Nove Mesto.. Im tschechischen Nove Mesto beginnt am Donnerstag die Biathlon-Weltmeisterschaft. Auch ohne Magdalena Neuner hofft die deutsche Mannschaft auf Medaillen. Bei den Frauen haben Miriam Gössner und Andrea Henkel ihre Ambitionen unterstrichen.
Andrea Henkel hat im Lauf ihrer Biathlon-Karriere schon viele Kolleginnen kommen und gehen sehen, doch der aktuell etwas gerupfte Zustand des deutschen Frauen-Teams ist selbst für die 35-Jährige ungewohnt. Ungewohnt – aber nicht unangenehm. Im Gegenteil. „Ich erlebe es zum ersten Mal, das unsere Kernmannschaft nur aus vier Läuferinnen besteht und die WM-Startplätze nicht hart umkämpft sind. Die Stimmung ist dadurch etwas entspannter“, stellte die Olympiasiegerin von 2002 beim letzten Trainingslager vor den Titelkämpfen in Nove Mesto erfreut fest. Und nun ist die kleine Thüringerin angekommen auf der Böhmisch-Mährischen Höhe – deren WM-Strecke sie auffallend an die eigene Heimat erinnert.
„Es ist ähnlich wie in Oberhof. Der Kurs ist bergig und es gibt lange Anstiege, die nicht ganz so steil sind. Und auch das wechselhafte und windige Wetter ähnelt dem von Oberhof“, surrt Henkel die Charakteristika der tschechischen WM-Stätte herunter – während die DSV-Chefs ihre Skijäger für die anstehende Edelmetall-Lese gewohnheitsmäßig in die Verantwortung nehmen. „Wir bleiben dabei – fünf bis sechs Medaillen sind bei dieser WM ein realistisches Ziel. Auch wenn wir uns natürlich bewusst sind, dass das nicht einfach wird“, übt Sportdirektor Thomas Pfüller sanften Druck auf das Team aus. Fest an seiner Seite: Uwe Müssiggang, der seinerseits auf das gewachsene Selbstverständnis deutscher Biathleten vertraut.
Auftakt in der Mixed-Staffel
„Unsere Zielstellungen können so hoch sein wie früher“, betont der Cheftrainer der deutschen Skijäger und fragt leicht provokant: „Warum sollte man sie herunterschrauben, nur weil Magdalena Neuner nicht mehr dabei ist?“ Schließlich haben bei den Frauen Miriam Gössner und Henkel ihre Medaillenambitionen in diesem Winter bereits mehrfach unterstrichen. Zudem machte zuletzt auch Nadine Horchler, die 26-jährige Aufsteigerin des Winters, so positiv wie unerwartet auf sich aufmerksam. Und bei den Männern gilt es, das in stolzer Breite vorhandene Potenzial, das vor allem im Januar verschüttet ging, pünktlich zum Saisonhighlight wieder freizulegen.
Die besten Aussichten auf eine Medaille in einem Einzelrennen hat dabei Andreas Birnbacher, doch auch seine vier Mitstreiter Erik Lesser, Simon Schempp, Florian Graf und Arnd Peiffer sind im Optimalfall zum Sprung aufs Podium befähigt. „Alle unsere Athleten gehen selbst mit hohen Erwartungen in jedes Rennen – da liegt es uns fern zu sagen: Wenn du unter die Top-20 läufst, ist es auch okay“, stachelt Müssiggang die Seinen nach Kräften an.
Die unter den Athleten zunehmend beliebte Mixed-Staffel bietet zum WM-Auftakt am Donnerstag (17.30 Uhr/ARD) dabei gleich die Möglichkeit, für eine positive Grundstimmung zu sorgen. Findet auch der 31-jährige Birnbacher, der bei der letzten WM gemeinsam mit den Damen Henkel und Neuner sowie dem Teamkollegen Peiffer zu Bronze lief und nun betont: „Die Mixed-Staffel ist allein deshalb wichtig, weil es der erste Wettkampf ist. Wenn da ein gutes Ergebnis herausspringt, nimmt das natürlich ein bisschen den Druck von der Mannschaft.“ In Nove Mesto sollen nun Birnbacher und Simon Schempp sowie die Damen Andrea Henkel und Miriam Gössner für das deutsche Erfolgserlebnis sorgen: „Wir sollten schon versuchen, vorne mitzulaufen“, sagt Birnbacher. „Das Potenzial dazu haben wir definitiv.“
Mixed-Staffel als schwierigster Wettkampf
So sehen das, wie Miriam Gössner bemerkt hat, inzwischen aber auch zahlreiche Konkurrenten. „Im Gegensatz zur normalen Staffel, wo bei vielen Nationen ein dritter oder vierter guter Starter fehlt oder zumindest ein bisschen schwächer ist, haben in der Mixed-Staffel eigentlich alle zwei Top-Läuferinnen und zwei Top-Läufer am Start. Dadurch wird das Ganze immer schwieriger“, erläutert die 22-Jährige – und schlussfolgert: „Früher ist die Mixed-Staffel immer ein bisschen belächelt worden. Aber mittlerweile muss ich sagen: Das ist für uns der schwierigste Wettkampf überhaupt.“
Schwierig, aber auch überaus reizvoll. Wegen des Miteinanders von Männlein und Weiblein. „Es ist“, betont Gössner, „einfach total lustig, mal diesen Wettkampf mit dem anderen Geschlecht laufen zu dürfen. Denn das gibt es normalerweise ja nicht – und ich glaube, das schweißt die Teams noch mehr zusammen.“ Vor allem, wenn sie am Ende der WM-Vorspeise die gewünschte Medaille um den Hals gehängt bekommen.