verwicklung von Ullrich in den
Skandal um Dopingarzt Eufemiano Fuentes als erwiesen an. 2006 waren beim
spanischen Arzt unter anderem Blutbeutel sichergestellt worden, die per
DNA-Abgleich Ullrich zugeordnet wurden. Das Bundeskriminalamt hatte außerdem
wegen Geldzahlungen in Höhe von 80.000 Euro ermittelt. Im zivilrechtlichen
Verfahren hatte Ullrich mit der Staatsanwaltschaft Bonn gegen Zahlung von
250.000 Euro eine Einstellung der Ermittlungen erwirkt.
Sportjuristisch war es nie zu einem Urteil gekommen, nachdem die
Disziplinarkammer des Olympischen Komitees der Schweiz die Angelegenheit wegen
fehlender Zuständigkeit im Februar 2010 zu den Akten gelegt hatte. Der
Radsport-Weltverband UCI und Antidoping Schweiz schalteten daraufhin den CAS
ein. Beim Einspruch von Antidoping Schweiz erklärte sich der CAS für nicht
zuständig, wohl aber bei dem der UCI. Insgesamt war das Urteil durch den
Sportgerichtshof dreimal aufgeschoben worden.
Damit ist Ullrich bereits zum zweiten Mal wegen eines Dopingvergehens
verurteilt worden. 2002 war er während der Reha-Phase nach einer Knieoperation
positiv auf Amphetamine getestet. Ullrich hatte den positiven Test mit der
Einnahme einer Pille in einer Diskothek erklärt. Der Bund Deutscher Radfahrer
(BDR) sperrt ihn wegen Medikamentenmissbrauchs für sechs Monate.
Jan Ullrich nur noch in Jedermannrennen aktiv
Rein sportlich dürfte Ullrich das Urteil nicht groß stören. Seine
Karriere hat er längst beendet. Ein Zurück in die Branche, egal in welcher
Position, soll es nicht mehr geben. Das hatte Ullrich klargestellt. Vielmehr
will der Olympiasieger von 2000 seinem Hobby in Jedermann-Veranstaltungen
nachkommen, was für Ullrich auch ein Weg aus der Isolation ist.
Nachdem sein Name im Zuge des Fuentes-Skandal 2006 gefallen war,
hatte seine so ruhmreiche Karriere - neben dem Toursieg stand er sechs weitere
Male in Paris auf dem Podium - von heute auf morgen ein jähes Ende gefunden.
Unmittelbar vor dem Startschuss der Tour 2006 hatte das Team Telekom Ullrich aus
dem Aufgebot gestrichen und suspendiert. "Ich habe nie betrogen", wiederholte
Ullrich stets, was wohl eher darauf abzielte, dass die gesamte Weltelite gedopt
sei.
Fortan hatte sich Ullrich in seine Schweizer Wahlheimat
zurückgezogen. Kaum noch Sport, sein Pensum im Leistungssport von "35.000
Kilometer" jährlich schrumpfte auf "1000", dann das Erschöpfungssyndrom, das
sicherlich auch in den juristischen Konfrontationen seine Ursache hatte. "Mir
ging es gesundheitlich schlecht", sagte er am Mittwoch. Nun hat er das dunkle
Kapitel seiner Vergangenheit hinter sich gelassen. (dapd)